Terrorinhalte: Seehofer fordert gesetzliche Pflicht für Uploadfilter

Die Pläne der EU-Kommission zum schnellen Löschen von Terrorinhalten im Netz gehen Deutschland und Frankreich nicht weit genug. Statt unverbindlicher Vorgaben fordern sie sanktionsbewehrte Pflichten.

Artikel veröffentlicht am ,
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) (Bild: Sean Gallup/Getty Images)

Internetplattformen sollen nach dem Willen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gesetzlich dazu verpflichtet werden, Terrorpropaganda innerhalb von einer Stunde aus dem Internet zu entfernen. Das geht aus einem Brief der Regierungen Deutschlands und Frankreichs an die EU-Kommission hervor, den Netzpolitik.org veröffentlichte. Da die Unternehmen in sehr unterschiedlicher Weise kooperierten, sei "eine Anpassung des Rechtsrahmens auf europäischer Ebene unerlässlich", heißt es in dem Schreiben vom 12. April 2018. Damit müsse "jede Verletzung einer Verpflichtung, gemeldete rechtswidrige terroristische Inhalte binnen einer Stunde zu entfernen, sanktioniert werden", schreiben Seehofer und sein französischer Amtskollege Gérard Collomb.

Darüber hinaus fordern die beiden Innenminister von den Plattformen eine "allgemeine Transparenz- und Rechenschaftspflicht", wie sie in Deutschland bereits mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz für große soziale Netzwerke eingeführt wurde. In dem Schreiben schlagen sie vor, dass die Vorgaben später "gegebenenfalls um Maßnahmen zur Bekämpfung kinderpornografischer Inhalte und sonstiger rechtswidriger Inhalte erweitert werden".

Gesetzliche Pflicht nur als Drohung

Die EU-Kommission hatte am 1. März 2018 ihre Pläne zur Bekämpfung illegaler Inhalte im Netz vorgestellt. Provider und Onlineplattformen sollen demnach eine automatische Erkennung wie Uploadfilter einführen, "um terroristische Inhalte wirksam und schnell entfernen oder deaktivieren zu können und zu verhindern, dass sie erneut auftauchen, nachdem sie einmal entfernt worden sind".

Neben den Uploadfiltern sollten die Firmen zudem "Schnellverfahren" für das Melden illegaler Inhalte einrichten. Das Besondere daran: "Da terroristische Inhalte in den ersten Stunden nach ihrem Auftauchen im Internet am meisten Schaden anrichten, sollten alle Unternehmen solche Inhalte grundsätzlich innerhalb einer Stunde, nachdem sie gemeldet wurden, entfernen", hieß es in der Mitteilung. Die Empfehlungen sind nicht verpflichtend. Allerdings drohte Brüssel mit gesetzlichen Vorgaben, falls die Vorschläge keine Wirkung zeigen sollten.

Zurückhaltende Antwort

Darauf wollen Deutschland und Frankreich nicht länger warten. Sie forderten unter anderem ein schnelles Konsultationsverfahren zu dem Thema, damit bereits im Juni 2018 ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden könnte. Das Problem: Da im Mai 2019 ein neues EU-Parlament gewählt wird, bleibt nur noch wenig Zeit, um ein solches Gesetzesvorhaben durch Rat, Parlament und die sogenannten Trilog-Verhandlungen zu bringen.

In einem Antwortschreiben vom 31. Mai 2018, das ebenfalls von Netzpolitik.org veröffentlicht wurde, äußert sich die EU-Kommission entsprechend vorsichtig. Sie verweist zum einen darauf, dass das Konsultationsverfahren bereits Ende April 2018 begonnen habe und am 25. Juni 2018 abgeschlossen werde. Zum anderen arbeitet die Kommission demnach bereits an einer Folgenabschätzung. Dabei prüfe sie "das gesamte Spektrum von Optionen, von freiwilligen Systemen mit klaren Überwachungsrahmen bis hin zu zusätzlichen, verbindlichen Rechtsvorschriften". Das klingt nicht danach, als sei noch ein schneller Gesetzesentwurf zu erwarten.

Nachtrag vom 5. Juni 2018, 16:11 Uhr

Der IT-Branchenverband Eco kritisierte die Pläne Seehofers scharf. Der Vorstoß sei "nicht nachvollziehbar, insbesondere deshalb, weil die Plattformen-Anbieter in kurzer Zeit deutliche Fortschritte bei der Bekämpfung illegaler Inhalte erzielen konnten", sagte der Vorstandsvorsitzende Oliver Süme und fügte hinzu: "Die Pläne der Innenminister bedeuten eine Abkehr von den Grundsätzen der E-Commerce-Richtlinie hin zu einer proaktiven Überprüfung sämtlicher Inhalte durch die Provider. Die Konsequenz einer solchen Politik wird massives Overblocking sein, um den angedrohten Sanktionen aus dem Weg zu gehen und die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen."

Die geforderte Ausweitung der Regelungen auf "andere rechtswidrige Inhalte" lehnt der Verband ebenfalls ab. "Das würde einen Paradigmenwechsel in der Haftung der Provider bedeuten - weg vom Prinzip Notice and Action, hin zu proaktiven Maßnahmen, verbindlichen Uploadfiltern und einer Zensurinfrastruktur", sagte Süme. Damit gefährde der Vorstoß das Providerprivileg und sei ein direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit aller.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


Palerider 06. Jun 2018

Das würde ein vollständiges Verstummen zur Folge haben...

Schnarchnase 06. Jun 2018

Klar, man kann auch Anti-Grundgesetz sein und trotzdem Minister der BRD. Dafür sollte es...

Vinnie 05. Jun 2018

Wer anfängt mit Zensur muss damit leben, dass dies ständig und stetig ausgeweitet wird...

Jonny Dee 05. Jun 2018

Der nervt mich tierisch mit seiner Hartnäckigkeit hinsichtlich der Umsetzung seiner...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Sammanlänkad
Ikea bringt wandlungsfähige Solarlampe

Sammanlänkad heißt Ikeas limitierte Solarlampe, die sich als Schreibtisch-, Decken- und Taschenlampe sowie als Akkupack verwenden lässt.

Sammanlänkad: Ikea bringt wandlungsfähige Solarlampe
Artikel
  1. FreedomGPT: Ein KI-Tool, das zum Suizid anleiten und Hitler loben kann
    FreedomGPT
    Ein KI-Tool, das zum Suizid anleiten und Hitler loben kann

    FreedomGPT ist wie ChatGPT ein Sprachgenerator. Allerdings fehlen ihm Filter, so dass die KI jede Anfrage beantwortet - egal wie fragwürdig.

  2. Amazon und Ebay: Onlinehändler müssen EU-Partner für Produktsicherheit bieten
    Amazon und Ebay
    Onlinehändler müssen EU-Partner für Produktsicherheit bieten

    Außereuropäische Anbieter bei Amazon und Ebay müssen einen in der EU ansässigen Händler benennen, der für die Sicherheit verantwortlich ist. Wie das praktisch kontrolliert wird, ist fraglich.

  3. IT-Projektmanager: Perfektionist, ahnungslos und Ja-Sager
    IT-Projektmanager
    Perfektionist, ahnungslos und Ja-Sager

    Schwierige Projektmanager können nicht nur nerven, sondern viel kaputt machen. Wir geben Tipps, wie IT-Teams die Qual beenden.
    Ein Ratgebertext von Kristin Ottlinger und Jakob Rufus Klimkait

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • RTX 4090 erstmals unter 1.700€ • MindStar: Gigabyte RTX 4080 1.229€ statt 1.299€, Intel Core i9-12900K 399€ statt 474€ • SSDs & Festplatten bis -60% • AOC 34" UWQHD 279€ • Xbox-Controller & Konsolen-Bundles bis -27% • Windows Week • 3 Spiele kaufen, 2 zahlen [Werbung]
    •  /