TaWAN LBO: Bundesrechnungshof kritisiert Bundeswehr-IT-Projekt

Die Kritik des Bundesrechnungshofs an einem 5,5-Milliarden-Euro-Projekt des Verteidigungsministeriums wirft Fragen zur Vergabepraxis bei der Bundeswehr auf. Die Prüfbehörde bemängelt das Fehlen eines regulären Ausschreibungsverfahrens für das digitale Richtfunksystem Tawan LBO, das von Rheinmetall entwickelt werden soll(öffnet im neuen Fenster) . Die Abkürzung steht für Tactical Wide Area Network for Land Based Operations.
Laut der dem Stern(öffnet im neuen Fenster) vorliegenden Dokumentation äußern die Prüfer erhebliche Bedenken an der technischen Umsetzbarkeit des Projekts. Die Bundeswehr plane den Aufbau einer komplett neuen digitalen Infrastruktur für Gefechtsstände, deren Einsatzreife jedoch fraglich sei. Besonders problematisch erscheint der Umstand, dass kostengünstigere Alternativen nicht prioritär verfolgt würden.
Die Gesamtinvestition erstreckt sich über einen Zeitraum von nahezu zehn Jahren und wurde ohne die üblichen Ausschreibungsverfahren direkt an den Rüstungskonzern vergeben.
In der internen Vorlage des Rechnungshofs heißt es dem Bericht nach: "Der Vertragspartner kann die Anforderungen der Bundeswehr an die Software überwiegend nicht erfüllen." Diese Einschätzung kontrastiert mit der Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestages, der das Projekt Ende Januar 2025 trotz bestehender Bedenken genehmigt hatte.
Im Rahmen von Tawan LBO werden auch geschützte 8x8-HX-Lkw von Rheinmetall MAN beschafft, die als Trägerfahrzeuge für die großen Richtfunksysteme dienen und mit hohen mobilen ausfahrbaren Antennenmasten ausgestattet sind. Dabei trägt ein Fahrzeug das Mastsystem, ein anderes den 20-Fuß-Funktionscontainer mit Arbeitsplätzen, Servern und weitere Ausrüstung. Insgesamt liefert Rheinmetall MAN nach eigenen Angaben 102 Fahrzeuge.
Die Prüfbehörde warnt ausdrücklich vor dem Risiko einer "Investitionsruine" - einem Szenario, bei dem Milliardenbeträge aus dem Verteidigungsetat in ein System fließen könnten, das möglicherweise nicht den militärischen Anforderungen entspreche oder gar nicht funktionsfähig sei.
Parlamentarische Kontrollmechanismen treten in Kraft
Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz reagierte auf die Vorwürfe mit der Ankündigung weiterer parlamentarischer Untersuchungen: "Jetzt muss eben parlamentarisch weiter geprüft werden, wir sprechen hier immerhin von fast sechs Milliarden Euro. Nach der Bewilligung sollte es einen Haushaltsvermerk geben" , erklärte er dem Stern.



