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Strange New Worlds Folge 1 bis 3: Star Trek - The Latest Generation

Strange New Worlds kehrt zu episodenhaften Geschichten zurück und will damit Star-Trek -Fans alter Schule abholen. Das gelingt mit Bravour. Achtung, Spoiler!
/ Oliver Nickel
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Strange New Worlds zeigt die USS Enterprise NCC-1701 von ihrer besten Seite. (Bild: Paramount)
Strange New Worlds zeigt die USS Enterprise NCC-1701 von ihrer besten Seite. Bild: Paramount

Achtung! Wir besprechen in dieser Rezension Charaktere und Auszüge der ersten drei Folgen von Star Trek: Strange New Worlds. Wer nichts wissen möchte, bevor er es selbst schaut, sollte ab hier nicht weiterlesen.

Star Trek: Discovery und Star Trek: Picard kommen bei besonders eingefleischten Fans nicht besonders gut an. Auf der einen Seite wird eine komplett vom eigentlichen Universum abgekoppelte Geschichte mit viel Pathos erzählt - wie es aktuell bei Discovery der Fall ist. Auf der anderen Seite hat die zweite Staffel von Star Trek: Picard nicht mehr viel mit Star Trek zu tun - trotz Patrick Stewart, Jeri Ryan, Brent Spiner und anderen bekannten Schauspielern, die im 20. Jahrhundert in Star Trek zu echten Ikonen wurden.

Viele ältere Trekkies, die sich neue Spin-offs der Serie anschauen, sehnen sich daher nach der bekannten Star-Trek-Formel mit starken und nachvollziehbaren Charakteren, Humor und familiären Banden zwischen Crewmitgliedern. Ebenfalls besonders: Diese Familie arbeitet typischerweise Folge für Folge am Science-Fiction-Problem der Woche, an Geschichten, die sich über 40 Minuten, nicht über zehn Folgen spannen. Zu dieser Formel will die neue Serie Star Trek: Strange New Worlds zurückkehren. Wir können nur sagen: Das ist in den ersten drei Folgen gelungen.

Die neue Spin-off-Serie schließt an Ereignisse an, die sich innerhalb von Star Trek: Discovery abspielen. Die Crew der USS Enterprise NCC-1701, ja: genau die, erlebt unter Führung von Captain Christopher Pike (Anson Mount) neue Abenteuer in unendlichen Weiten. Mit dabei sind Figuren, die wie Darth Vader und Luke Skywalker aus Star Wars mittlerweile fester Bestandteil der Popkultur sind: Wissenschaftsoffizier Spock (Ethan Peck), Krankenschwester Christine Chapel (Jess Bush) und Kommunikationsoffizierin Nyota Uhura (Celia Rose Gooding).

Alles im Lot auf der Enterprise?

Zu den bekannten Charakteren gesellen sich einige neue Figuren, die teilweise mit Charakteren aus Star-Trek-Filmen und Serien in Verbindung stehen. Sicherheitschefin La'an Noonien-Singh (Christina Chong) ist etwa mit dem genetisch manipulierten Superbösewicht Khan Noonien Singh verwandt, während zu Beginn der Serie ein weiteres Mitglied mit bekanntem Nachnamen der Crew der Enterprise beitritt.

StarTrek Strange New Worlds Staffel 1 -Trailer
StarTrek Strange New Worlds Staffel 1 -Trailer (01:53)

Es ist aber nicht alles so an Bord der Enterprise, wie es Veteranen gewohnt sind. Schließlich spielt Strange New Worlds noch vor den Ereignissen von Star Trek: The Original Series. Uhura startet etwa als junge Kadettin, die sich ihrer Zukunft bei der Sternenflotte unsicher ist. Spock ist nicht der zweite Offizier. Diese Rolle übernimmt natürlich Una Chin-Riley (Rebecca Romijn). Sie steht als Nummer Eins Pike zur Seite, wie sie es bereits in Star-Trek: TOS getan hat.

Statt Montgomery Scott bekommt das Raumschiff zudem einen anderen Chefingenieur. Der blinde Aenar(öffnet im neuen Fenster) Hemmer (Bruce Horak) ist mit seinem sarkastischen Unterton direkt einer unserer Lieblingscharaktere.

Generell legt Strange New Worlds etwas mehr Wert auf ausgeprägte Charaktere und ihr Zusammenspiel. Entsprechend unterhalten sich Figuren weniger über Warpspulen, Sub-Quantenzustände, Feldmuster oder andere technische Errungenschaften des 23. Jahrhunderts, sondern zunächst über ihre Emotionen, ihre teilweise überraschende Vergangenheit und ihre Motivationen als Offiziere der Föderation.

Dabei verzichtet die Neuinterpretation auch auf die ein wenig angestaubt wirkenden Shakespeare-Referenzen oder die klassischen Violinenkonzerte von Star Trek: The Next Generation. Das wird durch Barbecue-Parties und simple After-Work-Zusammenkünfte ersetzt. Die Crew der Enterprise wirkt dadurch menschlicher und weniger abgehoben, was wir sehr begrüßen.

Zurück zu Geschichten in 40 Minuten

Zumindest in den ersten drei Folgen wird jeweils eine der Hauptfiguren mehr in den Mittelpunkt gerückt, während die gesamte Crew parallel an teilweise schwierigen Problemen der Woche arbeitet. Wir als Zuschauer bekommen so von allen wichtigen Figuren genug Hintergrundstory und Eigenheiten vermittelt, ohne dass ein Charakter dauerhaft vernachlässigt wird.

So werden fragwürdige und für uns kaum emotionale Momente wie in Star Trek: Discovery vermieden. Diese Serie konzentrierte sich zu Beginn viel zu sehr auf ihren Hauptcharakter und vernachlässigte die Brückencrew. In Strange New Worlds fühlen wir viel mehr mit, wenn eine Figur in Gefahr ist oder eine brillante Idee für die Lösung eines Problems hat.

Generell funktionieren die episodenartigen Geschichten für uns im Star-Trek-Kontext weit besser als die staffelübergreifenden Storys aus Discovery und Picard. Vor jeder Folge sind wir aufs Neue gespannt, mit welchen Spezies und Kulturen Captain Pike und sein Team dieses Mal in Kontakt kommen. Zugleich können alle Charaktere einmal zeigen, warum sie zu den besten Offizieren der Sternenflotte gehören.

Auch in Sachen Optik können wir bisher nur Lob aussprechen: Die großartigen CGI-Effekte, das Setdesign und Kostüme treffen hier auf eine modernisierte Kameraführung und Beleuchtung. Kaum eine Star-Trek-Serie hat bisher so gut ausgesehen.

Star Trek in schön

Wir können von Star Trek: Discovery halten, was wir wollen, die CGI-Effekte gehören definitiv zu den Stärken der Serie. Da wundert es nicht, dass Strange New Worlds gleichziehen kann, steckt hinter der Serie doch das gleiche Produktionsteam. Die Enterprise NCC-1701 sieht einfach klasse aus, ohne ihren Retro-Charme der 60er Jahre zu sehr einzubüßen. Das sehen wir auch an den neu designten Uniformen, die mit ihren Schulterpolstern an eine vergangene Ära erinnern.

Die Kostüme passen wunderbar ins Setting und werden durch diverse interessante Details ergänzt. Das Set der Enterprise wirkt mit Hilfe von CGI belebter: Computer zeigen nicht mehr nur starre Lichter an, die Beleuchtung wirkt futuristisch und stimmig zugleich und der Maschinenraum der Enterprise ist durch Computereffekte größer als je zuvor.

CGI und praktische Effekte ergänzen sich

Durch CGI ist es zudem möglich, wesentlich dynamischere Weltraumszenen zu filmen. So weicht die Enterprise in einer Folge diversen Asteroiden und dem Plasmafeuer eines feindlichen Raumschiffes aus. Das ist adrenalingeladene Action, die den besten Raumschlachtszenen in Star Wars oder den Star-Trek-Kinofilmen der Kelvin-Zeitlinie Konkurrenz macht.

Gleiches gilt für die tollen Alien-Designs. Das Produktionsteam von Strange New Worlds setzt auf eine Mischung aus praktischen Masken und computergenerierten Effekten. Die sorgen für mehr Leben in Gestik und Mimik und lassen die schon so sehr beeindruckenden Masken noch einmal dynamischer wirken, ähnlich wie es Industrial Light and Magic in aktuellen Star-Wars-Serien wie The Mandalorian geschafft hat.

Wenn wir genau hinschauen, sehen wir die moderne Kameraführung und Beleuchtung im Vergleich zu älteren Star-Trek-Serien direkt. Statt auf Schuss-Gegenschuss-Aufnahmen und starre Kamerawinkel setzt das Produktionsteam viel mehr auf Kamerafahrten und bewegte Bildausschnitte. Strange New Worlds, wie alle neueren Star-Trek-Serien, wirkt daher weniger wie eine Aneinanderreihung mehrerer Setbühnen, sondern mehr wie ein kohärentes und lebendiges Universum.

Captain Pike hat kein Problem mehr mit Frauen auf der Brücke

Aber nicht nur optisch, sondern auch charakterlich sollte sich eine Serie dem 21. Jahrhundert anpassen. Figuren in Strange New Worlds sind (logischerweise) weit progressiver, als es etwa in Star Trek: TOS der Fall war.

Der gegenüber Frauen auf der Brücke skeptische Captain Pike ist Geschichte und wird durch einen wesentlich passenderen Pike ersetzt, der seine eigenen Fehler eingesteht und sich Feedback von allen Offizieren der Crew einholt. Zudem ist er auf der Brücke von divers dargestellten Menschen umgeben: War etwa Uhura in TOS noch die einzige Frau auf der Brücke, dreht Strange New Worlds den Spieß um, ohne dabei aufdringlich zu wirken.

Eine gut durchmischte Crew vermeidet auch einige Probleme von Star Trek: The Next Generation, wo sich Frauen in vielen Fällen nur über ihre Beziehungen mit Männern unterhalten oder - wie etwa die Mutter von Deanna Troy - regelrecht nur zum Flirten geboren wurden. In dieser Hinsicht ist die Serie mit Captain Jean-Luc Picard nicht gut gealtert.

Strange New Worlds schafft es hingegen, das episodenbasierte Science-Fiction-Problem der Woche und den Kern von Star Trek zu erhalten und diese faszinierende Formel auch heranwachsenden Fans spannend zu vermitteln. Es braucht eben mehr Trekkies in dieser Welt.

Strange New Worlds Episode 1 bis 3 - Verfügbarkeit und Fazit

Star Trek: Strange New Worlds wird derzeit auf dem Streamingdienst Paramount+ im Wochentakt ausgestrahlt. Jeden Donnerstag um 9 Uhr morgens (CEST) kommt eine neue Folge heraus. Bisher sind zehn Folgen für die komplette erste Staffel abgedreht. Eine zweite Staffel ist bereits in Arbeit.

Europäische User haben bisher keinen Zugriff auf die Serie. In Deutschland wird der Release erst für Ende 2022 erwartet. Bisher gibt es keinen genauen Releasetermin und auch keine deutschsprachige Synchronisation.

Fazit

Bei all den neuen Star-Trek-Serien haben es Paramount und CBS irgendwie nicht geschafft, auch Veteranen des Franchises wirklich abzuholen. Strange New Worlds hat das Potenzial, genau das doch noch zu erreichen.

Das liegt vor allem daran, dass die Serie zur bekannten und funktionierenden Formel zurückkehrt, auf große staffelübergreifende Storys verzichtet und stattdessen episodenartige Geschichten erzählt. Bisher konnten wir so einen viel besseren Einblick in die Crew der Enterprise NCC-1701 bekommen.

Das Team unter Captain Pike ist nämlich ein interessantes. Von der noch unsicheren Uhura über die leicht überhebliche Schwester Chapel bis hin zum sarkastischen Chefingenieur Hemmer: Wir bekommen diverse Charaktere mit teilweise interessanten und überraschenden Hintergründen zu sehen. Das funktioniert viel besser als der Fokus auf eine Protagonistin in Discovery oder die Rückkehr von alten Ikonen wie in Star Trek: Picard.

Das moderne 21. Jahrhundert geht aber nicht an der Crew der Enterprise vorbei. Durch eine Mischung aus praktischen Masken und Computereffekten macht Strange New Worlds optisch einiges her. Gleichzeitig gibt es weniger Technobabble und mehr zwischenmenschliche Interaktion.

Zumindest die ersten drei Folgen von Strange New Worlds machen vieles richtig. Hoffen wir, dass die Enterprise ihren Kurs beibehält.


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