Wann sollen Gesichter gescannt werden?

Die Pläne des Innenministers passen also zum Bestreben der deutschen Strafverfolger, den Zugriff auf biometrische Daten auszubauen. Doch selbst mit einer Superdatenbank ließen sich allenfalls Personen identifizieren, die bereits als auffällig oder gefährlich gelten. Das Attentat von Ansbach hätte auch automatische Gesichtserkennung nicht verhindert, den Angreifer im Zug von Würzburg hätte das System nicht erkannt. Auch deshalb bezweifeln Kritiker, dass die Technik tatsächlich künftige Anschläge verhindern könnte.

Zudem stellt sich die Frage, wann ein solches System zum Einsatz kommen sollte. Bei akuten Gefahrenlagen oder wenn ein begründeter Verdacht vorliegt? Bei Großeinsätzen der Polizei, bei Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Veranstaltungen? Oder sollen die Kameras, wenn sie eines Tages dazu in der Lage sind, einfach ständig Gesichter in Bahnhöfen und Flughäfen scannen und mit den Datenbanken abgleichen?

Aus Sicht des Datenschutzes wäre das problematisch, für Videoüberwachung muss eigentlich ein hinreichender Anlass bestehen und die Erfassung und Auswertung zeitlich begrenzt sein. Vertreter der großen Koalition glauben trotzdem daran, dass ein dauerhafter Einsatz datenschutz- und verfassungsrechtlich prinzipiell zulässig sei. Etwa indem das System nur Treffer meldet, die Analyse aller anderen Gesichter aber umgehend löscht.

Kritiker bezweifeln das. "Eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage zu schaffen, das wäre eine schwierige Aufgabe", sagte der netzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz. In Berlin zeigt derzeit eine aktuelle Debatte über den Ausbau polizeilicher Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen, wie schwierig eine entsprechende Gesetzesänderung durchzuführen ist. Mit dem zusätzlichen Einsatz von Gesichtserkennung verschärfen sich die Bedenken noch. Nicht nur das Aufzeichnen, sondern das ständige Scannen und Abgleichen von Gesichtern an öffentlichen Plätzen wäre ein Schritt zur Totalüberwachung. Für die Bürger wäre es nicht mehr nachzuvollziehen, wann und wo sie gescannt werden.

Das FBI hat Zugriff auf 400 Millionen Fotos

Welche Auswirkungen das haben kann, zeigt sich in den USA. Wie eine Untersuchung des US-Rechnungshof im Juni zeigte, hat eine Unterabteilung des FBI mittlerweile Zugriff auf mehr als 400 Millionen Gesichtsfotos. Möglich macht das der Zugriff auf Pass- und Visadaten sowie auf die Führerscheindaten aus bislang 16 Bundesstaaten. Es betrifft also maßgeblich auch Bürger ohne kriminellen Hintergrund.

Das US-Justizministerium sagt, die Software gleiche Fahndungsbilder mit denen aus den Datenbanken zwar automatisch ab. Ein Treffer müsse aber weiterhin von in Biometrie geschulten Beamten analysiert werden. Das System diene somit nicht zur Identifizierung von Verdächtigen, sondern lediglich als Hilfe für die Ermittler. Der Bericht des Rechnungshofs kommt derweil zu einem ernüchternden Ergebnis: Aufgrund der Komplexität des Systems und der verwendeten Datenbanken können weder das FBI noch die Bundesstaaten die Richtigkeit der Daten gewährleisten.

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 Terrorbekämpfung: Denn sie wissen nicht, wen sie scannen
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bombinho 27. Aug 2016

Wie ueberraschend, Du hast diesen Begriff hier eingefuehrt, wie kann ich ihn dann...

RipClaw 25. Aug 2016

Das FBI ist bekannt dafür das sie mit National Security Lettern um sich werfen und die...

werredetwirdged... 25. Aug 2016

die sich dehnen.

Kleba 25. Aug 2016

+1! Genau darum geht es. Und bei dem derzeitigen Rechtsruck der durch Gesamt-Europa...



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