The Last Boy on Earth: Wenn Blade Runner auf Monster und A.I. trifft

Die Kunst, einen Film zu vermarkten, liegt darin, einen starken Trailer(öffnet im neuen Fenster) zu produzieren und ein Poster- oder Cover-Motiv zu entwerfen, bei dem es Klick macht. Am Cover für The Last Boy on Earth hätte man noch arbeiten können, der Trailer sieht aber gut aus. Der Film, der am 27. Oktober 2023 auf DVD und Blu-ray erscheint, tut es auch - aber letztlich ist man nach Sichtung nicht sicher, was man hier nun eigentlich gesehen hat.
The Last Boy on Earth(öffnet im neuen Fenster) ist ein merkwürdiger Film, eine Ko-Produktion neuseeländischer und argentinischer Firmen und inszeniert von nicht einem, sondern gleich acht Regisseuren. Sie alle haben auf Basis eines Drehbuchs gearbeitet, das eine mehr oder minder kohärente Geschichte zu erzählen hat. Das Erstaunliche: Der Look des Films ist tatsächlich ziemlich homogen.
Die Regisseure kamen aus verschiedenen Ländern: Daniel Rübesam ist Deutscher und Thierry Lorenzi Franzose, um nur zwei zu nennen(öffnet im neuen Fenster) . Alle sind erfahren darin, Kurzfilme umzusetzen. So sollten sie auch an ihre Segmente herangehen. Aber worum geht es eigentlich?
Der Junge?
Alles beginnt mit einem Jungen, der offenbar ein uraltes Spiel spielt. Was er hier macht? Unklar. Ob er gefangen ist? Auch das lässt sich nicht sagen.
Der Fokus wechselt aber ohnehin ganz schnell, hin zu einem Mann, der es leid ist, auf einer verheerten Erde zu leben. Umso mehr, weil überall für den letzten Flug zu einer Off-World geworben wird.
Das Leben auf der Erde ist nicht mehr schön, draußen im All wartet das Paradies. Aber solche Flüge sind teuer, weswegen der Mann versucht, innerhalb von sechs Stunden Geld aufzutreiben.
Dann wieder Szenenwechsel: Ein anderer Mann berichtet seinem Vorgesetzten von einer Frau mit ungewöhnlichen Kräften, die vor dem Töten nicht zurückschreckt. Dann kommt wieder der Junge ins Spiel, diesmal mit einer Playmobil-Figur, alten Spielzeugsoldaten und einem Fernseher, der ihm unter anderem uralte Kaiju-Filme(öffnet im neuen Fenster) zeigt.
Was man an dieser Inhaltsbeschreibung sofort merkt: So homogen der Look ist, die Geschichte des Films ist es nicht. Im Gegenteil, hier wird alles Mögliche miteinander vermengt. Man denkt an Steven Spielbergs A.I., an Blade Runner und Alien, um nur drei zu nennen. Eines ist bei The Last Boy on Earth immer klar: Die Macher waren sehr davon inspiriert - so sehr, dass sie fast schon zu Kopisten wurden.
Blade Runner lässt grüßen
Okay: Replikanten werden hier nicht gejagt, aber sonst sieht die erste halbe Stunde des Films praktisch wie eine Kopie von Blade Runner aus. Die Handlung findet in einem düster-dunklen Großstadt-Moloch statt, in dem ewige Nacht herrscht und der Regen nicht nachlassen will. Auf den Häusern: riesige Werbefilme, die von einer besseren Welt zeugen.
Damit enden die Ähnlichkeiten aber nicht. Die fliegenden Autos, die Waffe, die die Hauptfigur trägt, all das ist so nah an Blade Runner, dass man meinen könnte, einen Fanfilm vor Augen zu haben.
Und zwar die Art von Fanfilm, bei der am wichtigsten ist, dem Original optisch so nahe wie möglich zu kommen. Also: Stil über Substanz. Im konkreten Fall ist das zwar schön anzusehen, aber es ist auch ermüdend. Langweilig.
Das gilt noch umso mehr, weil diese halbstündige Sequenz auf Dialoge verzichtet. Man hört nur die Werbung sprechen. Dabei gibt es Szenen, die Dialog benötigt hätten, weil sie ohne ihn unnatürlich erscheinen.
Nach einer halben Stunde kommen sie dann, die Dialoge. Andere Geschichten beginnen, aber sie finden nicht zueinander.
Die Anthologie, die keine sein will
Im Grunde ist The Last Boy on Earth ein Anthologie-Film, der aus verschiedenen Kurzfilmen besteht. Nur dass er so tut, als wäre er das nicht, sondern etwas, das weit größer ist. Den Eindruck will auch der Verleih erwecken, der unverblümt Black Mirror als Referenz nennt. Der Film ist von der britischen Serie jedoch so weit entfernt wie die Off-World von der Erde.
Der Film sieht durchgehend gut aus. Aus dem Material konnte man ja auch einen verflucht guten Trailer schneiden. Letztlich reicht das Ansehen des Trailers aber schon. Denn damit kennt man bereits die Highlights dieses niedrig budgetierten, im Look ehrgeizigen Films, der aber einfach nicht die Geschichte hat, um die Bilder mit Bedeutung zu füllen.



