Reden, reden, reden und immer wieder reden
Die Techgenossen leben Demokratie und die braucht vor allem eines: Kommunikation. Konflikte bleiben dabei nicht aus. "Wir kritisieren uns, hinterfragen ständig unsere Arbeit - Oskar nennt es immer, 'Hosen runterlassen'. Unsere gegenseitige Kritik ist direkt und unverblümt, aber auch immer auf Augenhöhe" - ohne diese direkte Offenheit ginge es nicht, sagt Robert Curth.
Für Stefan Verhey, den kritischen Geist unter ihnen, geht dieses Konzept nur auf, weil es sich für ihn anfühlt, wie "Arbeiten unter Freunden, man muss bei uns gerne etwas zusammen machen wollen". Die Entgrenzung von privatem und beruflichem Bereich ist bei den Techgenossen gewollt, wer das nicht mag, wird kein Techgenosse.
Ähnlich radikal ist ihr Ansatz in Bezug auf ihre Kunden. Schriftliche Verträge existieren nicht. Das Vertrauen muss da sein, dass mündliche Verabredungen eingehalten werden. Die Konditionen sind dabei denkbar einfach, denn von Content bis Backend, jedes Mitglied erhält den gleichen Stundensatz. Jeder weitere Schritt wird mit den Kunden von Beginn an sehr eng abgestimmt, Arbeitsschritte transparent über ein Time-Banking-System zugänglich gemacht.
Nicht jeder Kunde bleibt
"Probleme müssen sich aber auch zeigen dürfen, um sie zu lösen", sagt Curth, der Programmierer aus Leidenschaft. Trotz der monatlichen Abrechnung wurden sie aber auch schon von Kunden enttäuscht, die nicht gezahlt haben, das sind dann aber auch nicht die richtigen Kunden. Nicht jeder wird ein Techgenosse und nicht alle Kunden sind geblieben. Für Curth bedeutet das nicht, dass die Idee der Techgenossen nicht funktioniert, sondern es ist lediglich eine Art natürlicher Filter, der für Vertrauen und Stabilität sorgt, denn die, die es wirklich wollen, die bleiben.
Ständiges Aushandeln und Hinterfragen kann anstrengend sein, aber es ist genau so, wie die Techgenossen es haben wollen. "Es ist ultraprogressiv, ich kann es mir nicht mehr anders vorstellen. In meinem alten Job würde ich durchdrehen", sagt Hallensleben.
Damit ist er nicht der Einzige. Waren es 2005 noch 95 Konsum- und Dienstleistungsgenossenschaften in Deutschland, so sind es heute bereits viermal so viele. Obwohl Genossenschaften schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts als "Kinder der Not" in Krisenzeiten entstanden, erleben sie seit der Finanzkrise 2007 eine Art Renaissance. Die Idee von Solidarität, Respekt und Gleichheit unter Genossen wird 2016 sogar zum immateriellen Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Genossenschaften würden in besonderer Weise das Gemeinwesen stärken und innovative Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen liefern, so die Begründung des Auswahlkomitees.
"Ich würde mir wünschen, dass unsere Art zu arbeiten als eine Art Blaupause für andere dienen kann, ich weiß aber auch, dass nicht jedes Team die Voraussetzungen für eine solche freundschaftliche Basis und auch nicht die Zeit hat, so langsam und organisch zu wachsen, wie wir", sagt Verhey. Und trotz aller innovativen Ideen und idealistischer Ansprüche - noch können sich die Techgenossen nicht ohne externe Auftraggeber finanzieren und nur drei der neun Genossen können ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch diese Arbeit bestreiten. Der Rest arbeitet weiterhin selbstständig in anderen Arbeitsverhältnissen - der eine, weil er es will, der andere, weil er es muss.
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Der Solidargedanke - ein Luxus? |
Eine hohe Nitratbelastung des Grundwassers ist keine Voraussetzung für Nahrungsproduktion.
Die Idee ist gut (bis auf dem weltanschaulichen Kokolores). Rabbithole Consulting ist...
Aber die Grundidee mag nett gewesen sein, damals
Ich verstehe diese Aversion gegen GmbHs als Personifikation der Gier nicht. Ja, viele...
Was ja auch bei einigen Dingen gut funktioniert und sie sicherlich bei einigen Dingen...