SpaceX: Der Weg in den Weltraum ist frei

Es war ein wichtiger Test für SpaceX und die US-amerikanische Raumfahrt. Ein Dragon-Raumschiff ist mit einer Falcon-9-Rakete auf 40 Kilometer Höhe gebracht worden und ein Notfallsignal wurde im Bordcomputer eingespielt. Der gab den Befehl, die Haupttriebwerke abzuschalten und aktivierte das System für die Notfalltriebwerke. Die Treibstofftanks wurden unter Druck gesetzt, anschließend die Triebwerke gezündet und das Raumschiff in eine sichere Entfernung von der Rakete gesteuert. Am Ende landete der Dragon mit seinen vier Fallschirmen im Atlantik.
Der Test fand an dem Punkt der Flugbahn statt, an dem die Kräfte des Luftwiderstands am größten sind, was das Fluchtmanöver besonders schwierig macht. Tatsächlich explodierte die Rakete(öffnet im neuen Fenster) wenige Sekunden nach Abtrennung des aerodynamisch geformten Raumschiffs, nachdem sie von den Kräften in dem verbliebenen Stumpf unter dem Raumschiff zerrissen worden war.
Den Telemetriedaten zufolge soll der Test ein voller Erfolg gewesen sein. Die höchsten Beschleunigungskräfte lagen bei nur 3,5g, die Hälfte der Beschleunigung, die etwa Astronauten bei der Flucht von einer Sojus-Rakete im Oktober 2018 erlebten. Dabei haben die Fluchtraketen genug Schub für eine Beschleunigung von 7g, etwa wenn die Rakete gleich explodiert und der Startabbruch nicht von einem Signal des Bordcomputers eingeleitet wird. Das Steuerungssystem ist aber darauf programmiert, die Belastung der Astronauten so niedrig wie möglich zu halten.
Das schnelle Unter-Druck-Setzen der Treibstofftanks ist ein kritischer Teil des Notfallsystems. Dabei kam es im April zu einer schweren Fehlfunktion , die zur Explosion eines Dragon-Raumschiffs führte. Die Ursache war ein bis dahin nie beobachtetes Verhalten eines Titan-Ventils in Verbindung mit dem Stickstofftetroxid Oxidator des Treibstoffs. An den monatelangen Verzögerungen des Programms war aber nicht nur die Explosion schuld, deren Ursache inzwischen beseitigt wurde.
Vor allem die Fallschirme machten Probleme, die erst in ihrer dritten Generation gelöst werden konnten. Dem heutigen Flug gingen etwa 80 Flugtests einzelner Fallschirme und 10 Tests mit vier Fallschirmen voran. Cathy Lueders, die Verantwortliche für das Commercial-Crew-Programm der Nasa, merkte in der anschließenden Pressekonferenz(öffnet im neuen Fenster) an, dass es eine "noch nie dagewesene Zahl von Fallschirmtests war, mehr als es die Nasa je gesehen hat."
Dort betonte Elon Musk auch, dass es sich bei der Explosion der Rakete während des Tests im Wesentlichen um einen Feuerball handelte und nicht um eine Detonation mit einer starken Druckwelle. Das Raumschiff sei dafür ausgelegt, eine solche Explosion zu überstehen, selbst wenn die Fluchttriebwerke noch nicht gezündet haben. Der Dragon ist ohnehin für die Hitzebelastung ausgelegt und würde dann einfach "aus dem Feuerball heraus fliegen [...] wie in Star Wars" . Die explodierte Raketenstufe flog zum vierten Mal. Sie hatte die Seriennummer B1046. Es war die erste Rakete der neuen Generation, die zehn Wiederverwendungen ermöglichen soll.
SpaceX will das Raumschiff in Zukunft per Netz einfangen
In der Pressekonferenz lobten die angehenden Astronauten den Testverlauf, sichtlich gelöst und ohne Anspannung. Nick Hague, der amerikanische Astronaut, der 2018 den Unfall mit einer Sojus-Rakete überlebte, bezeichnete den Test auf Twitter als eine sehr persönliche Angelegenheit.(öffnet im neuen Fenster) Zuvor durchliefen sie eine Generalprobe für einen echten Flug, vom Aufwecken über das Anlegen der Raumanzüge bis zum Gang zur Rakete. Das Raumschiff konnte vor dem Test allerdings nicht mehr betreten werden. Die Generalprobe sollte vor allem Unklarheiten im Zeitablauf beseitigen.
Ernst wird es wohl frühestens im April. Die Flughardware stünde zwar schon im Februar zur Verfügung, aber es gäbe noch eine Reihe von Tests zu absolvieren, darunter noch zwei weitere vollständige Systemtests der Fallschirme. Anschließend muss der erste Flug zur Internationalen Raumstation ISS noch mit dem Terminplan der Raumstation abgestimmt werden.
Zu weiteren Verzögerungen könnte es kommen, falls die Nasa entscheidet, den Aufenthalt der Astronauten während des ersten Testfluges zu verlängern. Durch die zusätzlichen Besatzungsmitglieder könnte die Raumstation besser ausgenutzt werden. Allerdings bräuchten die Astronauten in dem Fall noch weiteres Training für derzeit nicht geplante Außeneinsätze an der ISS. Unabhängig von den Plänen zur Verlängerung der Mission wurde ein weiterer Sitz an Bord einer Sojus gebucht, hauptsächlich um eine ununterbrochene amerikanische Präsenz auf der Station sicherzustellen.
Schlechtes Wetter verzögerte den Start
Derweil hat SpaceX in Zukunft noch Pläne, die Landung des Dragon weiter zu verbessern. Statt das Raumschiff in das Salzwasser des Ozeans fallen zu lassen, soll es mit Netzen in einem Schiff aufgefangen werden. Allerdings soll diese Fangtechnik zuerst mit den Nutzlastverkleidungen der Falcon 9 perfektioniert werden, bevor die ersten Tests mit Dragon-Kapseln durchgeführt werden können. Die trockene Landung soll vor allem Schäden durch Korrosion vermeiden und so die Wiederverwendung vereinfachen, aber auch die Bergung der Kapseln erleichtern, besonders bei höherem Wellengang.
Wind und Wellen waren auch der Grund für mehrfache Verzögerungen des ursprünglich für Samstag geplanten Starts. Auch so gab es noch Wellen von etwa 1,5 m Höhe. Gefragt nach der Windgeschwindigkeit, erinnerte sich Space-X-Chef Elon Musk zunächst nur an eine Zahl in den 20ern. Cathy Lueders nannte zunächst 27 Knoten, zögerte aber, schaute noch einmal nach und korrigierte auf 27 Fuß pro Sekunde. Das entspricht übrigens etwa 30 km/h, 8,2 m/s, 16 Knoten, einer Windstärke von 5 Beaufort oder dem Vierfachen der maximalen Fließgeschwindigkeit der Saar in Saarbrücken.(öffnet im neuen Fenster)
Durch die Verzögerungen musste auch der nächste Start einer Falcon 9 um einen Tag verschoben werden. Schon am Dienstag, dem 21. Januar 2020, sollen um 18 Uhr die nächsten 60 Starlink-Satelliten gestartet werden. Es ist bereits der dritte Flug einer Falcon 9 in diesem Jahr, nachdem im gesamten Jahr 2019 nur elfmal Raketen dieses Typs gestartet sind.



