Tiktok will kein herkömmliches soziales Netzwerk sein
Angestellte von ByteDance kuratieren die Inhalte auf der Plattform, suchen nach Videos, die vielen Menschen gefallen könnten. Das Unternehmen rühmt sich damit, kein soziales Netzwerk im eigentlichen Sinne zu sein, bei dem es nur um Followerzahlen und Likes gehe, sondern den Fokus auf Inhalte zu richten. Bei Tiktok kann sich auch ein Video eines unbekannten Accounts viral verbreiten, wenn es entdeckt und "gepusht" wird.
Das bedeutet aber auch, dass die Kuratoren Videos löschen können oder dafür sorgen, dass sie nicht besonders viele Menschen zu sehen bekommen. Immerhin: Der Hashtag #coronavirus wurde bereits mehr als 250 Millionen Mal aufgerufen - bisher ohne dass sich ein User über ein gelöschtes Video wie im Fall von Ferora Aziz beschwert hat.
Zur Löwen sagt, ihr sei schon aufgefallen, dass ihre politischen Videos bei Tiktok deutlich weniger Klickzahlen hätten als die, in denen sie tanze oder selbst geschriebene Gedichte wie bei einem Poetry Slam vortrage. Sie habe eine kleine Umfrage unter ihren Followern gemacht, um herauszufinden, wie gut ihnen die politischen Inhalte gefielen.
Follower wünschen sich mehr politische Inhalte
Das Ergebnis: Ihr Publikum wünscht sich mehr davon. Weil ihr viele Mädchen und junge Frauen folgen, wählt sie manchmal Themen speziell für diese Zielgruppe aus. Als die Steuer auf Periodenprodukte auf sieben Prozent gesenkt wurde, feierte zur Löwen das gemeinsam mit einer Freundin in einem Tiktok-Video.
Ist es politisch, Tampons durch die Luft zu werfen? Diana zur Löwen zuckt mit den Schultern. "Ich will mit so was zeigen, dass Politik in unser aller Leben stattfindet", sagt sie. Es ist ihr wichtig, erwachsen und gut informiert zu wirken, zu zeigen, dass sie weiß, wovon sie spricht. Sie erzählt von spannenden Nachrichtenpodcasts, die sie beim Sport höre, von der Tagesschau auf Instagram. Manchmal, sagt sie, lese sie auch ganze Artikel. Und dann gebe sie ihre Gedanken an ihre Followerinnen weiter.
Dass das auch nach hinten losgehen kann, zeigte Anfang Januar ein Tiktok-Video von Laura Sophie, eine der beliebtesten deutschen "Creator", so nennt Tiktok die Menschen, die regelmäßig Videos auf der Plattform erstellen. Unter dem Hashtag #WW3, World War 3, erklärte die 18-Jährige den Konflikt zwischen den USA und dem Iran. Oder besser gesagt, sie versuchte es.
Der Fall #WW3
Was sie sagte, war nicht ganz richtig oder zumindest arg verkürzt. Es gab einen großen Aufschrei in der Erwachsenenwelt, was da ungefiltert als Information einem jungen und unwissenden Millionenpublikum dargeboten würde. Einige Medien schrieben, der Hashtag #WW3 habe eine "Hysterie" unter Kindern ausgelöst. Die Tagesschau, eine der ersten deutschen Medienmarken mit einem Account auf Tiktok, lieferte innerhalb weniger Stunden ein Erklärvideo, das die Fakten richtigstellte.
"Ich finde es gut, dass die Tagesschau da so schnell reagiert hat", sagt Diana zur Löwen. "Man hat gemerkt, dass die Leute dankbar waren, eine verlässliche Quelle zu haben. Es ging ja wirklich die Angst vor einem dritten Weltkrieg um, und die konnten das ein Stück weit abmildern."
Die Sorge um Falschinformationen, die auf eine junge, hörige Masse treffen, ist wahrscheinlich so alt wie das Internet selbst. Und so alt ist wohl auch der Wunsch, bei den jungen Menschen mitzumischen. Wann immer ein neues soziales Netzwerk auftaucht, bilden Medienhäuser und Parteien Taskforces, die überlegen sollen, wie man es mit eigenen Inhalten bespielen könnte.
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Politik auf Tiktok | Die ersten deutschen Politikerinnen auf Tiktok |
Super Kommentar, vor allem der Absatz gehört eingerahmt und an die Wand gehängt!
Danke für die Antwort!
TikTok zensiert regional und abgestuft: Ein Video, das auf dem Index landet, muss nicht...
Hier ist der Original Redditbeitrag auf dem der Artikel basiert: Link