Test Binary Domain: Sprachbefehle, Schießereien und Seelenlose

Paragraf 21: "Es ist verboten, humanoide Roboter zu erschaffen, die von sich selbst glauben, menschlich zu sein." Das steht so in den neuen Genfer Konventionen - allerdings nur im Third-Person-Shooter Binary Domain, der im Jahr 2080 angesiedelt ist. Der von Toshihiro Nagoshi - bei Insidern als Schöpfer der Serie Yakuza bekannt - bei den Yakuza Studios für Sega(öffnet im neuen Fenster) produzierte Titel versetzt den Spieler in die Rolle eines Elitesoldaten namens Dan Marshall, der gemeinsam mit einer Reihe von Kampfgefährten eine weltweite Verschwörung aufdecken soll.

Klar, dass es dabei um Roboter geht, die im Spiel meist als "Seelenlose" bezeichnet werden. Die Maschinenwesen stellen zum einen den Großteil der feindlichen Einheiten, zum anderen haben sie die menschlichen Reihen unterwandert. Beispielsweise ist in Zwischensequenzen anfangs unklar, ob da ein echter, guter Präsident agiert oder ein fieser Stahlmann seine Ränke schmiedet.
Das Spielprinzip der Kampagne von Binary Domain erinnert über weite Strecken an Gears of War: Dan und seine erstaunlich fröhlich plaudernden Mitstreiter laufen durch Schlauchlevel, in denen sie alle paar Meter hinter Barrikaden in Deckung springen und dann mehr oder weniger große Gruppen von Seelenlosen niedermähen. Damit das nicht zu eintönig wird, gibt es unterschiedliche Gegnertypen: Die Standardmodelle etwa bewegen sich fast wie Menschen und erinnern an den (Schwarzenegger-) Terminator, während rote Spezialfeinde mit Hochgeschwindigkeit durch die Levels sprinten.











Dazu kommen riesige Superroboter, die Dan nur besiegen kann, indem er ihnen beispielsweise per Fernbedienung mit einem Kran einen tonnenschweren Eisenträger vor den Latz knallt. Zwischendurch sorgt auch mal eine Rutschpartie durch einen langen Kanalisationskanal für Abwechslung.
Eine Besonderheit ist, dass Spieler mit Headset mit ihren virtuellen Kumpels über Sprachausgabe sprechen können. Beispielsweise möchte der freundliche Haudrauf Roy Boateng einfach mal ein "Okay" hören, nachdem er etwas erklärt hat. Etwas später im Spielverlauf befolgt er Befehle wie "Angriff" und schwärmt dann auf eigene Faust in Richtung Feind aus. Die Spracherkennung in Binary Domain ist nicht übertrieben komplex, funktioniert aber bei guten akustischen Bedingungen gerade noch ausreichend gut genug. Das Programm legt sogar eigenständig eine Liste mit erkannten Wörtern ein, die der Spieler dann im Optionenmenü überprüfen kann.
Wer kein Headset oder Mikrofon besitzt, kann die Befehle auch über die linke Schultertaste und dann über die Controllertasten aufrufen, was ziemlich schnell und unkompliziert funktioniert - wir haben uns beim Testen aus Komfortgründen nach kurzer Zeit für die Befehlseingabe per Menü entschieden.
Vertrau mir, ich bin dein KI-Kumpel!
Eine weitere kleine Besonderheit von Binary Domain ist, dass die Mitstreiter im Spielverlauf so etwas wie künstliches Vertrauen zum Spieler aufbauen. Wer die Kumpels ständig per Sprach- oder Menübefehl an die Front schickt oder sie mal fies anraunzt, hat etwas weniger engagierte Kämpfer auf seiner Seite. Wer ihnen außerdem in den Feuergefechten zu oft eine Ladung Blei in den Rücken jagt - worauf die Kumpels fluchen -, muss ebenfalls mit Vertrauensverlust rechnen. Das System ist gut umgesetzt: spürbar, aber zumindest wir haben es nicht geschafft, durch langes und absichtliches Friendly Fire eine Meuterei zu beschwören.

Die rund acht Stunden lange Handlung beginnt in einem kaputten und eher düsteren Tokio des Jahres 2080, später geht es dann in den oberen Teil der Metropole, der deutlich heller und freundlicher ist. Die Grafik bietet innerhalb des durch die Handlung vorgegebenen Rahmens zwar ausreichend viel Abwechslung, aber mit einem Gears of War 3 kann sie nicht mithalten: Die Gegner von Binary Domain verfügen über deutlich ungelenkere Animationen, weniger schicke Spezialeffekte und Umgebungen. Auch in den Zwischensequenzen wirkt vieles nicht ganz stimmig, etwa das Größenverhältnis von Köpfen zum Rest der Körper - wobei nicht ganz klar ist, ob da nicht doch eine künstlerische Absicht dahintersteckt.
Neben der Kampagne gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Multiplayermodi, einmal Versus und einmal Invasion, in denen der Spieler entsprechend gegen oder mit Freunden kämpft. Bis zu zehn Spieler können mitmachen, es gibt Abwandlungen der üblichen Modi wie Capture-the-Flag und Last Man Standing.
Binary Domain ist für Xbox 360 und Playstation 3 für jeweils rund 60 Euro erhältlich. Das Programm ist hierzulande mit übersetzten Bildschirmtexten und einigermaßen gelungener deutscher Sprachausgabe erhältlich; die englische Sprachfassung liegt auf den Disks ebenfalls vor. Die USK hat eine Freigabe ab 16 Jahren erteilt.
Fazit
Egal ob bei der Grafik, den Waffen, der Handlungstiefe und den Wow-Momenten: Binary Domain ist gegenüber Konkurrenten wie Gears of War 3 immer nur zweiter Sieger. Seltsamerweise macht das Ding trotzdem Spaß, und das liegt in erster Linie daran, dass einige Sekundärtugenden gut umgesetzt sind. So erzählen die KI-Begleiter interessante Sachen, das Upgradesystem motiviert, die Story rund um die Seelenlosen ist in unterhaltsame Häppchen aufgeteilt, die Waffen fühlen sich gut an. Eine Empfehlung ist Binary Domain für Genrefans, die mit diesem frischen Geballer ihren Spaß haben dürften - wer nur ab und zu spielt, findet derzeit eine Reihe besserer Titel.



