Streit um Atomstrom: EU legt Regeln für grünen Wasserstoff vor

Kann grüner Wasserstoff künftig auch aus Atomstrom hergestellt werden? Wegen neuer EU-Regeln gibt es Streit zwischen Berlin und Paris.

Artikel veröffentlicht am , /dpa
Die EU-Kommission legt neue Regeln für die Wasserstoffproduktion vor.
Die EU-Kommission legt neue Regeln für die Wasserstoffproduktion vor. (Bild: Timm Reichert/Reuters)

Die EU-Kommission hat Regeln für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff vorgelegt. "Klare Vorschriften und ein zuverlässiges Zertifizierungssystem sind von entscheidender Bedeutung dafür, dass sich dieser aufstrebende Markt in Europa entwickeln und etablieren kann", sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson am 13. Februar 2023 in Brüssel.

Um sich von fossilen Energien zu lösen, will die EU bis 2030 erneuerbaren Wasserstoff im Umfang von 10 Millionen Tonnen erzeugen und ebenso viel importieren. Schätzungen der Kommission zufolge werden für die geplante Wasserstoffproduktion 500 Terawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Quellen benötigt. Das entspreche 14 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der EU.

Grüner Wasserstoff aus Atomstrom möglich

Umstritten ist, dass die EU-Kommission es mit ihren Vorgaben möglich machen will, dass Wasserstoff unter bestimmten Umständen mit Strom aus Atomkraft produziert werden kann. Dafür hatte sich Frankreich eingesetzt.

Aus der Bundesregierung kam Widerstand. Die klare Haltung des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums sei, dass Atomkraft keine erneuerbare Energie sei und dass Wasserstoff, der aus Atomstrom erzeugt werde, kein grüner Wasserstoff sei, sagte ein Sprecher. Mit dieser Position gehe Deutschland in die Debatte. Der EU-Abgeordnete Michael Bloss (Grüne) sprach von "Labelbetrug". Es sei ein Skandal, dass die Kommission Wasserstoff aus Atomstrom als "grün" bezeichnen wolle.

Allerdings hatten Frankreich und Deutschland in einer gemeinsamen Erklärung vom 23. Januar 2023 festgehalten: "Wir werden außerdem sicherstellen, dass sowohl erneuerbarer als auch kohlenstoffarmer Wasserstoff bei den europäischen Dekarbonisierungszielen berücksichtigt werden kann." Medienberichten zufolge droht Frankreich nun damit, die Verlängerung der geplanten spanisch-französischen Wasserstoffpipeline H2Med nach Deutschland zu blockieren.

Neue Anlagen zur Stromproduktion

Konkret legte die EU-Kommission unter anderem fest, unter welchen Bedingungen Wasserstoff oder wasserstoffbasierte Kraftstoffe als erneuerbar gelten. Zudem gab die Behörde vor, dass Anlagen, die Wasserstoff erzeugen, an neue Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen angeschlossen werden müssen. Dies soll dazu beitragen, die Menge an erneuerbarer Energie im Netz zu erhöhen, und verhindern, dass die Stromerzeugung unter Druck gerät.

Zu der Frage, ob Wasserstoff aus Atomstrom als erneuerbar gelte, verwies die Kommission in einem FAQ auf das im Dezember 2021 vorgeschlagene Paket zur Dekarbonisierung der Wasserstoff- und Gasmärkte. Demnach gelte Wasserstoff als CO2-arm, wenn dieser "aus nicht erneuerbaren Quellen stammt und während seines gesamten Lebenszyklus mindestens 70 Prozent weniger Treibhausgasemissionen erzeugt als fossiles Erdgas".

Weil der Strombedarf für die Erzeugung von Wasserstoff stark zunehmen wird, legte der sogenannte delegierte Rechtsakt vom Montag zudem fest, dass erneuerbarer Wasserstoff nur zu Zeiten und an Orten erzeugt werden darf, an denen genügend erneuerbare Energie zur Verfügung steht. Die Vorschriften sollen stufenweise eingeführt und mit der Zeit strenger werden. Eine Übergangszeit soll dafür sorgen, dass die Zahl der Elektrolyseure steigt. Die Kriterien sollen sowohl für heimische Erzeuger als auch für Importeure aus Drittstaaten gelten.

In einem zweiten Rechtstext legte die EU-Kommission eine Methode zur Berechnung der Treibhausgasemissionen unter anderem von Wasserstoff fest. Diese soll auch Emissionen in Zusammenhang mit der Entnahme von Strom aus dem Netz oder mit der Beförderung zum Endverbraucher umfassen. Die EU-Staaten und das Europaparlament haben nun zwei Monate Zeit, die Rechtsakte zu prüfen und sie dann entweder anzunehmen oder abzulehnen. Änderungen sind nicht möglich.

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