Struktrurwandel: IT soll jetzt die Kohle nach Cottbus bringen
In Cottbus wird bald der letzte große Braunkohle-Tagebau zum Badesee. Die ansässige Wirtschaft sucht nach neuen Geldquellen und will die Stadt zu einem wichtigen IT-Standort machen. Richten könnten das die Informatiker der Technischen Uni - die werden aber direkt nach ihrem Abschluss abgeworben.

Es ist Fashion-Week in Berlin. Frauen in neonfarbenen Kunstpelzen hasten telefonierend über den Bahnhof. Gleis 1 wirkt dagegen bodenständig: Informatik-Studenten warten auf die Regionalbahn, die sie von Montag bis Freitag nach Cottbus befördert. Sie zuckeln eineinhalb Stunden durch die verschneiten Brandenburger Landschaften, vorbei an Wäldern, Bauernhäusern und Funklöchern bis kurz vor die polnische Grenze. Weil die Fahrt kaum länger dauert als von Marzahn nach Spandau sprechen sie von Cottbus als Berliner Speckgürtel.
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Studentin Hannah aus Irland, graue Stricksocken und roter Pilzkopf, nutzt die Stunde im Zug für ihr Referat, tippt auf dem Laptop und hebt ab und zu den Kopf, um aus dem Fenster zu schauen. Cottbus mag sie mittlerweile lieber, als sie zu Anfang dachte. "Ich kannte die Stadt nur aus der Zeitung, hatte ein schlechtes Bild und dachte sofort an Platte und Rechte", sagt sie. "Aber die Uni ist sehr gut, ich liebe die Seen und die große alternative Szene, die es dort auch gibt."
Die Gründe, die für die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) sprechen, sind für viele Studenten ähnlich: die Nähe zu Berlin, eine Bude für 200 Euro oder ein kostenfreies Ticket zum Pendeln, Studiengänge, in denen Dozenten einen mit Namen kennen und ein hervorragender Ruf, besonders für Informatiker. Internationale Konzerne konkurrieren mit ortsansässigen IT-Betrieben um die abgezählten Absolventen. Dabei steht für die Cottbuser viel auf dem Spiel. Sie brauchen Nachwuchs, um den Strukturwandel zu überstehen.
Cottbus goes internet
Bald wird der letzte große Braunkohle-Tagebau zum Ostsee geflutet, dem größten künstlichen See Deutschlands mit eigenem Hafen und Pensionen für Touristen. Es droht ein Bevölkerungsschwund wie nach der Wende, als 25.000 Menschen fortzogen. Gelingt es aber Digitale Stadt Cottbus zu werden, so ist man sich einig, kehrt sich diese Negativtendenz ins Positive um.
Dank historischer Beziehungen in Richtung Estland, Polen und Tschechien könnte man zu einem geografisch günstigen IT-Standort im Osten Deutschlands heranwachsen. Gustav Lebhart, IT-Leiter der Stadt Cottbus, prophezeit in seiner Entwicklungsprognose sogar einen Bevölkerungszuwachs von 100.000 auf 114.000 Einwohner, wenn die Vision Digitale Stadt erfolgreich umgesetzt wird. Oberbürgermeister Holger Kelch sagte in seiner Neujahrsansprache 2019 eindringlich, dass man Cottbus für junge Menschen und Firmen anziehend machen müsse.
Im Leitbild 2032 heißt es dazu: "Unsere weltoffene Einstellung in einer internationalen Stadt schafft ein günstiges kulturelles und mentales Umfeld für Gründer, Zuzügler, künftige Fachkräfte und Studierende." Und weiter: "Die Bürger werden bei der Digitalisierung, beim Ausbau und Förderung der Elektromobilität sowie zukunftsfähiger Energien (...) eingebunden." In einem Smart-City-Entwurf werden konkrete Pläne umrissen: Der Verkehr bekommt eine gebündelte App für Busse, Bahnen, Parkplätze und Leihfahrzeuge. Auch die Stadtverwaltung wird nach Tallinner Vorbild digital, indem Online-Bürgerkonten Ämtergänge überflüssig machen. Und das schnelle Internet soll natürlich auch nach Südbrandenburg kommen. Bis Sommer 2019 will die Telekom in Cottbus ihren VDSL-Ausbau abgeschlossen haben.
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''Erst mal keine üble Idee!'' |
Danke für den Tipp. Das wusste ich auch noch nicht. Von Cottbus nach Görlitz fährt ja...
das die Mieten in der Innenstadt teurer sind is doch normal, ist bei jeder Innenstadt so...
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