Spezialdienste vs. Netzneutralität: Freie Fahrt für ein Phantom
Brauchen wir eine Überholspur im Netz oder reicht ein Daten-Blaulicht für Notdienste? Die Debatte über die Netzneutralität krankt noch immer daran, dass niemand weiß, worüber eigentlich diskutiert wird.

Was ist der Unterschied zwischen Geheimdiensten und Spezialdiensten? Von den Geheimdiensten wissen wir wenigstens, dass es sie gibt. Die Spezialdienste im Internet, von denen sich die Bundesregierung viele Innovationen verspricht und dafür die Netzneutralität opfern will, erinnern hingegen an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Das neue Kleid des Internets soll tolle Anwendungen ermöglichen und in eine noch schönere Digitalwelt führen. Aber es ist nirgendwo zu sehen, und die Frage stellt sich, wer wen mit diesen bislang unsichtbaren Kleidern an der Nase herumführt.
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Eines steht fest: Die Europäische Union könnte noch in diesem Jahr in ihrer Verordnung zum digitalen Binnenmarkt beschließen, wie Spezialdienste definiert werden und wann sie als Ergänzung des normalen Internets erlaubt sind. Dazu hat die Bundesregierung Anfang Dezember 2014 einen Kompromissvorschlag vorgelegt, mit dem sie in die Verhandlungen mit den übrigen 27 Mitgliedstaaten gehen will. Wenn diese sich auf eine gemeinsame Position geeinigt haben, können endlich die sogenannten Trilogverhandlungen mit EU-Parlament und EU-Kommission beginnen. Das EU-Parlament hatte bereits im April 2014 für eine starke Verankerung der Netzneutralität in der Verordnung gestimmt.
Debatte im luftleeren Raum
Aber was sind das eigentlich für Spezialdienste und wie wirken sie sich auf die Nutzung des normalen Internets aus? Handelt es sich dabei womöglich nur um eine Mogelpackung, mit der beliebte Dienste unter einem anderen Etikett für teures Geld verkauft werden sollen? "Das Problem an der Debatte ist, dass wir sie im luftleeren Raum führen. Sowohl im Hinblick auf die Frage, welche Dienste das sind, als auch im Hinblick auf die Frage, ob die Gefahren, die da diskutiert werden, sich tatsächlich realisieren", sagt Thomas Fetzer, Professor für Regulierungsrecht an der Universität Mannheim, im Gespräch mit Golem.de.
Der Grünen-Netzpolitiker Jan Philipp Albrecht hält auf Anfrage von Golem.de den Vorschlag der Bundesregierung derzeit auf EU-Ebene noch nicht für kompromissfähig. Seiner Ansicht nach liegt der Knackpunkt darin, "ob die spezialisierten Dienste auf Kosten des freien Netzes oder offenen Netzes möglich sind oder nicht".
Vorschläge fast wortgleich
Wenn man sich die Vorschläge genauer ansieht, lassen sich Unterschiede zwischen der Position des EU-Parlaments und der Bundesregierung nur mit der Lupe finden. So fordert das Parlament, dass Spezialdienste nur angeboten werden dürfen, "wenn die Netzwerkkapazitäten ausreichen, um sie zusätzlich zu Internetzugangsdiensten bereitzustellen, und sie die Verfügbarkeit oder Qualität der Internetzugangsdienste nicht beeinträchtigen". Der deutsche Vorschlag lautet: Sofern solche Spezialdienste "parallel zu Internetzugangsdiensten übertragen werden, müssen die Netzwerkkapazitäten ausreichen, damit die Verfügbarkeit und Qualität von Internetzugangsdiensten nicht beeinträchtigt wird".
Um Benachteiligungen zu verhindern, verlangt das Parlament: "Anbieter von Internetzugang für Endnutzer diskriminieren nicht zwischen funktional gleichwertigen Diensten oder Anwendungen." Dem Vorschlag der deutschen Regierung zufolge dürfen Anbieter von öffentlichen elektronischen Kommunikationsdiensten "nicht zwischen bestimmten Inhalten oder funktional gleichwertigen Anwendungen oder Diensten diskriminieren". Nach Ansicht Fetzers lässt sich ohnehin nicht wissenschaftlich darlegen, wie es nach Einführung von Spezialdiensten zu einer Verengung beim offenen Internet kommen soll.
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Mobilfunk vor allem bedroht |
Ne Art digitales Kartellgesetz, interessant.
Politiker welche für die Spezialdienste eintreten werden erst mal unheimlich freundlich...
Tja das ist halt das Problem es gibt keine Definition von Spezialdiensten. Es könnten die...
Das kommt wohl daher, dass man kaum andere Vergleichsmöglichkeiten hat, den...