Runensteine und ein Labyrinth
Wir unternehmen einen kleinen Zeitsprung - und schauen, was Roberts Gruppe 20 Stunden nach dem Jam-Start treibt. Am Samstagnachmittag sitzen die Entwickler hochkonzentriert in einem Seminarsaal des SAE Institute: Die Konzeptionsphase ist längst vorbei, jedes Teammitglied hat seine festen Aufgaben. Eine Grafikerin erstellt gerade die Texturen für die leuchtenden Runensteine, mit denen Spieler 1 den zweiten Spieler durch ein gefährliches Labyrinth schleusen soll. Ihre Kollegin zeichnet ein keltisch aussehendes Muster für das User Interface. Robert Hunecke hat derweil ein Organigramm vor sich, das die Abhängigkeiten der unterschiedlichen Spielbestandteile veranschaulicht: Als Producer achtet Robert darauf, dass das Projekt in allen Bereichen gleichmäßig vorankommt.
Zwei Zimmer weiter arbeitet eine Gruppe gerade an dem Spiel Fireflies: Das Point-and-Click-Adventure erzählt die Geschichte eines Mannes, der von seiner Sprach-KI in einen Wald gelockt wird. Producer Norbert Haacks ist Dozent an der Berliner School4Games, die gemeinsam mit Gamestorm, Games Academy und SAE Institute den GGJ ausrichtet. Haacks und seine Teamkollegen heften die Szenenbeschreibungen des Adventures mit Zetteln an ein Storyboard: So behalten sie jederzeit den Überblick und können bei Zeitnot auch die eine oder andere Szene streichen. An der gegenüberliegenden Seite des Raumes hat ein Sounddesigner riesige Racks mit unzähligen Steckern und Tasten aufgebaut, um einen Achtziger-Jahre-Soundtrack zu komponieren. Vor den bunt leuchtenden Armaturen sieht er aus wie ein moderner Magier.
Scheitern als Chance
Game-Jam-Projekte gehen längst nicht immer glatt. "Wenn man sonntagmorgens um sechs dasitzt und alles ist kaputt - dann muss man halt auch mal sagen: Okay, war 'ne schöne Erfahrung, lass uns vielleicht nicht mehr dran weiterarbeiten", sagt Kevin Blank. "Ein wichtiges Element eines Game Jam ist auch das Failen." Im schlimmsten Fall habe man 30 Stunden investiert und dabei nichts gelernt. Was aber kaum je vorkomme.
Das zeigt sich auch am Sonntagabend, als die Teilnehmer ihre Präsentationen halten: Nicht alle sind fertig geworden, bei manchen blieb das Projekt in der Konzeptphase stecken, aber wirklich alle haben Interessantes aus den zwei Tagen zu erzählen. Eine Gruppe hat ihr Setting umgeworfen, weil die Grafikerin nicht mit der Prämisse "spiders in the darkness" zufrieden war. Eine andere Gruppe hat genau dieses Setting übernommen und daraus ein kurzweiliges Reaktionsspiel gemacht, bei dem man als Spinne Netze knüpfen und Fliegen fressen muss, bevor sie das Netz zerreißen. Im schwarzhumorigen Game Ruthless müssen Spieler bei Unterhaltungen auf einer Trauerfeier herausfinden, wer das Vermögen erbt - und den dann kurz- und schmerzlos umbringen. In einem anderen Spiel ist das Ziel, durch Streuen von Gerüchten zur Prom Queen an einer High School zu werden; die wimmelige Top-Down-Grafik erinnert ein wenig an Prison Architect.
Bei diesen Spielen lässt sich noch gut eine Verbindung mit "Transmission" herstellen. Andere Gruppen haben das Grundthema im Stile von Shootern oder Hack 'n' Slays interpretiert. Auffällig ist, dass die meisten der 27 Beiträge eher auf Spielmechaniken denn auf Storys aufbauen. Story-basierte, sehr atmosphärische Spiele wie Fireflies sind in der knappen Game-Jam-Zeit womöglich schwieriger umzusetzen, die Entwickler sind nicht ganz fertig geworden. Beeindruckend ist ihr Werk aber allemal - genau wie die anderen GGJ-Spiele, die nun gratis im Netz zum Ausprobieren stehen.
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Spieleentwickler: Zum Game Jam gehört das Scheitern |
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