Threema-Chef: Hintertüren können kein gesellschaftliches Problem lösen

"Kriminalität ist ein gesellschaftliches und nicht ein technologisches Problem" , erklärt der Chef des Schweizer Messengerdienstes Threema, Martin Blatter, und weist die Bestrebungen der EU-Minister, die Verschlüsselung von Messengern zu schwächen, um Behörden eine Überwachung zu ermöglichen, zurück.
"Das ist wie mit einem Schweizer Messer. Sie können damit eine Wurst schneiden oder einen Menschen verletzen. Man sollte nicht ein gesellschaftliches Problem mit wenigen damit lösen, dass man die Privatsphäre aller schwächt" , betont Blatter in der Welt am Sonntag(öffnet im neuen Fenster) . Privatsphäre sei ein Menschenrecht.
"Unser Messenger wird von der Schweizer Bundesverwaltung bis hoch zu den Bundesräten für vertrauliche Kommunikation genutzt" , sagte Blatter. Mit einer Schwächung der Verschlüsselung würden Millionen von Menschen potenziell kriminalisiert, während die Kriminellen immer Wege finden würden, um unter dem Radar miteinander zu kommunizieren. So löse man keine Probleme.
Im Gegenteil, könnten etwa Hintertüren auch von anderen Staaten oder Kriminellen genutzt werden, was beispielsweise die NSA-Hintertür in Netzwerkgeräten von Juniper beweise. Diese sei auch von China genutzt worden, erklärt Blatter. "Wir würden auf keinen Fall eine solche Hintertür einbauen." Dies würde ohnehin gegen die Gesetze in der Schweiz verstoßen. In Zukunft solle zudem der Quellcode des Messengers veröffentlicht werden , kündigte Blatter an.
EU-Minister wollen Messenger-Verschlüsselung aushebeln
Trotz massiver Kritik wollen die Innenminister der EU-Mitgliedstaaten an einer Schwächung der Verschlüsselung von Messengern festhalten . Demnach sollen Behörden, beispielsweise Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden, zukünftig auf die Ende-zu-Ende-verschlüsselten Inhalte von Messengern zugreifen können. Wie ein solcher Zugang aussehen könnte, ist derweil unklar.
Die EU-Kommission hat unlängst eine Sammlung unausgereifter Vorschläge in einem Papier analysiert . Die dort unterbreiteten Vorschläge hebeln die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengern wie Signal, Whatsapp oder Threema aus, bei welcher per Definition nur die beteiligten Personen auf die Inhalte zugreifen können. Würde einer der Vorschläge umgesetzt, käme dies einer Abschaffung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gleich.
Die Bundesregierung hat das Problem kurzerhand an die Hersteller der Messenger abgeschoben . Diese sollen Techniken entwickeln, mit denen Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste auf die Ende-zu-Ende-verschlüsselten Inhalte zugreifen können, ohne die Verschlüsselung zu schwächen oder eine Hintertür einzubauen - dabei ist genau das die Voraussetzung für Ersteres.



