Das Silicon Valley hat große Pläne in Indien
Nicht nur für Ambani ist Indien ein wichtiger Wachstumsmarkt. Längst hat die Tech-Elite in den USA das Potenzial des asiatischen Subkontinents entdeckt. Schon seit Jahren versuchen Firmen wie Google und Facebook von der Milliardenbevölkerung zu profitieren. Der Markteintritt dort gestaltet sich allerdings schwieriger als anderswo. Wegen der zunehmenden Härte der Regulierungsbehörden ist etwa Facebook immer wieder mit seinem kostenlosen Internetzugang Free Basics in Indien gescheitert. Mit der neuen Allianz und dem Investment von 5,7 Milliarden Dollar in Jio erhofft sich das US-Unternehmen endlich Fortschritte.
Für Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, dessen Plattform in Indien rund 250 Millionen Nutzer zählt, ist der Einstieg bei Jio mit vielen Hoffnungen verbunden. So will er Facebooks Messengerdienst Whatsapp endlich monetarisieren. Über eine Zusammenarbeit mit Jio Mart will der 36-jährige auch ins indische E-Commerce-Geschäft einsteigen. Jio und Facebook machen damit den US-Konzernen Walmart und Amazon Konkurrenz, die sich bisher den Großteil des indischen Onlinehandels aufteilen. Auch über eine Super-App nach dem chinesischen Vorbild Wechat wird spekuliert.
Google wiederum erhofft sich vor allem Profite vom Mobilfunkmarkt, immerhin der zweitgrößte der Welt. Gerade einmal 40 Prozent aller Inder nutzen bislang ein Mobiltelefon. Versuche, ein Handy im Alleingang auf den Markt zu bringen, scheiterten allerdings immer wieder. Die Investition von 4,5 Milliarden US-Dollar in Jio soll dabei helfen, kostengünstige 4G- und 5G-Smartphones zu entwickeln. Auch das Betriebssystem Android soll so weitere Verbreitung finden.
Jios strategische Partner sollen Schwächen ausbügeln
Die Allianz könnte Jios Konkurrenz massiv unter Druck setzen. Mit dem Google-Investment verfolgt Ambani einen kühnen Plan. Geht es nach ihm, soll Indiens 2G-Netz bald komplett abgeschaltet werden. 350 Millionen Inder nutzen noch immer Geräte der alten Schule mit Ziffernblöcken und Basisbildschirmen. Sie alle sollen in Zukunft kostengünstige Alternativen von Google nutzen. Für Jios Konkurrenz wäre das ein deutlicher Dämpfer. Bharti Airtel, Vodafone und BSNL-MTNL, die zusammen immerhin zwei Drittel des Marktes behaupten, sind noch immer überwiegend im 2G-Netz aktiv.
Für Jio wiederum kämen die Investitionen ausländischer Geldgeber gerade recht, sagt Counterpoint-Analyst Neil Shah. Die Entwicklung der Plattform sei zuletzt deutlich ins Stocken geraten. "Die strategischen Partnerschaften werden Jio helfen, die Bereiche Handel, Kommunikation und Cloud auszubauen." Dort habe es dem Betreiber in der Vergangenheit an Können, Reichweite und Akzeptanz gemangelt. Dank frischem Kapital und externem Know-how sei Jio nun fähig, langfristig den Massenmarkt zu erobern. "Kein anderer Betreiber weltweit verspricht, das zu bauen, anzubieten und zu kontrollieren, wozu Jio in der Lage ist."
Dass Ambani dabei vor allem auf Geld aus dem Silicon Valley setzt, hat auch politische Gründe. Seit Jahren pflegt der Großindustrielle enge Beziehungen zu Indiens Staatsführung. Seine Verbindungen zu Indiens Premierminister Narendra Modi etwa sollen geholfen haben, den Markteintritt von Jio zu beschleunigen. Beide teilen den Wunsch, Indien schnellstmöglich zu digitalisieren.
Dem Technologieriesen China will man dabei nicht den Vortritt lassen. Zu groß sind die Konflikte zwischen den Ländern. Erst kürzlich verbot die indische Regierung mehr als 100 chinesische Apps, darunter solche, die Verbindungen zur chinesischen Plattform Alibaba aufweisen.
Schon 40 Milliarden von US-Firmen in diesem Jahr
Auch Direktinvestitionen aus China, die bislang überwiegend genehmigt wurden, stehen stärker unter Beobachtung. Kapital aus den USA hingegen wird gerne genommen: 40 Milliarden Dollar sollen US-Firmen nach Angaben der amerikanisch-indischen Organisation USISPF in diesem Jahr bereits in Indien investiert haben.
Dass mehr als die Hälfte davon in ein einziges Unternehmen - nämlich in Jio - geflossen ist, zeigt, mit welchen Hoffnungen die Investitionen verbunden sind. Counterpoint-Research-Analyst Mishra warnt allerdings vor übermäßiger Euphorie. Das Unternehmen stehe zwar auf soliden Füßen und sei aggressiv in viele Bereiche vorgestoßen. "Es wird allerdings eine enorme Herausforderung sein, die jeweiligen Marktführer wie Amazon, Netflix oder die Lern-App BYJU vom Thron zu stoßen."
Bis Jio Platforms wirklich in allen Kategorien Cashflow generiere, sei es noch ein langer Weg. Trotzdem sei klar: "Verglichen mit allen anderen Playern im Markt hat Jio langfristig die besten Chancen, um maximal von Indiens Digitalisierung zu profitieren."
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Telekommunikation: Warum US-Tech-Firmen so heiß auf Jio sind |
- 1
- 2