The Expanse Staffel 5: Amazon hat weiterhin die beste Scifi-Serie

Achtung! Wir beschreiben in dieser Rezension einige Details der Handlung der fünften Staffel von The Expanse und gehen auch auf die vorigen Staffeln ein. Wer nichts wissen möchte, bevor er selbst die neue Staffel schaut, sollte nicht weiterlesen.
Wie sinnvoll ist es, auf einem Planeten wie dem Mars mit auf Jahrhunderte angelegten Terraforming-Plänen zu bleiben, wenn es hinter den Ringportalen Hunderte bewohnbare Planeten gibt? Sollte die Besiedelung der neuen Planeten einfach erlaubt oder lieber stärker kontrolliert werden? Und wie können die Gürtler endlich zur von Mars und Erde akzeptierten dritten Macht der Menschheit werden?
Die Science-Fiction-Serie The Expanse beschäftigte sich mehr mit den großen Fragen - sei es auf den Planeten oder im Weltall. Daraus spinnt sich ein komplexes und höchst interessantes Netz an Machtkämpfen, Intrigen und anderen zwischenmenschlichen Beziehungen. Daran knüpft auch die fünfte Staffel der Serie an, die am 16. Dezember 2020 auf Amazon Prime mit den drei ersten Folgen startet. Golem.de hat die ersten Folgen bereits gesehen und sich überzeugt: The Expanse bleibt eine der besten Science-Fiction-Serien der vergangenen Jahre.
Handlung springt, ohne unübersichtlich zu werden
Die Macher von The Expanse schaffen es in den ersten drei Folgen der fünften Staffel, wohldosiert zwischen zahlreichen Handlungsstränge zu wechseln. Dadurch entstehen keine Längen, gleichzeitig können wir allen Entwicklungen gut folgen. Die Spannung wird aufrechterhalten - das hat in den letzten Jahren nicht bei allen Science-Fiction-Serien geklappt, beispielsweise bei den neuen Star-Trek-Serien Discovery und Picard .

Gleichzeitig vertiefen die Produzenten in der fünften Staffel die Hintergrundgeschichten der Charaktere. Das kam in der vorigen Staffel mitunter zu kurz, wie wir finden. Das Gleichgewicht zwischen Charakterentwicklung und Storytelling ist sehr gut, zudem finden wir die angesprochenen Konflikte glaubwürdig und interessant. Wir haben das Gefühl, dass hier tatsächlich neue Geschichten aufgebaut werden und nicht nur inhaltliches Füllmaterial.
In der neuen Staffel werden die zum Ende der vierten Staffel angerissenen Erzählstränge konsequent weitererzählt. Die Handlung teilt sich dabei auf - analog zur Aufteilung der Crew der Rocinante, die während der Reparatur des Raumschiffes zunächst eigenen Zielen nachgeht. Die in der vierten Staffel prominenten Ringportale und Welten dahinter spielen dabei zunächst keine direkte Rolle.
Suche nach dem Sohn, neues vom Protomolekül
Dafür geht es um die Konflikte, die sich am Ende der vierten Staffel aufgetan haben, sowie Machenschaften im Hintergrund. Ingenieurin Naomi Nagata, wieder gespielt von Dominique Tipper, verfolgt die Spuren ihres Sohnes, während der Kapitän und Universenretter James Holden auf der Tycho-Station der OPA, also der Gürtler-Allianz, die Reparatur seines Schiffes Rocinante überwacht.
Dabei stößt er auf neue Entwicklungen bezüglich des Protomoleküls, das eigentlich als vernichtet gilt. Daraus entwickelt sich eine Erzählung rund um das Selbstverständnis der Gürtler, deren Kampf um Anerkennung und auch um ihre neue Machtposition im Sonnensystem als Hüter der Ringportale.
Die Spannungen innerhalb der OPA nehmen ebenfalls zu, was in Erzählsträngen rund um den OPA-Führer Fred Johnson, gespielt von Chad Coleman, sowie der Belter-Kapitänin Camina Drummer vorangetrieben wird. Cara Gee als Drummer überzeugt wieder durch knallhartes Auftreten und einen stark gemachten Gürtler-Akzent. Grundsätzlich lohnt es sich auch bei der fünften Staffel von The Expanse, die Serie auf Englisch zu schauen - die verschiedenen Akzente sowie die Kreolsprache der Gürtler sind faszinierend.
Miese marsianische Machenschaften
Pilot Alex Kamal, dargestellt von Cas Anvar, kehrt auf den Mars zurück, um Familienangelegenheiten zu klären. Dabei trifft er die ehemalige Mars-Marine Bobby Draper wieder und ermittelt mit ihr bezüglich illegaler Waffenverkäufe des Mars an die Gürtler. Draper wird wieder von Frankie Adams verkörpert. Mechaniker und Haudrauf Amos Burton alias Wes Chatham besucht mittlerweile die Erde; die Zuschauer erfahren in diesem Handlungsstrang mehr dazu, wie aus einem kleinen Jungen in Baltimore der mitunter schwer kontrollierbare Soldat geworden ist - und werden dabei auch stärker mit dem Leben auf der überbevölkerten und in großen Teilen verarmten Erde konfrontiert.
Bereits in der ersten Folge hat die nun ehemalige Generalsekretärin der Vereinten Nationen Chrisjen Avasarala einen ihrer typischen Auftritte, in der sie wie ein Rohrspatz flucht. Shohreh Aghdashloo gibt der Rolle auch in der fünften Staffel eine mit leichtem Proletentum untersetzte Würde, die wir wieder sehr unterhaltsam finden. Avasarala ist auf der Spur des Asteroiden, den der Gürtler-Rebell Marco Inaros am Ende der vierten Staffel in Richtung Sonnensystem geschickt hat.
In der neuen Staffel werden auch sozioökonomische Aspekte in die Geschichte eingebunden. Neben der Situation der Bevölkerung auf der Erde werden vor allem die Veränderungen auf dem Mars thematisiert: Nach der Entdeckung der Ringtore am Ende der dritten Staffel der Serie wurde in der vorigen, vierten Staffel bereits die Frage aufgeworfen, wie sinnvoll ein weiteres Terraforming des Mars ist, wenn es hinter den Ringen hunderte bewohnbare Welten gibt.
Der Exodus des Mars hatte sich am Ende der vierten Staffel bereits angedeutet - in der neuen Staffel sehen wir das Resultat. Der Planet wirkt in Teilen verlassen, zahlreiche Geschäfte stehen leer. Gleichzeitig hadern Teile des Mars-Militärs mit ihrem Bedeutungsverlust angesichts der veränderten politischen Lage, was im Erzählstrang um Bobby Draper und die mutmaßlichen Verkäufe von Militärtechnologie an die OPA aufgeht. Diese fatalistische Grundstimmung auf dem Mars wird sehr gut vermittelt.
Gutes Erzähltempo und hochwertige Produktion
In den ersten drei Folgen laufen die Erzählungen parallel zueinander, wir haben aber schon jetzt das Gefühl, dass sie sich im Laufe der nächsten Folgen zu einem Gesamtplot zusammenfügen werden. Generell finden wir das Erzähltempo der ersten drei Folgen der fünften Staffel besser als das der vierten Staffel, die mitunter ihre Längen hatte.
Bislang gibt es glücklicherweise auch keine derart eindimensionalen Figuren wie Adolphus Murtry aus der vierten Staffel, der als Bösewicht für unseren Geschmack viel zu berechenbar war. Bereits am Ende der vierten Staffel wurde Marco Inaros als neuer Bösewicht installiert, von dem wir uns im Laufe der neuen Staffel viel versprechen.
Von der Produktion her macht der Beginn der fünften Staffel von The Expanse einen sehr guten Eindruck: Die Drehbücher sind gut geschrieben, die schauspielerischen Leistungen der Darsteller überzeugen, die Musik und Soundeffekte sind stimmig. Die Geschichte wird straff vorangetrieben, ohne dass die Serie gehetzt wirkt - das Erzähltempo ist genau richtig. Spezialeffekte gibt es wieder reichlich, von Schiffen und Stationen im Weltraum bis hin zu holografischen Bedienelementen und Smartphones mit erweiterbaren Display. Die Effekte wirken dabei nicht so aufgesetzt wie in anderen aktuellen Science-Fiction-Serien; auch hier ist Star Trek Discovery als negatives Beispiel zu nennen.
Absolut gelungener Staffelstart
Der Start der fünften Staffel von The Expanse ist sehr gelungen. Als Zuschauer bekommen wir eine Reihe von Erzählsträngen zu sehen, die alle spannend sind und die Charakterentwicklung nicht vernachlässigen. Tiefgreifende Veränderungen deuten sich an, die Lust auf mehr machen.
Anders als in der vierten Staffel ist das Erzählung nicht so stark auf einen Schauplatz konzentriert, was für mehr Überraschungen und Abwechslung sorgt. Hervorzuheben sind die schauspielerischen Leistungen von Cara Gee, Shohreh Aghdashloo sowie Dominique Tipper, die bereits in den vorigen Staffeln ihre Rollen am überzeugendsten spielten.
Mit der perfekt abgestimmten Mischung aus Storytelling, Charakterentwicklung und Spezialeffekten knüpft The Expanse unserer Meinung nach an die erfolgreichen dritten und vierten Staffeln an, die auf Rotten Tomatoes einen Score von 100 Prozent erhalten haben. Damit bleibt die Produktion eine der besten, wenn nicht sogar die beste Science-Fiction-Serie der vergangenen Jahre.
Die fünfte Staffel von The Expanse startet am 16. Dezember 2020 mit den ersten drei Folgen auf Amazon Prime. Danach folgt im Wochentakt jeweils eine Folge. Geplant sind insgesamt zehn Folgen.



