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Swytch Bike: Vom Fahrrad zum E-Bike mit zehn Handgriffen

Mit dem Bausatz Swytch Bike lässt sich fast jedes Fahrrad motorisieren. Gewöhnungsbedürftig ist lediglich das neue Fahrgefühl.
/ Martin Wolf
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Der Umbau ist bis auf den Akku am Lenker fast nicht zu bemerken. (Bild: Martin Wolf/Golem.de)
Der Umbau ist bis auf den Akku am Lenker fast nicht zu bemerken. Bild: Martin Wolf/Golem.de

Die Idee hinter Swytch ist ebenso einfach wie ihre Umsetzung: Auf der Webseite(öffnet im neuen Fenster) des Herstellers bestellen wir eine passende Vorderradfelge mit integriertem Motor. Es gibt sie in Größen zwischen 16 und 29 Zoll, so dass die meisten Fahrräder abgedeckt werden sollten. Der Motor in der Radnabe treibt dann unser altes Rad elektrisch an.

Die weiteren Komponenten des Bausatzes sind für alle Räder gleich: Sensor für die Tretkurbel, Steuerung, Akkuhalterung und Akku samt Netzteil.

Das große Paket mit den Teilen enthielt eine schriftliche Anleitung und einen Verweis auf ein Youtube-Video(öffnet im neuen Fenster) , das den Prozess erläutert. Beides war hilfreich und wir hatten keinerlei Probleme mit dem Einbau des Vorderrades. Allerdings hat das von uns motorisierte Trekkingrad KTM Avenza Light keine Scheibenbremsen, was den Einbau zusätzlich erleichtert.

Wir würden als Daumenregel festhalten: Wer einen Vorderradschlauch wechseln kann, bekommt auch die Installation der Swytch-Motorfelge hin. Werkzeug sollte allerdings vorhanden sein, denn es liegt keines bei. Die restlichen Arbeiten erledigten wir innerhalb einer Stunde: Sensor und Magnetring müssen an die Tretkurbel, Akkuhalterung und Steuerung an den Lenker.

Am Schluss verkabelten wir das nach IPX6(öffnet im neuen Fenster) wasserfeste System und bewunderten, wie dezent unsere Aufrüstung aussieht: Bis auf den Akku am Lenker lässt nichts auf ein E-Bike schließen.

Swytch E-Bike-Umbau ausprobiert
Swytch E-Bike-Umbau ausprobiert (02:46)

Schon bei der Montage fiel uns allerdings auf, dass einige Komponenten keinen sehr hochwertigen Eindruck machen: So wirkt die Plastikscheibe mit den Magneten an der Tretkurbel nicht sonderlich robust und die neue Motorfelge mochte unsere alte Bereifung anscheinend nicht.

Wir konnten den Reifendruck nicht auf die gewohnten 3,5 bar erhöhen, ohne dass der Mantel von der Felge sprang. Wir beließen es bei unter 3 bar und schwangen uns für eine erste Probefahrt in den Sattel.

Ein völlig neues Fahrgefühl

Wir fanden die Unterstützung wesentlich kraftvoller als gedacht. Natürlich zieht der 250 Watt starke Vorderradmotor, aber wir haben schon etliche schlechtere Motorcharakteristiken erlebt. Das Anfahrverhalten ist gutmütig.

Weil wir das Rad als Fahrrad gewohnt waren, traten wir in einem leichten Gang an und bemerkten so kaum den Übergang zum unterstützten Radeln. Ganz wie ein modernes E-Bike fährt sich unser umgebautes Trekkingrad jedoch nicht. Der fehlende Drehmomentsensor verhindert eine exakte Dosierung der Motorkraft je nach Antrittsstärke.

Wenn der Motor seine volle Leistung auf der fünften Stufe abgeben durfte, nahmen wir auch zuvor anstrengende Steigungen mit Leichtigkeit. Wir fanden die zweite Stufe meist ausreichend und kamen so trotz des kleinen Akkus bis auf 20 Kilometer Reichweite. Das ist beachtlich.

Das Umschalten der Stufe an der Lenkersteuerung mit Display geht leider nur in eine Richtung: Wenn wir von der dritten in die zweite Stufe wechseln wollen, müssen wir den Knopf sechsmal im richtigen Takt drücken.

Ohnehin finden wir das bei unserem Umbausatz mitgelieferte beleuchtete LC-Display eher wenig nützlich. Es zeigt lediglich die Geschwindigkeit, die Stufe und den Akkustand an. Letzteres ist zudem ungenau, da die Anzeige je nach Beanspruchung des Akkus schwankt. Einen Fahrradcomputer ersetzt die mit dem Daumen bedienbare Anzeige also nicht.

Wir haben etwas zugelegt

Beim Bremsen schob das Rad kaum nach. Nach der ersten Fahrt ging es auf die Waage, allerdings nicht für uns, sondern für das Rad. Es ist mit dem Swytch-System fast drei Kilogramm schwerer. Das macht sich definitiv bemerkbar. Trotzdem sind unsere 20 Kilogramm Gesamtgewicht noch immer weit von den meisten normalen E-Bikes entfernt - die integierte Schiebehilfe brauchen wir wohl eher nicht.

Zumindest um den Anteil des 90-Wh-Akkus (750 Gramm) können wir das Gewicht reduzieren, wenn wir motorlos fahren möchten. Den Akku sollten wir im Übrigen auch jedes Mal entfernen, wenn wir das Rad in der Stadt abstellen, denn er lässt sich leicht entwenden. Ohne den Akku bemerken wir eine weitere Veränderung beim Fahrverhalten, denn unser Vorderrad ist etwas weniger leichtgängig als zuvor.

Das Laden erfolgt über ein kompaktes Netzteil, das mit 330 Gramm für E-Bike-Verhältnisse ebenfalls nicht übermäßig schwer ist. Anderthalb Stunden müssen wir warten, bis der Akku voll ist, alternativ gibt es auch einen größeren mit 180 Wh und stärkerem Netzteil - oder man kauft einfach einen zweiten.

Auch wenn diese Akkus stark nach Powerbank aussehen: Sie haben keinen USB-C-Anschluss und lassen sich nur über das mitgelieferte Netzteil laden.

Swytch Go verbessert einige Aspekte

Während unseres Tests verbesserte der Hersteller das System noch weiter. So muss der Akku nun nicht mehr am Lenker sitzen, sondern lässt sich überall am Fahrrad montieren. Die Reichweite wurde erhöht, außerdem gibt es nun lediglich eine fest eingestellte Leistungsstufe.

Wir haben nur zwei kleinere Kritikpunkte: einerseits die leicht verstellbare Magnetscheibe an der Tretkurbel, die die Unterstützung rapide verschlechtert, wenn sie nicht exakt parallel zum Sensor angebracht ist, und andererseits die nun fehlende Beleuchtung unseres Fahrrades.

Unser schöner Nabendynamo ist nämlich dank des Swytch-Systems nicht mehr einsetzbar, wir mussten auf Akkulampen umstellen, die regelmäßig geladen werden wollen - so wie unser neues E-Bike.

Verfügbarkeit und Fazit

Verfügbarkeit

Der Umbausatz ist direkt beim Hersteller(öffnet im neuen Fenster) ab 550 Euro erhältlich. Die kleinere Version Go gibt es ab 375 Euro. Derzeit sind beide allerdings oft ausverkauft und müssen über eine Warteliste bestellt werden. Der Hersteller ist nach eigenen Angaben derzeit darum bemüht, in Deutschland ein Händlernetz aufzubauen. Das dürfte auch bei Garantiefällen und einer möglichen Probefahrt hilfreich sein.

Fazit

Unser Trekkingrad fährt sich elektrisch vollkommen anders als ohne Motor. Das erscheint logisch, dürfte aber nicht allen klar sein, die den Umrüstsatz Swytch bestellen. Gerade wer die Charakteristik seines Fahrrades lieben gelernt hat, sollte diesen Aspekt vor dem Umbau bedenken.

Je nach Ausgangslage kann sich so das Fahrgefühl bis zu den erlaubten unterstützten 25 km/h verbessern und danach eher verschlechtern. Bei unserem leichten Rad bemerkten wir jedes Kilogramm und jede Veränderung beim Fahrverhalten.

Wer jedoch sein altes stählernes Hollandrad umrüstet, dürfte nur positive Veränderungen feststellen. Die Reichweite wird natürlich ebenfalls stark davon beeinflusst, wie gut das eigentliche Fahrrad ist.

Der Umbau ist selbst für Ungeübte zu bewerkstelligen, soweit passendes Werkzeug vorhanden ist. Im Zweifel genügt ein Blick auf das Anleitungsvideo(öffnet im neuen Fenster) , um festzustellen, ob man sich den Aus- und Einbau des Vorderrades zutraut.

In unserem Fall passte fast alles: die 20 Kilometer, die wir mit dem kleinen Akku schafften, waren genau ausreichend, das erleichterte Radeln samt Anfahrt und Bremsen gefielen uns sehr gut.

Wir vermissten lediglich unseren Nabendynamo, der prinzipbedingt dem Motor weichen musste. Allerdings könnten wir innerhalb kürzester Zeit auch wieder unser altes Vorderrad einbauen und den ursprünglichen Zustand wieder herstellen. Das hat aber noch Zeit - erst mal freuen wir uns darüber, dass wir unser altes Trekkingrad so einfach ins Zeitalter der E-Mobilität bringen konnten.


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