Sexting unter Jugendlichen gilt als Kinderpornografie
Zudem müsse man bei den Jugendlichen zwischen den möglichen Delikten differenzieren. So könne es "sich um Minderjährige handeln, die tatsächlich beispielhaft im Darknet kinderpornografische Inhalte herunterladen, teilen oder gar bewusst anfertigen. Diese Variante halte ich persönlich für die seltenste", erklärt Rüdiger.
Es könne sich aber auch um Minderjährige in einer Chatgruppe handeln: "Wenn hier irgendjemand kinderpornografische Sticker, GIFs oder andere Medien postet, kann der Anfangsverdacht des Besitzes faktisch für alle Teilnehmer dieser Gruppe bestehen."
Hintergrund sei hier die automatische Downloadfunktion für Medien, die anschließend alle Teilnehmer auf ihren Smartphones hätten. So liefen etwa im Zusammenhang mit einem Fall in Dortmund gegen 400 Schüler wegen Chatdelikten Ermittlungen. Diesen Fall hält Rüdiger für den relevantesten, da hier gegen sehr viele Personen auf einmal Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet wurden.
Eine weitere Möglichkeit sei Sexting unter Jugendlichen, also wenn beispielsweise "ein 13-jähriges Mädchen an ihren 14-jährigen Freund ein entsprechendes Nacktbild von sich sendet, dann kann hier ein 'kinderpornografischer Inhalt' entstehen, ohne dass man automatisch von Gewalt oder einem Machtgefälle sprechen kann", sagt Rüdiger. Diese Tatsache spiegle sich aber noch nicht hinreichend in der kriminalpolitischen Diskussion wider.
Mit Chatkontrolle werden eher Jugendliche erwischt
Das würde sich mit der geplanten Chatkontrolle weiter verschärfen. Mit dieser sollen beispielsweise ausgetauschte Inhalte über Messenger oder Social Media auf kinderpornografische Inhalte gescannt werden.
Bei solchen vollautomatisierten Kontrollen würden im Zweifel die erwischt, die sich der Strafbarkeit gar nicht bewusst sind: die Minderjährigen. Während die Tätergruppierungen, um die es der Gesellschaft geht, tendenziell mehr Aufwand betrieben, um ihre Identität zu verschleiern und die Delikte entsprechend schwereer aufzuklärbar zu machen, betont Rüdiger.
Was getan werden müsste
Man müsse den Umgang mit dem Phänomen kriminalpolitisch neu denken, meint Rüdiger. Derzeit sei die rechtliche Lage was die Anzeige von Vorfällen in Chats, aber auch das Sexting unter Jugendlichen angehe, schwierig. So könne es zu einem Problem werden, wenn beispielsweise Schüler gegen einen kinderpornografischen Inhalt in einer Chatgruppe vorgehen wollen und diesen beispielsweise an die Eltern oder Lehrer weiterleiten oder Screenshots erstellen.
Dann könne zunächst gegen alle Beteiligten ein Anfangsverdacht wegen Besitz, Anfertigen oder Verbreiten von kinderpornografischen Inhalten bestehen. Die Polizei sei im Zweifel aufgrund des Legalitätsprinzips verpflichtet, gegen alle ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Es sei daher ratsam, zuerst die Polizei zu informieren und deren Anweisungen zu folgen, statt beispielsweise selbst Screenshots anzufertigen, so Rüdiger. Sehr wichtig sei aber auch die frühzeitige Vermittlung von Medienkompetenz.
Bei der Verfolgung würde bisher zudem wenig beachtet, was das mit den Minderjährigen mache, wenn sie mit einem der schwersten Vorwürfe konfrontiert werden, die das Strafrecht kenne: "Allein dafür, dass sie in einem Chat waren, in dem jemand anderes das gepostet hat? Oder dafür, dass sie gleichberechtigtes Sexting betrieben haben?", fragt Rüdiger. Man müsse den Tatbestand dringend der Realität anpassen, damit nur die Tätergruppierungen erfasst werden, um die es gehe: "Minderjährige im Rahmen ihrer gleichberechtigten sexuellen Entwicklung untereinander sollten nicht vom Strafrecht erfasst werden."
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Polizei: Wenn Sexting zur Kinderpornografie wird |
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Nein. Denn es ist ein Unterschied, ob's um Kinderpornografie (§ 184b StGB) oder...
Besser? Der Vergleich ist schlicht unangebracht. Mit ein ganz klein wenig Polizeiarbeit...
sorry, aber wenn du ernsthaft glaubst, das ein 14Jähriges Mädchen sich nicht für einen 16...
Wen das Verfahren vor Gericht ist, reicht ein einfacher Widerruf wohl nicht mehr aus...
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