Kraftwerksleistung könnte zu niedrig sein
Würde an einem Wintertag die Hälfte der 20 Millionen Haushalte, die derzeit in Deutschland mit Gas heizten, nur ein einziges elektrisches Heizgerät mit 2.000 Watt in Betrieb nehmen, komme man überschlägig zu einem zusätzlichen elektrischen Verbrauch von rund 20 Gigawatt, schreibt der VDE.
Das entspreche einem Viertel der aktuellen Jahreshöchstlast von 80 Gigawatt in Deutschland. Das könnten laut VDE weder die Stromnetze noch die vorhandenen Kraftwerke leisten, zumal Gaskraftwerke in einer Gasmangellage ebenfalls nicht verfügbar wären. Ähnliche Probleme hat beispielsweise das Atomkraftland Frankreich regelmäßig im Winter. Dort wurden beispielsweise im Winter 2012 zeitweise mehr als 100 Gigawatt an Strom benötigt, obwohl das Land etwa 15 Millionen weniger Einwohner als Deutschland hat. Auch im April 2022 gab es Probleme, obwohl die Spitzenleistung mit mehr als 70 Gigawatt erheblich niedriger lag.
Was ist bei Elektroautos anders?
Doch warum ist das alles kein Problem, wenn in den kommenden Jahren jährlich Millionen neuer Elektroautos auf die Straße kommen sollen? So fragte der frühere Berliner Landesvorsitzende der rechtsextremen AfD, Georg Pazderski, auf Twitter: "Die deutschen Bürger werden davor gewarnt, dass die vielen gekauften elektrischen Heizgeräte zu einer Überlastung des Stromnetzes und damit zu Blackouts führen könnten. Dann frage ich mich, wie wollte man eigentlich die angestrebten Millionen Elektroautos mit Strom versorgen?"
Die Frage ist verhältnismäßig einfach zu beantworten, auch wenn in der Diskussion um Elektroautos bisweilen mit irreführenden Zahlen argumentiert wurde. So machte der ZDF-Journalist Harald Lesch vor einigen Jahren die Rechnung auf, dass das Stromnetz niemals die Leistung liefern könne, um das Aufladen der Akkus zu garantieren. Die bereitgehaltene Kraftwerksleistung müsse dazu um das Fünffache von derzeit 68,5 Gigawatt auf 350 Gigawatt gesteigert werden.
Falsche Ladeszenarien
Dabei ging Lesch davon aus, dass eine Million Elektroautos gleichzeitig an eine Schnellladesäule mit 350 Kilowatt angeschlossen werden könnten. Eine ähnliche Rechnung hatte der Diplomphysiker und Kabarettist Vince Ebert in einer Kolumne vom März 2017 aufgestellt.
Dabei ging Ebert anders als Lesch davon aus, dass zunächst nur 100.000 Autos gleichzeitig mit 350 Kilowatt geladen würden. Dafür wären 35 Gigawatt nötig. In einer weiteren Rechnung setzte er voraus, dass bei 60 Millionen Elektroautos in Deutschland diese alle zwei Tage eine halbe Stunde ans Netz gehen müssten. Dafür seien dann "140 neue Kraftwerke oder 220.000 Windräder oder eine Fotovoltaikanlage von der Größe des Saarlands" erforderlich.
Keine 100.000 Schnellladepunkte geplant
Die Vorstellung ist jedoch völlig absurd, dass eine Million Schnellladesäulen mit 350 Kilowatt in Deutschland bereitgestellt werden müssten. Solche Säulen sind vor allem entlang der Autobahnen sinnvoll und erforderlich. Gerade nachts können Elektroautos mit deutlich weniger Leistung langsam aufgeladen werden. Zudem lässt sich mit Hilfe von Lastmanagement eine Überlastung des Stromnetzes vermeiden.
Bei seiner zweiten Rechnung setzte Ebert voraus, dass ein Elektroauto alle zwei Tage rund 175 kWh nachlädt. Das würde eine Fahrleistung von rund 150.000 Kilometern im Jahr ergeben - was völlig unrealistisch ist. Es ist daher kein Zufall, dass die Energieversorger keine besonderen Probleme für ihre Netze erwarten, wenn es künftig viel mehr Elektroautos geben sollte.
Zumindest Lesch hat seine Ansichten inzwischen geändert und wirbt in einem Video vom April 2022 ausdrücklich für Elektroautos als klimafreundlichere Alternative zum Verbrenner. Darin weist er auch darauf hin, dass selbst bei 15 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 der jährliche Strombedarf um weniger als zehn Prozent steigen werde.
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Stromversorgung: Ein Elektroauto ist kein Heizlüfter | Netze müssen nachgerüstet werden |
Nur heizt niemand den ganzen Tag lang und ausschließlich mit Heizlüfter.
Weil es Lieferverträge gibt und diese Länder normalerweise zu Ihren Verpflichtungen stehen.
Der Trend geht doch eh zum dritt Auto.
könnten wir jetzt auch üüber solar energie, windkraft, gezeitenkraftwerke oder erdwärme...
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