Sysadmin Day 2025: Braucht es mich bald überhaupt noch?

Systemadministrator. Das klingt, finde ich, nach irgendetwas zwischen Special Agent und drögem digitalem Datenverwalter. Ich arbeite seit vielen Jahren in dem Job und nehme den Sysadmin Day 2025 zum Anlass für eine persönliche Bestandsaufnahme.
Wie bin ich überhaupt in den Job gekommen? Und würde ich ihn heute empfehlen? Wie zukunftstauglich ist diese Arbeit noch?
Mein Einstieg in die IT? Tomb Raider!
Zur IT gekommen bin ich mit 13. Ich wollte Level mit dem Tomb-Raider-Leveleditor bauen, der bei Tomb Raider IV dabei war. Das allein ist schon nicht ganz unkomplex, ich hatte aber noch ganz andere Probleme: Betriebssystem-Basics. In einem Anleitungsartikel zum Level-Editor stand: "Legen Sie einen Ordner an und geben Sie ihm den Namen x. Kopieren Sie dann die Dateien y rein." Ich dachte: "Häh? Was soll ich machen? Ordner: Ja, die stehen bei uns zu Hause im Schrank. Vielleicht fordere ich gleich noch schnell eine Brieftaube nach."
Mithilfe meines Onkels, der gute PC-Büro-Kenntnisse hatte, bekam ich das mit dem Ordner und Dateien dann doch noch hin und lernte, dass es einen Windows-Arbeitsplatz gibt (mein Native-Windows war Windows XP) und Festplatten - und dass da Dateien drauf sind. Davor war ich schon ratlos, wenn ich ein Spiel installieren wollte und der Installer durch einen nicht funktionierenden Autostart nicht automatisch aufploppte.
Nach dem Einstieg in Windows und den Tomb-Raider-Level-Editor wollte ich doch mehr über PCs wissen. Meine ersten PCs baute ich aus geschenkten Komponenten von Uralt-PCs zusammen, entdeckte, dass Windows nicht das einzige Betriebssystem ist und probierte Linux aus (Danke com!-Magazin und RIP). Ich blieb aber nicht bei Linux, Windows fand ich angenehmer - oder: gewohnter.
Apple-Geräte und Mac OS hasste ich - elitäre, vollkommen überteuerte Blöd-Geräte und Software für superreiche Kreativeliten waren das, fand ich damals. Mittlerweile sehe ich das nicht mehr (ganz) so. Ich mag Linux, Mac OS und Windows, auch wenn Windows sich schon manchmal arg blöd anstellt.
Bald wurde ich die erste Ansprechpartnerin für PC-Probleme
Mit zunehmenden PC-Kenntnissen war ich im Verwandten- und Bekanntenkreis bald die erste Ansprechpartnerin bei PC-Problemen - Datensichern hier, Festplatte tauschen da, den Internetzugang einrichten, der Drucker druckt nicht, kein Problem.
Klar: Das war nicht vor allem deswegen so, weil ich mich wahnsinnig gut auskannte, sondern weil ich viel billiger als der professionelle PC-Service war und sich meine Kaputtmachrate trotzdem einigermaßen in Grenzen hielt.
Unter gleichaltrigen Mädchen stieß mein Hobby in den frühen 2000ern auf wenig Verständnis. Waren Jungs, die sich für PCs interessierten, nach dem ausgedachten Stereotyp fettpicklige Nerds, war ein Mädchen mit Interesse an PCs gänzlich inakzeptabel. Es war die Ära Paris Hilton: Wenn du eine Frau bist, stell dich dumm, sei niedlich, akzeptabel slutty und bitchy zu den anderen Weibern (bewusste Wortwahl).
Mittlerweile wird Mädchen und Frauen mehr Vielfältigkeit bei Interessen und Verhalten zugestanden, wobei momentan ja eher wieder old is gold gilt (und dabei meine ich nicht das Alter von Menschen).
Mit vier Punkten in Mathe traute ich mir ein Informatikstudium nicht zu
2010, mit 19, war ich dann mit der Schule fertig. Ich hätte studieren können, Informatik etwa. Der Studiengang war wenig populär, der NC mit um die 3,4 entsprechend niedrig - und zwar an den begehrten Hochschulen in Deutschland, weniger populäre verzichteten ganz auf Zulassungsbeschränkungen. Mittlerweile ist ein NC von um die 2,5 bei den begehrteren Hochschulen normal.
Mit meinen vier Punkten in Mathe im Abschlusszeugnis und die ganzen Schuljahre davor immer nur knapp an einer Fünf vorbei traute ich mir das Informatikstudium nicht zu. Auf Lernen hatte ich sowieso keine Lust mehr und nach zwei Praktika machte ich erstmal ein Volontariat bei der Onlinepublikation einer bekannten PC-Zeitschrift.
Dann wollte ich es doch: professionell PC-Probleme lösen
Ich war eigentlich im News-Team, schrieb aber die meiste Zeit über PC-Hardware. Nach dem Volontariat wollte ich dann doch richtig Informatik machen: als Systemadministratorin Server einrichten und administrieren, eben professionell die PC-Probleme von Leuten lösen.
Eine offizielle Ausbildung zum Systemadministrator gibt es nicht. Meist sind es Quereinsteiger oder Leute mit Uniabschluss oder einer dualen Ausbildung im Bereich Informatik. Gerade die duale Ausbildung gibt es noch gar nicht so lange: Erst 1997 wurde der Fachinformatiker in der Verordnung über die Berufsausbildung im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik in Deutschland offiziell festgeschrieben.
Davor waren es neben Informatikstudenten, die nicht in die Wissenschaft gehen wollten, vor allem Quereinsteiger, die irgendwann mal privat oder beruflich mit PCs und "so IT" zu tun hatten und sich das dann hauptberuflich antun wollten.
Ich habe eine Ausbildung zur Fachinformatikerin für Systemintegration gemacht. Mittlerweile heißt es "Fachrichtung Systemintegration". Daneben gibt es die Fachrichtung "Anwendungsentwicklung" und vor wenigen Jahren kamen noch die neuen Fachrichtungen "Digitale Vernetzung" und "Daten- und Prozessanalyse" dazu - da hat die IHK auch mal die Zeichen der Zeit erkannt.
Was künftige Sysadmins mitbringen müssen
Die Zeichen der Zeit sollte man auch als Sysadmin erkennen. Wissen, das vor zehn Jahren noch wichtig war, kann heute zwar noch brauchbar sein, aber nicht mehr als das. Auch wenn es abgedroschen klingt, weil man es in Verbindung mit IT ständig hört: Weiterbildung ist wichtig. Wichtiger als jede gute Note in Schulmathe.
Außerdem sollten Sysadmins viel, seeeeeehr viel Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz zu ihren Eigenschaften zählen - oder sie zumindest im Laufe des Lebens erlernen. IT ist auch, wenn man stunden-, tage- oder wochenlang an einem ungelösten Fehler sitzt und am Ende vielleicht rauskommt, dass es ein ganz dummer Fehler war, auf den man schon viel früher hätte kommen können.
Immer neue Motivation sollte man auch aufbringen können - ob für die Lösung von Problemen oder eben zur eigenen Weiterbildung.
Würde ich nochmal Fachinformatikerin werden? Ja, auf jeden Fall, allerdings hat mir der Job vor 10, 15 Jahren noch mehr Spaß gemacht. Ich habe mich nützlicher gefühlt, weil die Arbeit beherrschbarer und überschaubarer war.
Ich kann nicht einschätzen, was KI mit den Arbeitsplätzen auch in der IT machen wird. Dazu kommt der anhaltende Trend, immer mehr IT- und Rechenleistungen zu supergroßen Dienstleistern und Rechenzentren mit quasi Monopolstellung à la Google, Amazon oder Microsoft auszulagern.
Weniger Sysadmins in Firmen - oder sogar mehr?
Was aus wirtschaftlicher Sicht Sinn ergibt und angesichts des wachsenden Bedarfs der Nutzerschaft und der steigenden Bedrohungslage für die IT-Infrastruktur selbst für mich als Systemadministratorin verständlich klingt, wirft auch die Frage auf: Braucht es dann überhaupt noch Systemadministratoren und Systemadministratorinnen vor Ort im Unternehmen? Oder erst recht, weil es für Unternehmen auf lange Sicht vielleicht nicht schlau ist, sich von wenigen Mega-Unternehmen abhängig zu machen?
Andrea Maurer hat ein Volontariat in einer Online-Redaktion gemacht, bevor sie Systemadministratorin wurde. Sie vermisst die Arbeit an Artikeln manchmal, deshalb schreibt sie noch nebenberuflich. Ihre Hobbys sind Nähen, Sticken, Kreatives, Reiten, Tiere sowie Technik und am PC oder Konsole zocken (also manchmal).



