Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Menschlichkeit im Angesicht des Schreckens

The Long Walk konzentriert sich auf wenige Figuren: Garraty und McVries, Hank und Parker, aber auch auf Stebbins und Barkovich. Die einen sind so etwas wie die vier Musketiere und helfen einander, der andere ist toxisch; aber auch diese Figur macht eine Wandlung durch. Der lange Marsch, der mehrere Hundert Meilen umfasst, verändert jeden Einzelnen. Alle Fassaden bröckeln, nichts bleibt verborgen, weil am Ende nur noch das nackte Selbst existiert.

Eigentlich sollte in dieser Situation Freundschaft nicht zählen, denn alle wissen, dass am Ende nur einer überleben wird. Dass Freundschaft dennoch existiert, lässt den Film besonders eindringlich werden. Menschen suchen Anschluss, sie schmieden Bande, sie helfen.

Selbst in den düstersten Momenten ist The Long Walk auch eine Geschichte darüber, dass der Mensch gut ist. Dass er gut sein kann und gut sein will – auch im Angesicht des nackten Terrors, einer ausweglosen Situation und gegenüber bewaffneten Soldaten, die eiskalt jeden töten, der nicht schnell genug läuft.

The Long Walk ist aber auch die Geschichte über ein System, in dem sich niemand mehr traut, zu opponieren. Wirklich frei sind nur die Läufer, die sagen können, was immer ihnen in den Sinn kommt, während die Geheimpolizei des Majors sonst jede Art von Widerstand im Keim erstickt.

Wer den Roman kennt, wird im Film viele vertraute Momente wiederentdecken. The Long Walk ist eine exzellente Adaption, die verdichtet, indem aus 100 nur noch 50 Läufer gemacht werden, sich aber auch Freiheiten erlaubt, wo es notwendig ist.

Eine dystopische Welt

Die Reihenfolge derjenigen, die nicht länger laufen können, unterscheidet sich von der Buchvorlage. Vor allem aber erhält Garraty mehr Background, der noch darüber hinausgeht, was King im Buch erzählt.

Das ist der Kern dessen, was JT Mollner zur Veränderung nutzt, wobei auch das Ende anders ist als im Roman. Im Grunde kann man sich das vorstellen wie bei einer anderen großen Literaturverfilmung: Watchmen (2009). Dort wurde das Ende ebenfalls verändert, funktioniert im Rahmen des Films aber wunderbar. Nicht anders ist es bei The Long Walk.

The Long Walk ist ein feiner Film, der unbequeme Fragen stellt. Danach, wer wir sind und welche Werte wir haben. Der aber auch den Zuschauer herausfordert, über die bloße Unterhaltung hinaus nachzudenken. Über sich und über die Welt, in der wir leben.


Relevante Themen