Studie: Elektroautos schon deutlich klimafreundlicher als Verbrenner

Einer Studie der Universität Eindhoven zufolge weisen Elektroautos schon jetzt eine deutlich bessere Klimabilanz als Verbrenner auf. "Ordentliche Berechnungen zeigen, dass Elektrofahrzeuge bereits heute weniger als die Hälfte der Treibhausgase ihrer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Pendants ausstoßen" , heißt es in der Untersuchung ( deutsch(öffnet im neuen Fenster) , englisch(öffnet im neuen Fenster) ), die von der Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben wurde. Vorherige Studien hätten eine ganze Reihe von Mängeln aufgewiesen, schreiben Auke Hoekstra und Maarten Steinbuch der Eindhoven University of Technology.
Kritiker der Elektromobilität verweisen häufig auf Studien, denen zufolge Elektroautos erst nach einer sehr hohen Kilometerzahl eine bessere Klimabilanz als vergleichbare Verbrenner aufweisen sollen . Das betrifft unter anderem den Energieaufwand bei der Herstellung der Batterien sowie den Strommix, der zum Laden der Autos eingesetzt wird.
So behauptete eine viel kritisierte Studie des Münchner Ifo-Instituts vom April 2019: "Es zeigt sich, dass der CO2-Ausstoß des Elektromotors im günstigen Fall um etwa ein Zehntel und im ungünstigen Fall um ein gutes Viertel über dem Ausstoß des Dieselmotors liegt." Zugrunde gelegt wurde dabei eine schwedische Metastudie sowie "alternative marginale Energiequellen für den Strom sowie der tatsächliche Strommix Deutschlands aus dem Jahr 2018" .
Sechs typische Fehler
Hoekstra und Steinbuch führen in ihrer Studie "die sechs größten Fehler" früherer Studien auf. Dazu zählen:
- Übertreibung der Treibhausgasemissionen von der Batterieproduktion
- Unterschätzung der Batterielaufzeit
- Vermutung, dass die Elektrizität während der Lebensdauer eines Autos nicht sauberer wird
- Unrealistische Annahmen beim Spritverbrauch
- Keine Berücksichtigung der Voremissionen bei Diesel und Benzin bspw. beim Herstellungsprozess
- Fehlender Blick in die Zukunft
So ist nach Ansicht der Universität Einhoven bei der Batterieproduktion ein CO2-Ausstoß von 75 Kilogramm/Kilowattstunde (kg/kWh) auszugehen, während viele Studien mit einem Wert von 175 kg/kWh gerechnet hätten. Doch dieser Wert basiert auf der oben genannten schwedischen Metastudie von 2017. Deren Autoren haben allerdings ihre Studie im Dezember 2019 aktualisiert . Darin bescheinigten sie Elektroautos eine deutlich bessere Klimabilanz und kamen zu dem Schluss, dass pro kWh Akkukapazität ein Äquivalent von 61 bis 106 kg Kohlendioxid anfällt.
Unterschätzt werde in vielen Studien hingegen die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus. Diese werde häufig mit 150.000 Kilometern angesetzt. "Wir haben jedoch keine Beispiele gesehen, wo dies auf tatsächlichen Forschungen beruhte" , schreiben die Wissenschaftler und fügen hinzu: "Empirische Daten zeigen, dass moderne Batterien höchstwahrscheinlich eine Laufzeit von mehr als 500.000 km haben werden." Daher setzen sie die Lebensdauer der Batterie mit der Lebensdauer des Fahrzeugs gleich, die 250.000 Kilometer betragen soll.
Strommix wird sich verändern
Ebenfalls stellen die Forscher bisherige Annahmen infrage, wonach der Strommix beim Laden nicht im Lauf der kommenden Jahre klimafreundlicher werden soll. "Genauso wie sich der Strommix in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert hat, wird er sich in den nächsten 20 Jahren erneut verändern" , schreiben Hoekstra und Steinbuch. Insgesamt sollten Elektrofahrzeuge, die 2020 in Europa verkauft werden, mit 250 Gramm CO2-Equivalent pro kWh Elektrizität über ihre gesamte Lebensdauer berechnet werden.
Zu positiv wird nach Ansicht der Studie hingegen der Verbrauch bei Verbrenner-Fahrzeugen berechnet. "Das Testprotokoll wird in politischen Verhandlungen mit den Herstellern definiert, die dann die Institutionen auswählen und sponsern, die die Tests für sie durchführen," moniert die Studie. Daher würden für ihre eigenen Vergleiche Straßenmessungen wie von Spritmonitor.de und Testmessungen wie diejenige der US-Behörde EPA verwendet.
Voremissionen nicht ausreichend berücksichtig
Eine weitere Kritik betrifft die Berechnung der Voremissionen bei der Treibstoffproduktion. Neue Forschungen über das Abfackeln und andere Quellen von Treibhausgasemissionen hätten gezeigt, dass die Emissionen im Zusammenhang mit der Herstellung von Benzin und Diesel größer sind als bisher angenommen. "Um die Produktion von Treibstoff zu berücksichtigen, sollten bei Verbrenner-Autos, die mit Benzin fahren, die angenommen CO2-Emissionen um 30 Prozent erhöht werden. Autos, die mit Diesel fahren, sollten 24 Prozent zu ihren Auspuffemissionen hinzufügen."
Zu guter Letzt bemängeln die Autoren einen "fehlenden Blick in die Zukunft" . Denn bei der Bewertung von Elektroautos müsse stärker berücksichtigt werden, dass die gesamte Lieferkette künftig kohlenstoffarm werden solle. "Das bedeutet, dass der 'Klimarucksack' sowohl bei konventionellen als auch bei Elektrofahrzeugen sehr klein wird. Was bleibt, ist der CO2-Ausstoß während der Fahrt" . Abschließend stellt die Studie fest, "dass ein Energiesystem mit genügend erneuerbarem Strom zu Elektrofahrzeugen führt, die mindestens zehnmal weniger CO2 ausstoßen als Autos, die mit Benzin, Diesel oder Erdgas fahren" .
Elektroautos schon jetzt klimafreundlicher
Auf Basis dieser Annahmen berechnen die Autoren anhand dreier Beispiele, dass Elektroautos verschiedener Größen bereits nach rund 30.000 km klimafreundlicher als vergleichbare Verbrennermodelle sind. So ist das im Vergleich zwischen einem E-Golf und einem Toyota Prius 1.8l nach 28.000 km der Fall. Ein Tesla Model 3 braucht verglichen mit einem Mercedes C 220d demnach 30.000 km, um den höheren Energieaufwand bei der Produktion auszugleichen. Noch schneller geht es beim Vergleich zwischen einem Porsche Taycan S und einem Bugatti Veyron: Schon nach 11.000 km ist der Porsche klimafreundlicher.

Nach Ansicht der Forscher sind Elektroautos daher in der Lage, das CO2-Problem im Autoverkehr zu lösen. "Kohlendioxidemissionen sind eine grundlegende Eigenschaft von Verbrennungsmotoren, die niemals verschwinden wird. So wie Pferde Mist produzieren, produzieren Verbrennungsmotoren CO2" , schreiben die Autoren. Dies bedeute jedoch nicht, dass Elektroautos Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel ersetzen sollten. "Autos haben andere Nachteile, wie ihre Unvereinbarkeit mit dichten und sicheren Städten, ihren Ressourcenbedarf und die Auswirkungen auf die Ökologie, die mit der Ressourcennutzung verbunden sind. Aber Elektroautos könnten sicherlich konventionelle Autos ersetzen und dabei die Treibhausgasemissionen von Autos weitgehend eliminieren" , heißt es abschließend.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer begrüßte die Ergebnisse der Studie. "Natürlich ist Rad- und Zugfahren klimafreundlicher, aber wenn es nicht ohne Auto geht, ist das Elektroauto fürs Klima viel besser als Benziner oder Diesel" , sagte Krischer und fügte hinzu: "Und der Fahrspaß ist definitiv ein anderer als im rappeligen Diesel. Die Reichweitenfrage hat ein amerikanisches Unternehmen längst für den Alltag gelöst, während die deutsche Automobilindustrie noch diskutiert."



