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Die magische 42 wird das Starship nicht retten

Die Entwicklung bei SpaceX geht allerdings in die entgegengesetzte Richtung dessen, was die Raketengleichung nahelegen würde. Das große Starship mit neun Triebwerken soll eines Tages 2.300 Tonnen Treibstoff haben, mit nur 4.050 Tonnen Treibstoff im Booster. Die Abtrenngeschwindigkeit wird wegen des noch schlechteren Massenverhältnisses dann noch weiter sinken und dadurch noch größere Ansprüche an möglichst leichte Strukturen im Starship stellen, bevor es überhaupt eine Nutzlast tragen kann.

Ein Grund dahinter ist Zahlenmagie. Elon Musk will unbedingt insgesamt 42 Triebwerke im Starship und dem Booster verbauen. Der andere Grund ist das fundamentale Missverständnis, dass ein noch größeres Starship auch mehr Nutzlast tragen wird. Hätte das 2016 als Interplanetary Transport System angekündigte, noch größere Starship mit 42 Triebwerken im Booster die behauptete Leermasse von 85 Tonnen gehabt (damals noch mit Kohlefaser und aktiver Kühlung), wäre diese Annahme auch korrekt. Die Realität ist jedoch eine vollkommen andere.

Heute findet die gesamte weitere Entwicklung des Starship unter der Prämisse statt, dass die hohe Leermasse noch irgendwie in großem Umfang gesenkt werden kann. Es wird nicht unter der Anerkennung der Realität fortgefahren, dass die Leermasse derzeit schlicht zu hoch (oder möglicherweise die Effizienz der Triebwerke zu schlecht) für die angestrebte Konstruktion und Missionsplanung ist. Aber nach Flug 10 wird das Starship durch das Füllmaterial zwischen den Kacheln sogar noch schwerer sein und die leichteren Metallkacheln funktionierten nicht.

Seriöse Technologieentwicklung braucht einfache Prototypen

Eine seriöse Technologieentwicklung hätte durch Vortests mit kleineren Prototypen die erreichbaren technologischen Parameter unter realen Bedingungen ermittelt. Dann wäre die weitere Konstruktion und Missionsplanung des Starship an realistischen Werten für Leermasse und Effizienz der Triebwerke ausgerichtet worden. Nach solchen Vortests kann der Raum der erreichbaren Parameter immer noch erweitert werden, wenn mehr Erfahrung aus der Entwicklung und dem Betrieb des Systems vorliegt. Auf diese Weise wurde die Nutzlast der Falcon 9 von 2010 bis 2017 mehr als verdoppelt.

Wenn durch verbesserte Triebwerke und Stufentrennung eine höhere Abtrenngeschwindigkeit möglich wird und Leergewicht durch eine vereinfachte Innenstruktur oder vielleicht aktiv gekühlte Hitzeschutzkacheln eingespart wird, kann das Starship später immer noch vergrößert werden und der Booster öfter am Landeturm landen. Eine solche stufenweise Entwicklung war das Erfolgsrezept von SpaceX von der Firmengründung bis zum Crew Dragon und von Tesla bis zum Model Y.

Einfache Oberstufen hätten ebenso als Prototyp getaugt

Das Starship hätte auch ohne vorherige kleine Prototypen entwickelt werden können, wenn der Super Heavy Booster zunächst ohne wiederverwendbares Starship geflogen wäre. Dieser Bosster wäre dann zusammen mit einfachen Oberstufen seinem Namen gerecht geworden und hätte längst Nutzlasten bis zu 200 Tonnen gestartet. Die Produktion der Oberstufen kann dabei kein Hindernis sein. Elon Musk hatte ohnehin den Bau von einem Starship pro Tag angekündigt.

Die Serienproduktion einfacher Oberstufen mit zwei bis drei Triebwerken wäre ein guter Vortest für das Starship gewesen. Mit einigen Modifikationen hätten sie auch als Prototypen des Starship fungieren können, mit denen nach Aussetzen der Nutzlast Experimente beim Wiedereintritt hätten durchgeführt werden können.

Dann hätte – wie bei der Falcon 9 – auch das Argument der SpaceX-Fans wieder stimmen können, dass es sich beim Wiedereintritt einiger mit Hitzeschutzschild ausgestatteten Oberstufen nur um Experimente handelt, bei denen auch wiederholten Fehlschlägen keine zu große Bedeutung beizumessen ist. Aber anders als die Falcon 9 werden Starships und Super Heavy ausschließlich für Tests gebaut und gestartet, weshalb das Argument für das heutige Starship falsch ist.


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