Teilchenphysik: Higgs muss nicht Higgs sein
Ein Irrtum könnte eine der größten wissenschaftlichen Entdeckungen der vergangenen Jahre sein: Eine Gruppe von Forschern hat die Daten analysiert, die laut dem europäischen Kernforschungszentrum Cern belegen, dass dort das Higgs-Boson gefunden wurde. Die Daten ließen auch ganz andere Schlüsse zu, sagen sie.

Am 4. Juli 2012 jubelte die Wissenschaft: Vertreter von zwei Forschergruppen verkündeten in Genf, sie hätten am Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) das Higgs-Boson gefunden - jenes Teilchen, das laut dem Entdecker Peter Higgs das fehlende Teil im aktuellen Standardmodell der Physik ist. In der Folgezeit verdichteten sich die Hinweise. Und prompt gab es für den Namensgeber und seinen Kollegen François Englert, der vergleichbare Überlegungen angestellt hatte, den Nobelpreis.
Nicht so schnell, sagt eine Gruppe von Forschern um den Dänen Mads Toudal Frandsen. Sie haben die Daten der LHC-Experimente A Toroidal LHC Apparatus (Atlas) und Compact Muon Solenoid (CMS) analysiert und kommen zu dem Schluss, dass die Sache gar nicht so klar ist, wie die Cern-Forscher sie darstellen. "Die Cern-Daten werden im Allgemeinen als Beweis für die Existenz des Higgs-Teilchens genommen. Es stimmt, dass das Higgs-Teilchen die Erklärung für die Daten ist. Aber es könnte auch andere Erklärungen geben", sagt der Forscher der Süddänischen Universität. "Wir könnten diese Daten auch von anderen Partikeln bekommen."
Was ist es, wenn es nicht Higgs ist?
Die Daten seien nicht genau genug, um mit Sicherheit sagen zu können, um welches Partikel es sich handele, sagt Frandsen. Neben dem Higgs-Boson, das nach Ansicht der Forschergruppe auch weiterhin im Spiel ist, könnten es auch verschiedene andere Partikel sein. Ihr Favorit ist das Techni-Higgs-Teilchen. "Das Teilchen ist in mancher Hinsicht dem Higgs-Partikel ähnlich - deshalb die Hälfte des Namens", sagt Frandsen.
Aber auch wenn beide Partikel miteinander verwechselt werden können, sind sie doch grundverschieden: Sie gehören zu verschiedenen Theorien über die Entstehung des Universums. Das Higgs-Teilchen ist zudem ein Elementarteilchen, das Techni- oder Technicolor-Higgs-Teilchen hingegen nicht. Es besteht nach Ansicht der Forscher aus Techniquarks. Das seien neu eingeführte Fermionen. Diese Elementarteilchen sollten verschiedene Verbindungen eingehen, und eine davon sei das Techni-Higgs-Teilchen.
Techni-Quarks können dunkle Materie
Ein großer Unterschied zwischen dem Higgs-Teilchen des Standardmodells und dem Techni-Higgs-Teilchen ist, dass das Standardmodell dunkle Materie nicht erklärt. Die Technicolor-Theorien hingegen, die das Standardmodell erweitern, können das: Danach ist die dunkle Materie, die immerhin ein Viertel der Masse des Universums ausmachen soll, eine Kombination von Techni-Quarks. Allerdings: Es ist nicht sicher, ob Techni-Quarks existieren.
Wenn es diese Techni-Quarks gibt, dann muss es auch eine weitere Grundkraft geben, die diese bindet: die Technicolor-Kraft. Die vier Grundkräfte der Physik - Gravitation, Elektromagnetismus, schwache Wechselwirkung und starke Wechselwirkung - können keine Bindung zwischen Techni-Quarks bewirken.
Da Techni-Quarks viele verschiedene Bindungen eingehen können, sei es durchaus möglich, dass es das Techni-Higgs-Boson war, das im LHC gefunden worden sei. "Wir erwarten deshalb, verschiedene Partikel im LHC zu finden, die alle aus Techni-Quarks aufgebaut sind", sagt Frandsen. Ihre Erkenntnisse beschreiben er und seine Kollegen in der Fachzeitschrift Physical Review D.
Sicherheit, ob das Teilchen im LHC nun das Higgs oder das Techni-Higgs ist, müssen die Daten weiterer Kollisionen bringen. Lange müssen die Forscher nicht mehr warten: Im Frühjahr 2015 soll der LHC wieder in Betrieb genommen werden.
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Hmmm ... ich sehe da noch keinen Hinweis auf einen SuSy-Partner.
Der Unterschied: Mathematiker wissen, dass sie sich ihre Axiomensysteme nur ausgedacht...
Wenn man ein Verfahren entwickelt, welches ähnlich zum Verfahren "Technicolor" ist und...
Du hast Recht! Mein Fehler...