Zum Hauptinhalt Zur Navigation

SpaceX: Starship erleidet beim neunten Flug Totalverlust

Die Probleme der vergangenen Flüge, hinter denen Firmenchef Elon Musk lockere Schrauben vermutet hatte, sind nicht gelöst worden.
/ Frank Wunderlich-Pfeiffer
131 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)
Oben links deutet eine Flamme im Weltraum auf ein Treibstoffleck hin. (Bild: SpaceX / Screenshot: Golem.de)
Oben links deutet eine Flamme im Weltraum auf ein Treibstoffleck hin. Bild: SpaceX / Screenshot: Golem.de

Auch der neunte Flug des Starship(öffnet im neuen Fenster) , der dritte Flugversuch von Starship Version 2, ist ein Fehlschlag gewesen. Das Starship flog am 28. Mai 2025 um 1:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit zwar bis zum vorgesehenen Brennschluss der Triebwerke, verlor kurz darauf aber die Lagekontrolle und stürzte anschließend über dem Indischen Ozean ab.

Der Flugplan des 9. Starship-Fluges hatte vorgesehen, erstmals einen bereits geflogenen Booster zu nutzen, dabei ein neues Flugprofil für die Landung zu testen, acht Simulatoren von Starlink-Satelliten auszusetzen, ein Raptor-Triebwerk in Schwerelosigkeit zu zünden sowie ein simuliertes Landemanöver mit dem Starship zu fliegen. Fast alle Missionsziele scheiterten.

Erfolgreich war lediglich die Demonstration der erstmaligen Wiederverwendung des Boosters, der bis zur Abtrennung des Starships wie geplant funktionierte. Beim Bremsmanöver vor der Landung zündete jedoch eines der Triebwerke nicht, eine Sekunde später explodierte der Booster noch in der Luft. Möglicherweise wurde er zuvor beim Wiedereintritt überlastet, bei dem SpaceX ein neues Flugprofil testen wollte, um Treibstoff zu sparen.

Das Starship selbst konnte erstmals seit Einführung der Version 2 einen vollständigen Flug bis zum Brennschluss demonstrieren. Aber schon vor Brennschluss wurden Probleme deutlich. An einem der Raptor-Triebwerke zeigten sich rot-glühende Elemente, die eigentlich kühl sein sollten, sowie eine gelb-glühende Stelle an den Strukturen des Starships am oberen Bildrand. Schon während des Fluges war auf Bildern eine Flamme aus einem Treibstoffleck der Triebwerke des Starships zu sehen. Im Livestream von SpaceX wurde das alles nicht kommentiert.

Starship war nach Leck im Tank außer Kontrolle

Ebenso wenig wurde kommentiert, dass sofort nach Brennschluss des Starships durch die Bewegung der Schatten auf den Kamerabildern klar war, dass die Lagestabilisierung versagt hatte. Später zeigten auch Außenaufnahmen eine deutliche Drehbewegung, während das Starship bei früheren Flügen eine stabile Lage relativ zur Erde eingehalten hatte.

Die später geplante Öffnung der Nutzlasttore konnte nicht durchgeführt werden, was auch das Aussetzen der Satellitenattrappen verhinderte. Zu dem Zeitpunkt war jedoch schon eine deutliche Rotation des Starships zu bemerken, auch auf den Kamerabildern von schwebenden Eisteilchen im Inneren des Starships. Die Zündung des Triebwerks konnte nicht stattfinden. Stattdessen wurden die Ventile der Treibstofftanks geöffnet und die Mission noch während des Fluges über Afrika beendet.

Es war offensichtlich, dass es abermals zu Problemen mit Treibstofflecks an den Triebwerken gekommen war, die zu den glühenden Metallteilen an den Triebwerken und den Starship-Strukturen beim Flug ins Weltall führten. Firmenchef Elon Musk bestätigte zumindest, dass es durch Lecks zum Verlust des Drucks im Treibstofftank kam. Wo sich die Lecks befänden und wann sie aufgetreten seien, sagte er nicht. Die Lagekontrolle des Starships ist vom Druck des Haupttreibstofftanks abhängig, von wo aus gasförmiges Methan und Sauerstoff abgezapft und in Steuerdüsen geleitet werden.

Elon Musk vermutet lockere Schrauben als Problemursache beim Starship

Musk kündigte an, dass weitere Flüge nun alle drei bis vier Wochen stattfinden sollten. Es erscheint wenig glaubwürdig, dass in diesem Zeitraum eine komplette Fehleranalyse und Fehlerkorrektur stattfinden kann. Vor dem Flug gab Musk in einem Interview mit Ars Technica(öffnet im neuen Fenster) einigen lockeren Schrauben die Schuld an den Problemen mit den Triebwerken. Diese sollen sich bei Triebwerkstests am Boden vor dem Start gelockert haben, woraufhin die Dichtungen der Triebwerke nicht mehr ganz dicht waren. Die Schrauben wurden deshalb nochmals angezogen.

Aber das Problem konnte so offensichtlich nicht gelöst werden. Ursprünglich sollte Musk vor dem Start einen Vortrag über die Menschheit als multiplanetare Spezies halten. Dann wurde der Vortrag auf einen Zeitpunkt nach dem Start verschoben und der Tweet mit der Ankündigung gelöscht, beides ebenfalls noch vor dem Start.

Mit der Fortsetzung der Fehlschläge erweist sich das Starship als technologisch immer fragwürdigeres und vor allem unausgereiftes Konzept. Während Version 1 des Starships eine gewisse Zuverlässigkeit erreichte, aber keinerlei Nutzlast transportieren konnte, sollte Version 2 durch schubstärkere Triebwerke und Gewichtseinsparungen sowie eine verbesserte Konstruktion bis zu 100 Tonnen Nutzlast in einen niedrigen Erdorbit bringen können.

Leistungssteigerungen gingen mit mehr Unzuverlässigkeit einher

Beim neunten Flug waren jedoch nur acht Satellitenattrappen mit einer geschätzten Gesamtmasse von 16 bis 20 Tonnen an Bord. Das sind doppelt so viele wie beim achten Flug, aber weniger als die zehn Attrappen beim siebten Flug. Das experimentelle Manöver zur Treibstoffeinsparung mit dem Booster erhöhte die Abtrenngeschwindigkeit im Vergleich zu den beiden früheren Flügen um 300 km/h, was wohl für die höhere Nutzlast gegenüber dem achten Flug verantwortlich war. Damit war jedoch keine erfolgreiche Landung des Boosters mehr möglich.

Die Gewichtseinsparungen und die Schubsteigerung von Version 2 des Starships führten offenbar zu einer Reihe von Problemen, die laut SpaceX jeweils unterschiedliche Ursachen hatten, die bislang alle Flugversuche damit scheitern ließen. Dabei ist auch Version 2 übergewichtig und sollte eine Reihe neuer Hitzeschutzschildkonzepte zur weiteren Gewichtseinsparung testen, die bei der noch größeren und schubstärkeren Version 3 genutzt werden könnten.

Das Starship hat bei heutigem Stand maximal die Nutzlast einer Falcon 9 in sehr niedrigen Erdorbits, kann allein aber keine höheren Orbits anfliegen. Auch mit perfekter Wiederverwendung rechtfertigt der Aufwand nicht mehr den Nutzen. Die geplanten 200 Tonnen Nutzlast von Version 3 scheinen derzeit genauso unerreichbar wie 100 Tonnen Nutzlast mit Version 2, selbst wenn deren Zuverlässigkeitsprobleme gelöst werden sollten.

Flug zum Mond erscheint noch lange unrealistisch

Das Starship ist integraler Bestandteil des Artemis Programms zur Landung auf dem Mond, die 2025 bereits hätte stattfinden sollen. Davor sollte das Starship mehrere Landungen auf dem Mond demonstrieren. Für jeden dieser Flüge wäre eine Reihe von Tankmanövern im Erdorbit notwendig. Bislang stellen allerdings schon einzelne Flüge SpaceX vor noch nicht gelöste Herausforderungen.

Das Erreichen der notwendigen Zuverlässigkeit für eine Mondlandung mit anschließendem Rückflug mit Menschen an Bord ist im heutigen Zustand des Starships innerhalb dieses Jahrzehnts nicht mehr absehbar. Das gilt auch für Landungen auf dem Mars, zumal das Starship bislang noch nicht einmal für Landungen auf der Erde mit Landebeinen ausgestattet wird, die sowohl für den Mond als auch den Mars bei Landungen in rauem Gelände notwendig wären.

Bislang konnten nur drei von neun Testflügen weitgehend ihre Missionsziele erreichen. Anders als bei Flug 3, bei dem das Starship ebenso außer Kontrolle geriet, kann beim Flug 9 jedoch nicht mehr von einem Teilerfolg gesprochen werden. Denn vollständig kontrollierte Flüge in die Nähe eines Orbits mit anschließendem Wiedereintritt wurden bereits mehrfach demonstriert. Nach dem fünften Fehlschlag ist das gesamte Starship-Programm in großen Schwierigkeiten.


Relevante Themen