Studie: Sind mehr Freunde schuld an gesellschaftlicher Spaltung?

Eine Studie des Complexity Science Hub (CSH) in Wien will durch die Analyse historischer Umfragedaten einen Zusammenhang zwischen der Vergrößerung der Freundeskreise und der Spaltung der Gesellschaft gefunden haben. Wie Phys.org(öffnet im neuen Fenster) unter Berufung auf das Paper der Wissenschaftler schreibt, fand der Umbruch zwischen den Jahren 2008 und 2010 statt.
Damals vergrößerte sich der durchschnittliche Freundeskreis von zwei auf vier bis fünf Personen. Zum gleichen Zeitpunkt konnten die Wissenschaftler eine zunehmende Spaltung von Gesellschaften weltweit messen, die heute mehr denn je Thema in den Nachrichten ist.
Die Wissenschaftler untersuchten, ob die beiden Ereignisse in Zusammenhang stehen – und glauben nach ihren Forschungsresultaten, dass dies so ist. "Wenn die Netzwerkdichte mit mehr Verbindungen zunimmt, steigt die Polarisierung innerhalb der Gemeinschaft unweigerlich stark an" , erklärt Markus Hofer vom CSH.
Forscher finden paradoxen Zusammenhang
"Wenn mehr Menschen miteinander verbunden sind, begegnen sie häufiger unterschiedlichen Meinungen. Dies führt unweigerlich zu mehr Konflikten und damit zu einer stärkeren gesellschaftlichen Polarisierung" , ergänzt der Wissenschaftler Jan Korbel vom CSH den in einer eigenen Pressemitteilung(öffnet im neuen Fenster) als Paradoxon bezeichneten Zusammenhang.
Zwischen den einzelnen Gruppierungen bestünden durchaus Verbindungen. Diese sind den Wissenschaftlern zufolge aber in der Regel negativ oder gar feindselig. Um die gesellschaftliche Polarisierung zu messen, verwendeten die Wissenschaftler 27.000 Umfragen des Pew Instituts in den USA, das den Befragten über Jahre dieselben Fragen gestellt hat.
Für die Untersuchung der Freundesnetzwerke nutzen die Forscher 30 verschiedene Umfragen. Die Untersuchung habe ergeben, dass die Anzahl der nahen Freunde von 2,2 im Jahr 2000 auf 4,1 im Jahr 2024 gestiegen sei.
Zwischen 2008 und 2010 boomten Smartphones und soziale Netzwerke
Diese Steigerung erfolgte den Forschern zufolge im Zeitraum von 2008 bis 2010 statt – also zu der Zeit, in der Smartphones und soziale Netzwerke boomten. Diese technologische Entwicklung könnte Phys.org zufolge zur Erweiterung der Freundeskreise beigetragen haben, und dadurch indirekt auch zur Polarisation der Gesellschaft.
"Wenn ich zwei Freunde habe, tue ich alles, um sie zu behalten – ich bin ihnen gegenüber sehr tolerant. Aber wenn ich fünf Freunde habe und es mit einem von ihnen schwierig wird, ist es einfacher, diese Freundschaft zu beenden, weil ich noch 'Ersatz' habe. Ich muss nicht mehr so tolerant sein" , erklärt der Präsident des CSH, Stefan Thurner, die Gedanken hinter den Annahmen der Forscher.



