Terminator Zero: Welchen Wert hat es, die Menschheit zu retten?

Dass Netflix die neue Serie Terminator Zero am 29. August startete, passt natürlich perfekt: Das ist der Judgment Day , der Tag, an dem Skynet Bewusstsein erlangte und den Krieg gegen die Menschheit begann, und zwar im Jahr 1997 - jenem Jahr, in dem Terminator Zero spielt.
Im Jahr 2022 tobt der Krieg zwischen den wenigen menschlichen Überlebenden und einer endlos großen Armee von Maschinen seit Dekaden. Von dort aus brechen der Terminator und eine menschliche Soldatin in die Vergangenheit des Jahres 1997 auf.
Die Frau reist in der Zeit zurück, um zu verhindern, dass der Wissenschaftler Malcolm Lee ein neues KI-System aktiviert, das entwickelt wurde, um Skynet Paroli zu bieten. Während Malcolm im moralischen Clinch mit seiner Schöpfung liegt, wird er von einem Terminator aus der Zukunft verfolgt.
Tolles Stimm-Ensemble
Im englischen Original der Animationsserie für Erwachsene gibt es bekannte Stimmen zu hören. Timothy Olyphant (Justified) leiht dem Terminator die Stimme, aber viel zu sagen hat der eh nicht. Weit mehr Text haben Sonoya Mizuno (Ex Machine, Devs), die die Soldatin aus der Zukunft spielt, Rosario Dawson (Ahsoka), die die neue KI Kokoro spricht und André Holland (The Big Cigar), der dem Wissenschaftler Malcolm Lee seine Stimme leiht.
Skydance hat die Serie zusammen mit dem Animationsstudio Production I.G.(öffnet im neuen Fenster) produziert. Früh war klar, dass es eine Serie mit japanischem Blickwinkel sein sollte. Die japanische Kultur unterscheidet sich stark von der der Vereinigten Staaten. In der Serie spiegelt sich das vor allem darin wider, dass hier kaum Schusswaffen(öffnet im neuen Fenster) zum Einsatz kommen.
Alles wie immer?
Die ersten Minuten sind actionreich, dann kristallisiert sich langsam die Geschichte heraus, die zwar mit offenen Fragen arbeitet - etwa der, woher Malcolm davon weiß, dass Skynet Bewusstsein erlangen wird -, vor allem aber wie eine klassische Terminator-Story daherkommt. Heißt: Maschinenkiller und menschliche Heldin werden in die Vergangenheit geschickt, um zu verhindern, dass die Zeitlinie zugunsten von Skynet verändert wird.
So originell war das Franchise Jahrzehnte nicht
Man könnte meinen, dass Serienschöpfer Mattson Tomlin nichts Neues eingefallen ist, abgesehen vom Setting in Japan. Zur Mitte der Serie zeigt sich aber, dass dem nicht so ist.
Er hat sich angeschickt, nicht nur eine Terminator-Geschichte zu erzählen, sondern eine, die ganz eigene Wege beschreitet.
Die Frage nach der Zeit
Es ist eigentlich logisch, aber so gelungen wie hier wurde es selten ausgesprochen: Bevor die Heldin in das Jahr 1997 reist, wird ihr erklärt, wie Zeitreisen wirklich funktionieren. Wenn sie in der Vergangenheit ankommt, hört die Vergangenheit, die sie bis dahin kannte, auf zu existieren. Es ist nun eine neue, die auch eine neue Zukunft formt.
Das geht konform mit der Idee, dass jede Veränderung der Zeit einen neuen Ast in der Zeitlinie formt, aber Terminator Zero geht noch ein Stück weiter. Die Serie ist in gewisser Weise existenzialistischer. Denn wenn versucht wird, die Vergangenheit zu ändern, löscht man die eigene Gegenwart aus. Ein Denkfehler von Skynet, das den Konflikt mit den Menschen stoppen will, bevor er beginnt - das damit aber auch seine eigene Existenz, so wie Skynet sie kennt, negiert.
Im Grunde ist die Zeitlinie sakrosankt. Sie darf gar nicht berührt werden, weil jeder Eingriff zu einem anderen Ergebnis führt.
Der Judgment Day
Die Serie spielt am 29. August 1997 und dem Tag darauf. Terminator Zero steht für sich und bezieht sich nicht auf James Camerons erste zwei Filme, zitiert sie aber mehrfach und nutzt im Grunde nur die Prämisse, nach der Skynet den Krieg beginnt. Terminator Zero steht für sich und kann bestens ohne Vorkenntnisse gesehen werden. Die Serie erlaubt sich aber auch Zitate der ersten beiden Filme in Wort und Bild.
Dafür baut Mattson Tomlin Elemente ein, die es vorher nicht gab: die neue KI Kokoro, die Malcolm Lee als Gegenspielerin für Skynet entwickelt. Aber erschafft er damit die Rettung? Oder wird nur eine KI-Bedrohung durch eine andere ersetzt?
Diese Fragen stellt sich die Hauptfigur, aber Terminator Zero geht weit darüber hinaus: Die KI stellt die Frage, ob die Menschheit es überhaupt wert ist, gerettet zu werden, und will von Malcolm Lee widerlegt werden.
Aber wie widerlegt man das Urteil über eine Spezies, die seit Beginn ihrer Existenz Krieg geführt und den Planeten verheert hat? Es ist die eine Frage, die bisher kein Film und keine Serie des Terminator-Franchise stellte: Warum eigentlich sollte die Menschheit überleben, und könnte die Welt unter Maschinenherrschaft nicht besser werden?
Nicht für den Menschen, aber für alles andere auf dem Planeten.
Eine neue Zukunft
Terminator Zero wagt, was kein Terminator-Film bisher getan hat: Die Serie verändert die Parameter. Damit verändert sie auch die Zukunft. Das Ende ist ambivalent, die Menschheit könnte gerettet sein - oder auch nicht.
Es ist ein Neubeginn, der dazu passt, wie T2 vor 33 Jahren endete. Dass es kein Schicksal gibt, dass alles passieren kann. Der Boden ist bereitet für mehr. Publikum und Kritik sind begeistert(öffnet im neuen Fenster) . Nun muss Netflix nur noch eine zweite Staffel ankündigen.



