Stackit und XM Cyber: Wie der Lidl-Mutterkonzern zum IT-Unternehmen wird
Die IT-Unternehmungen der Schwarz-Gruppe werden immer größer. Ein KI-Park soll das noch weiter beschleunigen.

Wer an Lidl und Kaufland denkt, denkt in der Regel nicht an geheime IT-Sicherheitsräume, israelische Agenten oder amerikanische Tech-Giganten. Doch das Mutterunternehmen der beiden Supermarktketten, die Schwarz-Gruppe, stellt sich auch als IT-Dienstleister auf.
Der Konzern von Lidl-Gründer Dieter Schwarz investiert massiv in das profitable Cloud-Geschäft und gehört laut Branchenexperten bereits zu den größten deutschen Anbietern. Bald soll ein großer Forschungspark für künstliche Intelligenz (KI) folgen. Wie genau das Areal aussehen soll, gab das Unternehmen am 28. März bekannt.
Unterstützt durch Schwarz' Stiftung entstehen immer mehr Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Neben einem Bildungscampus, einer Programmierschule und etlichen Instituten nun auch der KI-Park, für den das Land Baden-Württemberg einen Standort gesucht hatte. Heilbronn bekam – unterstützt durch die Stiftung – den Zuschlag.
Auf rund 23 Hektar soll dort eine Art kreisrunder KI-Stadtteil entstehen, der Platz für rund 5.000 Beschäftigte bieten soll, wie die Projektverantwortlichen bei der Vorstellung mitteilten. Der Baustart ist für das Jahr 2024 angepeilt, in bestenfalls acht bis zehn Jahren soll das Gesamtprojekt stehen.
In einem ersten Schritt stehen dafür bis zu 50 Millionen Euro vom Land Baden-Württemberg zur Verfügung, weitere 50 Millionen sollen von der Stiftung kommen. Das Geld fließt unter anderem in ein Infozentrum in der Mitte des Areals. Insgesamt sind auf dem Gelände laut Entwurf über 30 Gebäude geplant. Stiftungsgeschäftsführer Reinhold Geilsdörfer sprach von einer "großen Investition", die von der Schwarz-Gruppe abgesichert sei, nannte aber keine konkrete Summe.
"Wir wollen hier ein Ökosystem bauen und die besten Köpfe im Bereich Cyber nach Heilbronn holen", sagte Rolf Schumann, Digitalchef der Schwarz-Gruppe. IT-Experten könnten sich heute die Jobs aussuchen, da müsse die Umgebung stimmen. Rund 7.000 Menschen arbeiten bereits bei der Schwarz IT und Schwarz Digital.
Security-Dienstleister dank Übernahme
Wenn Schumann in das Herzstück seiner Sicherheitsarchitektur führt, sieht es ein bisschen aus wie in einem Science-Fiction-Film. Steril wirkende Räume, Zugang nur über einen Scanner, der die Venenmuster der Hand erfasst – und auf einmal taucht hinter einer zuvor milchigen Glasscheibe ein riesiger Bildschirm voller Zahlen und Graphen auf. Davor sitzen ein paar Menschen an PCs und arbeiten die offenen Punkte ab. Oder eher: die Schwachstellen, die Angreifer als mögliches Einfallstor in die Systeme der Schwarz-Gruppe nutzen könnten.
"Die Systeme sind so komplex geworden, dass sie nicht mehr beherrschbar sind", sagte Schumann. "Die einzige Chance ist, das eigene System in Echtzeit zu simulieren und Schwachstellen hart zu priorisieren." Zuständig dafür ist eine Software des israelischen Sicherheitsspezialisten XM Cyber, den Schwarz Ende 2021 kaufte. Einer der Gründer ist laut Firmenhomepage der frühere Chef des Geheimdienstes Mossad, Tamir Pardo.
Mit der Technologie wollte Schumann vor allem sein Unternehmen vor Angriffen schützen. Doch in Zeiten, in denen immer wieder Mittelständler Opfer von Kriminellen werden, die Daten verschlüsseln und Lösegeld fordern, sieht der frühere Manager des kaum eine Autostunde entfernten Softwareriesen SAP auch ein Geschäftsmodell.
Seit Mitte 2022 bietet Schwarz daher die Dienste von XM Cyber auch anderen Firmen an. "Wir bekommen stetig neue Anfragen", erzählte Schumann. Wie viele Kunden bisher aufgesprungen sind, teilte er nicht mit. Er sei aber mit dem Wachstum sehr zufrieden. Zuletzt kamen unter anderen Verkehrsminister Volker Wissing und der ukrainische Ex-Boxer Wladimir Klitschko zu einer Cybersicherheitskonferenz nach Heilbronn.
Cloudplattform Stackit wächst schnell
Dabei ist das Thema nur eines der neuen Standbeine, die sich die Schwarz-Gruppe aufbaut. Denn auch als Cloudanbieter mit eigenen Rechenzentren in Deutschland macht sich Schwarz einen Namen. Stackit heißt die Cloudplattform, die das Unternehmen ursprünglich für sich selbst aufbaute – die Onlinesysteme von Lidl und Kaufland etwa laufen darüber. Seit einem Jahr stehen die Speicher aber auch Unternehmen und Verwaltungen offen.
Das Vorgehen erinnere ein bisschen an Amazon, das zuerst für sich selbst eine Lösung gesucht habe und dessen Clouddienst AWS nun zu den meistgenutzten Diensten weltweit gehöre, sagte Cloudexperte Lukas Klingholz vom IT-Branchenverband Bitkom. Es werde ein System, das zunächst nur für sich entwickelt worden sei, nach außen angeboten.
"Cloud ist nicht nur ein relevanter Markt mit einer hohen Marge, sondern auch ein Markt, der zunächst einmal hohe Investitionen erfordert. Da steigt man nicht mal eben als Start-up mit drei Leuten ein. Die Kosten für den Markteinstieg sind hoch."
Neben Anbietern wie der Deutschen Telekom und Ionos gehöre Stackit bereits zu den größten deutschen Firmen in dem Bereich. Darüber hinaus gebe es etliche kleinere Anbieter. Vor allem für Verwaltungen, für regulierte Industrien, aber auch für kleine und mittlere Unternehmen erhofften sich die Anbieter Potenziale.
An die Grenzen komme das Konzept aber, wenn es darum gehe, Daten auch global im Ausland abrufbar zu machen. Da hätten die weltweit tätigen Anbieter durch globale Verfügbarkeiten von Rechenzentren Vorteile, sagte Klingholz.
Der Chef der Schwarz-IT, Christian Müller, übt sich daher noch in Zurückhaltung. "Unser Ziel ist nicht, das nächste Amazon oder Google zu werden. Wenn es passiert, dann passiert es. Aber wir streben das nicht an." Es seien schon viele Mittelstandskunden auf Stackit unterwegs. Konkrete Zahlen nannte der Konzern auch hier nicht.
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Oder einfach normales Geschäftsverhalten im B@B-Bereich. Welchen ernstzunehmenden...
Jeder der Schwarz heißt, kann seine klitsche auch Schwarz nennen. Der Name muss sich...
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