Staatstrojaner: Piraten scheitern mit Verfassungsbeschwerde
Das Bundesverfassungsgericht wird nicht über den Einsatz von Staatstrojanern in Hessen entscheiden. Die Klage war inhaltlich zu dürftig.

Die hessische Piratenpartei hat erfolglos gegen die Nutzung von Überwachungssoftware durch hessische Behörden geklagt. Die entsprechende Verfassungsbeschwerde sei nicht zur Entscheidung angenommen worden, teilte das Bundesverfassungsgericht am 9. März 2022 mit. Die Beschwerde sei unzulässig, "weil die Möglichkeit einer Verletzung der gesetzgeberischen Schutzpflicht nicht hinreichend dargelegt ist", hieß es zur Begründung. Zudem seien andere Rechtswege nicht ausreichend ausgeschöpft worden (Az. 1 BvR 1552/19).
Hessens Polizei darf seit Juli 2018 mit Überwachungssoftware die Kommunikation von Verdächtigen abhören (Quellen-TKÜ) oder deren Endgeräte durchsuchen. Dabei ignorierten die hessischen Grünen als Koalitionspartner der CDU die Bedenken der Grünen-Bundestagsfraktion, was den Einsatz von Staatstrojanern betrifft. Dies gilt vor allem für die Frage, inwieweit der Staat zu diesem Zweck sogenannte Zero-Day-Exploits einsetzen sollte.
Dem Bundesverfassungsgericht zufolge haben die hessischen Piraten in ihrer Beschwerde nicht ausreichend dargelegt, warum der Gesetzgeber im Umgang mit Sicherheitslücken seine Schutzpflicht verletzt habe. Zu einer fundierten Beschwerde gehöre, "dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt werden und begründet wird, warum vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption ausgegangen wird", heißt es in dem Urteil vom 20. Januar 2022.
Jedoch setze sich die Beschwerde mit dem bestehenden gesetzlichen Regelungskonzept und seinen Defiziten in Hinblick auf die Erfüllung einer solchen Schutzpflicht kaum auseinander. Die Piraten gingen ebenfalls nicht auf Möglichkeiten ein, die angegriffenen oder weitere Normen so auszulegen, dass sie zur Erfüllung der Schutzpflicht beitragen könnten.
Karlsruhe fordert gesetzliche Regelung
Erst im Juni 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die deutschen Ermittlungsbehörden auf bislang unbekannte Sicherheitslücken für den Einsatz von Staatstrojanern zurückgreifen dürfen. Allerdings müsse der Umgang mit solchen Sicherheitslücken gesetzlich geregelt werden, um den "Zielkonflikt" zwischen Computerschutz und der Offenhaltung solcher Lücken für die Kommunikationsüberwachung aufzulösen.
Die neue Ampelkoalition auf Bundesebene will alle staatlichen Stellen verpflichten, ihnen bekannte Sicherheitslücken beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu melden und sich regelmäßig einer externen Überprüfung ihrer IT-Systeme zu unterziehen. Innerhalb des Schwachstellenmanagements soll man sich "immer um die schnellstmögliche Schließung bemühen". Ebenfalls soll der Staat keine Sicherheitslücken "ankaufen oder offenhalten". Damit würde die Ampelkoalition sogar noch über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus gehen.
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