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Star-Wars-Fandom: Die neue Wertschätzung und die alte Toxizität

Über den toxischen Zustand des Star-Wars-Fandoms wird viel geschrieben, doch wie hat es angefangen? Ende des letzten Jahrtausends und unter medialer Beteiligung.
/ Peter Osteried
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Star Wars hat eine große, mitunter auch toxische Fangemeinde. (Bild: Martin Wolf /Golem.de)
Star Wars hat eine große, mitunter auch toxische Fangemeinde. Bild: Martin Wolf /Golem.de

In den vergangenen Jahren ist ein neues Bewusstsein dafür entstanden, was toxisch ist - nicht nur in menschlichen Beziehungen, sondern auch im Umgang mit dem, was Fans lieben oder hassen. Es gibt Fans, die jeden neuen Star-Wars-Film und jede neue Serie ablehnen und der Meinung sind, dass George Lucas ihre Kindheit ''geschändet'' habe(öffnet im neuen Fenster) , auch wenn Lucas schon lange nicht mehr für sämtliches Star-Wars-Geschehen verantwortlich ist. Viele vertreten einen extrem puristischen Ansatz - die originale Trilogie ist sakrosankt, alles andere ist zum Abschuss freigegeben.

Dieses toxische Verhalten, das schon während der ersten Trilogie vorhanden war, verstärkte sich bei der dritten Trilogie extrem, denn hier ging die Enttäuschung über die angeblich so schlechten neuen Star-Wars-Projekte zunehmend mit einem rassistisch oder sexistisch konnotierten Mindset einher.

Mit unglaublicher Boshaftigkeit wurde zum Beispiel Kelly Marie Tran, die in Episode VIII und IX als Rose Tyco auftrat, in den sozialen Medien angefeindet und mit rassistischen und sexistischen Beleidigungen konfrontiert. Dem Hollywood Reporter erzählte sie(öffnet im neuen Fenster) , dass sie das in eine Therapie trieb. Eine gute Therapie war aber wohl auch, sich aus den sozialen Medien zurückzuziehen.

Bei Lucasfilm nahm man das lange hin und tat wenig - auch wenn ein Teil der Fanbase sich auf eine Weise gerierte, die den Verdacht nahelegte, dass diese Zuschauer hauptsächlich das Imperium abfeierten. Als nächste wurde Moses Ingram attackiert., die als Inquisitor Reva eine starke Darstellung in der neuen Disney+-Serie Obi-Wan Kenobi abliefert. Sie erlebte ähnliche Hasstiraden wie Kelly Marie Tran.

Nur: Diesmal trat Lucasfilm auf den Plan(öffnet im neuen Fenster) , Ewan McGregor sprach sich gegen diese Art von Fans aus(öffnet im neuen Fenster) und auch von den Star-Trek-Kollegen kam Unterstützung(öffnet im neuen Fenster) . In dem Lucasfilm-Statement heißt es: "Es gibt mehr als 20 Millionen empfindungsfähige Wesen in der Galaxis. Seid keine Rassisten!"

Selbst Ewan McGregor war sich zwischenzeitlich nicht sicher, ob er noch einmal zu Star Wars zurückkehren sollte. Denn er hatte am eigenen Leib die Negativität des Publikums erlebt. Für McGregor, selbst Fan, war die Rolle des Obi-Wan Kenobi in den drei Prequels so etwas wie ein wahrgewordener Traum. Die Reaktionen darauf waren jedoch vielfach das Gegenteil.

Star Wars Episode I: Story Featurette
Star Wars Episode I: Story Featurette (08:14)

Über Jahre wurde er bei Interviews immer wieder gefragt, ob er ein Trainspotting-Sequel in Betracht ziehe - und ob er noch einmal Obi-Wan Kenobi spielen würde. "Irgendwann wurde mir klar, dass die Prequels, die wir für eine ganz neue Generation von Zuschauern gemacht hatten, bei ihnen so beliebt waren wie die originalen Filme für das ältere Publikum" , sagte McGregor bei einer Pressekonferenz zur Mini-Serie Obi-Wan Kenobi(öffnet im neuen Fenster) .

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Noch einmal Obi-Wan - oder lieber nicht?

Als Episode I bis III veröffentlicht wurden, bekam er hingegen vor allem eines mit: die Kritik. "Damals gab es noch keine sozialen Medien, es gab keine direkte Art für die Fans, ihre Meinung zu kommunizieren, und die Fans waren Kinder. Für sie wurden diese Filme gemacht" , sagte McGregor und erinnerte sich an seinen ersten Kontakt mit Star Wars: "Als Episode IV herauskam, war ich sechs oder sieben. Ich werde nie vergessen, wie meine Beziehung zu den ersten drei Filmen begonnen hat - und am Ende habe ich mich deswegen entschlossen, wieder Obi-Wan Kenobi zu spielen. Die Menschen, die damals die Prequels sahen und mir sagten, dass sie diese Filme liebten, wenn ich sie traf, konnten gar nicht verstehen, dass ich dachte, sie wären nicht sehr beliebt."

Im Jahr 1999 musste man aber den Eindruck bekommen, dass der Film von allen gehasst wurde - kaum eine Zeitung, kaum ein Magazin ohne Verriss, und das galt auch für die wenigen Fanseiten im noch jungen Internet. Und bei den beiden Fortsetzungen war es nicht besser.

Prequels-Darsteller litten unter dem Bashing

Damals, so muss man in der Retrospektive sagen, wurde die Saat der heutigen Toxizität gelegt. Wer mit den ursprünglichen drei Filmen groß geworden war, war zu dem Zeitpunkt 20, 25, 30 oder 35 Jahre alt - und Die dunkle Bedrohung erzeugte bei ihnen eben nicht jenen Sense of Wonder, den sie als Kind bei den alten Filmen hatten.

Wie auch? Mitte 20 oder Mitte 30 ist schlicht kein Alter mehr, in dem ein Film ein die eigene Welt veränderndes Ereignis ist. Für diejenigen, die bei den neuen Star-Wars-Filmen Kinder waren, war das aber durchaus so.

Zwar fehlte damals noch der Rundumschlag durch die sozialen Medien, jedoch nahmen sich etablierte Medien und Zeitschriften nicht zurück. Schließlich waren die Journalisten jener Jahre die Leute, die als Kids die ersten Star-Wars-Filme liebten. Sicher, Jake Lloyd als junger Anakin Skywalker war kein begnadeter Schauspieler, aber was über ihn damals an Häme ausgeschüttet wurde, spottet jeder Beschreibung.

Newsweek nannte ihn ''Mannequin Skywalker''(öffnet im neuen Fenster) und befand, dass seine Leistung zum Himmel stinke. Bleibt die Frage, ob diese Behandlung über Jahre hinweg dem Zustand des Jungen förderlich war(öffnet im neuen Fenster) . Aus dem rücksichtslosen Bashing von heute scheint man mittlerweile gelernt zu haben: Für Kelly Marie Tran ergriff Newsweek Partei gegen die Internet-Trolle.

Ahmed Best, der Jar Jar Binks spielt, wurde von all der Toxizität fast in den Suizid getrieben. "Ich fühlte mich so allein. Und wenn man sich in einer Situation, die überwältigend ist, alleine fühlt, kommt man geistig an einen Ort, der sehr ungesund ist" , sagte er einmal(öffnet im neuen Fenster) . Best besann sich eines Besseren, seiner Karriere schadete der geballte Hass auf Jar Jar Binks dennoch.

Heute kann er auf diese Zeit zurückblicken und über sie sprechen, ohne die schmerzlichen Gefühle von damals zu empfinden. Zum ersten Mal seit 20 Jahren war Best im Jahr 2019 auf einer Star Wars Celebration Con - und als er die Bühne betrat, begrüßte ihn das Publikum mit Standing Ovations. Jar Jar Binks war bei älteren Zuschauern verhasst, die Kids liebten ihn und sie wuchsen damit auf.

Hayden Christensen als Anakin Skywalker erging es ähnlich wie Ahmed Best. Seine Darstellung sei peinlich gewissen, garniert mit reichlich Fremdschäm-Momenten, hörte man oft. Allerdings erwähnt kaum jemand, dass vor allem die Dialoge manche Szenen schmerzhaft machen - Christensen ist als Schauspieler durchaus gut.

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Prequels sind längst rehabilitiert, aber die Toxizität ist noch da

Er kann sich noch gut daran erinnern, wie das Fandom auf ihn reagierte. "Es wärmt mir das Herz, dass Star-Wars-Fans mich endlich mögen. Ich schätze, die Moral von der Geschichte ist, dass man Geduld haben muss," sagte er kürzlich(öffnet im neuen Fenster) . Die Dialoge, die George Lucas ihm gab, fand er übrigens gar nicht so schlecht(öffnet im neuen Fenster) .

Die erste Welle an Star-Wars-Toxizität wurde von den klassischen Medien angefacht - in der Frühzeit des Internets versprach so etwas auch Klicks. Damit wurde ein Biest geweckt, das sich nun nicht mehr zur Ruhe bringen lässt. Diese Gruppe an toxischen Fans mag nur ein kleiner Teil des Fandoms sein, er ist aber lautstark.

Die Prequels wurden längst rehabilitiert - vielleicht nicht bei den Oldtimern, die schon immer nur die Episoden IV bis VI gelten ließen, aber doch bei einem großen Teil des Publikums. Ob das auch für die ähnlich negativ bewertete Trilogie VII bis IX gilt, wird man wohl erst in ein bis zwei Jahrzehnten sehen. Offenbar muss man sich damit arrangieren, dass in diesen Zeiten Fandoms toxisch wirken können. Übrigens auch bei Star Trek, Marvel und vielen anderen. Star Wars hat das nicht exklusiv.


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