Test Neverdead: Unsterblich unterdurchschnittlich

Mal ehrlich: Wenn wir unsterblich wären, würde uns besseres einfallen, als unsere Zeit mit der Jagd auf Monster zu verbringen. Bryce Boltzmann hat aber zu nichts anderem Lust, und eigentlich mag er selbst die Monsterjagd nicht mehr. Die Hauptfigur von Konamis Actionspiel Neverdead wäre inzwischen ganz gerne tot - aber blöderweise hat ihn ein Dämon vor über 500 Jahren verflucht. Also kämpft Bryce gemeinsam mit der Agentin Arcadia gegen Horden von Bestien, die die Herrschaft über die Erde anstreben. Der Spieler steuert Bryce im Verlauf der Handlung durch weitgehend linear angelegte Umgebungen wie alte Häuser, Parkanlagen, eine Kirche und Kellergewölbe.

Bryce kann unter normalen Umständen zwar nicht sterben, aber durchaus Arme, Beine oder den Rumpf im Kampf verlieren. Dann hat der Spieler nur noch Kontrolle über den Kopf, mit dem er - fast wie in Katamari - dann aber wieder die restlichen Körperteile aufsammeln kann. Wenn das nicht möglich ist, kann Bryce sich nach ein paar Augenblicken wieder vollständig neu erschaffen. Klingt alles sehr eklig, ist es aber nur auf den ersten Blick: Die comichafte Grafik, bewusst übertriebene Animationen und viel morbider Humor lassen auch empfindliche Spieler nach Neverdead durchaus ruhig schlafen.












Dauerhaft "Game Over" heißt es für Bryce erst etwas später im Spiel, wenn er auf einen bestimmten Gegner trifft, der seinen abgetrennten Kopf verspeist - oder wenn Arcadia stirbt, was glücklicherweise nicht allzu leicht passiert. Dann muss der Spieler vom letzten Checkpoint neu starten.
Das Element der meist dann doch gegebenen Unsterblichkeit hat weitreichende spielerische Folgen: Zum einen kann Bryce viele Stellen nur erreichen, indem er etwa als Kopf durch enge Kanalisationsschächte rollt, dann auf Knopfdruck seinen Körper neu erschafft und seiner Begleiterin Arcadia dann eine Tür öffnet.
Kämpfe und Fazit
Die meiste Zeit verbringt der Spieler allerdings in Kämpfen, und da löst der eben doch erstaunlich empfindliche Bryce oft Frust aus, weil er ständig seiner Körperteile - und damit auch der Waffen und der Kampffähigkeit - verlustig geht. Zwar sterben die meisten Gegner nach wenigen Treffern mit den Knarren oder der Klinge des Helden, aber weil er es häufig mit richtig großen Gruppen zu tun hat, die teils durch zerstörbare Monstergeneratoren auch noch ständig Nachschub bekommen, verbringt der Spieler viel Zeit damit, nach Armen suchend über den Boden zu robben - oder schlicht zu warten, bis sich Bryce neu erschaffen kann. Die Steuerung trägt ihr Übriges dazu bei: Die Kamera zeigt das Geschehen nicht immer aus der günstigsten Perspektive, elegante Sprünge in Sicherheit sind kaum sinnvoll möglich, das Zielsystem wirkt schwammig.

Gelungen sind dagegen die von selbst ablaufenden Gespräche mit Arcadia, die teils sehr witzig sind, besonders wenn sich dann auch noch der Chef von Arcadia per Funk dazugesellt. Die englischen Sprecher sind sehr gut besetzt, hierzulande zeigt das Programm dazu Untertitel an.
Für erledigte Gegner und Aufgaben sowie durch sammelbare Gegenstände bekommt die Hauptfigur im Spielverlauf Erfahrungspunkte, mit denen sie Spezialfähigkeiten freischalten kann. Beispielsweise darf Bryce die Angriffe seiner Klingen oder Kugeln verstärken, oder er bekommt die Möglichkeit, brennende Kugeln für seine Schusswaffen zu verwenden - dafür muss er sich allerdings auch selbst in Brand setzen.
Trotz der vielfältigen Möglichkeiten wird in Neverdead vieles schnell zur Routine. Die Umgebungen sind teils recht schick, wirken aber erstaunlich gleichförmig. Und auch die Kämpfe laufen oft nach dem gleichen Schema ab: Hinter dem Duo fällt eine Tür zu, dann brechen allerlei Höllenhunde hinter einer Mauer hervor und es gibt ein wüstes Gemetzel - da fehlt Abwechslung, was sich auch die gelegentliche Kämpfe gegen Bossmonster nicht grundlegend ändert.
Das beim britischen Entwicklerstudio Rebellion(öffnet im neuen Fenster) entstandene Neverdead ist für Xbox 360 und Playstation 3 erhältlich und kostet rund 60 Euro. Das Programm erscheint mit einer USK-Freigabe ab 18, Änderungen gegenüber der Originalversion gibt es nicht. Neben der Kampagne gibt es auch einen Multiplayermodus - aber keinen Koopmodus, in dem etwa ein zweiter Spieler die Begleiterin von Bryce steuert.
Fazit
Schade, aus Neverdead hätte man deutlich mehr machen können. Die Grundidee um den unsterblichen Helden, die Handlung und der Humor stimmen - und Bryce Boltzmann ist tatsächlich eine der sympathischeren Figuren der jüngeren Spielegeschichte. Besonders viel Spaß macht es trotzdem nicht, mit ihm Monsterhorden niederzumetzeln. Zum einen gibt es viel zu wenig Abwechslung, zum anderen sind Steuerung und Kamera zu hakelig und frustrieren oft. Immerhin: Wer wirklich auf makaberen Trash-Humor steht, hat mit den morbiden Dialogen und dem schrägen Splatter vermutlich trotzdem ausreichend Spaß.



