Sony RX100 Mark III im Test: Klein, super, teuer

850 Euro verlangt Sony für die RX100 Mark III - viel Geld für eine Kompaktkamera, die problemlos in einer Hemdtasche verschwindet. Dafür erhält der Nutzer aber eine der besten kompakten Digitalkameras, die es auf dem Markt gibt.
In einem mehrwöchigen Praxistest von Golem.de musste die RX100 Mark III zeigen, was sie besser kann als ihr Vorvorgängermodell RX 100, das Golem 2012 ausprobierte und das immer noch erhältlich ist. Dazwischen erschien die RX100 Mark II, die auch schon über ein Klappdisplay verfügt. Ihr fehlen aber der Sucher und ein lichtstarkes Objektiv.

Doch der Reihe nach: Sony hat die Sensorgröße der Kamera nicht verändert. Sie liegt immer noch bei einem Zoll, was der Bildqualität zugutekommt, auch wenn 20 Megapixel darauf verteilt sind. Die Lichtempfindlichkeit reicht bis ISO 12.800. Die wichtigste Änderung liegt beim Objektiv.







Das neue Objektiv ist mit f/1,8 im Weitwinkel- beziehungsweise f/2,8 im Telebereich deutlich lichtstärker, reicht aber nur noch bis 70 mm Brennweite (Kleinbildformat). Den unteren Brennweitenbereich hat Sony auf 24 mm erweitert. Die älteren Modelle arbeiten mit einer Brennweite von 28 bis 100 mm (KB) mit f/1,8 beziehungsweise f/4,9. Die fehlenden Millimeter nach oben hin fallen je nach Gewohnheiten beim Fotografieren mehr oder minder stark auf. Wer gerne Übersichtsaufnahmen macht, wird sich über den größeren Weitwinkel freuen.
Das Zoomen übernimmt entweder ein kleiner Hebel am Auslöser oder der Kameraring. Der besitzt noch immer keine spürbaren Einrastungen, sondern dreht frei, was den Gewohnheiten entspricht. Doch der Ring kann auch mit anderen Funktionen belegt werden, um zum Beispiel die Blende, die Verschlussgeschwindigkeit oder gar Bildeffekte einzustellen. Hierbei nervt es, wenn durch eine leichte Bewegung die Einstellung verändert werden kann, ohne dass es ein mechanisches Feedback gibt. Das Problem bestand bereits bei den beiden Vorgängermodellen und wurde in der Presse heftig kritisiert, leider ohne Reaktion Sonys.
Viele kleine Knöpfe
Die Kamera ist mit zahlreichen Knöpfen übersät, die aufgrund der Gesamtgröße sehr klein ausfallen mussten. Fotografen mit großen Fingern wird es schwerfallen, die Kamera blind zu bedienen.
Auf der Vorderseite befinden sich nur das Objektiv und die orangefarbene LED, die dem Autofokus bei Bedarf zur Seite steht. Sie ist sehr grell, lässt sich aber abschalten. Die linke Kameraseite enthält lediglich den Entriegelungsmechanismus für den elektronischen OLED-Sucher, der in der Deckplatte versenkt ist. Er schnellt nach oben und muss ausgezogen werden, damit er benutzt werden kann. Die kompakte Bauform erfordert hier offensichtlich Kompromisse.
Sucher zum Ausfalten
Der Sucher ist hell, recht klein aber fix. Nur bei sehr schlechtem Licht verzögert er merklich, sonst reagiert er sehr schnell. Gerade bei starker Sonneneinstrahlung ist er zur Motivkontrolle und auch bei der Menüsteuerung unverzichtbar, da das 3 Zoll (7,62 cm) große Display nicht hell genug ist, um es vernünftig abzulesen. Beim Zurückschieben des Suchers wird aus unverständlichen Gründen die Kamera abgeschaltet. Das ist ärgerlich, weil der Neustart mitsamt Objektivvorschub etwas mehr als eine Sekunde dauert.















Oben auf der Kamera befindet sich neben dem Sucher noch ein winziger Blitz, der auf Knopfdruck herausschnellt; einen Blitzkontakt für ein externes Blitzlicht gibt es nicht mehr. Darüber hinaus sind dort der sehr gut austarierte Auslöser mit angenehmem Druckpunkt sowie der Ein- und Ausschalter untergebracht.
Die rechte Seite des Gehäusedeckels wird von einem Wahlrad dominiert, mit dem die unterschiedlichen Aufnahmemodi ausgewählt werden. Auf der rechten Gehäuseseite sind zwei filigrane Klappen mit dahinterliegenden Anschlüssen für Micro-USB und Micro-HDMI angebracht, die keinen vertrauenerweckenden Eindruck hinterlassen.
Der Kamera-Akku wird über USB geladen, Sony legt kein Extra-Ladegerät bei. Das mag ärgerlich sein, doch viele besitzen mittlerweile mehrere USB-Ladeteile. Auf der Kamerarückseite dominiert das Display, das sich nicht nur nach unten, sondern auch nach oben klappen lässt. Anders als bei der RX 100 II kann es senkrecht in die Höhe gestellt werden. Selfies lassen sich so sehr gut kontrollieren, zumal automatisch ein Countdown eingeblendet wird.
Rechts neben dem Display befinden sich der Video-Aufnahmeknopf, ein Funktions- und ein Menübutton sowie ein Wählrad mit Kippfunktion und innenliegendem Auswahlknopf. Darunter wurden noch der Play- und der Löschknopf untergebracht. Die Unterseite verfügt über eine Stativbohrung sowie eine kombinierte Batterie- und Speicherkartenklappe. Die RX 100 III nimmt SD-Karten auf.
Viele Bildschirmmenüs
Neben den Reglern und Knöpfen gibt es wie bei Sony üblich enorm viele Bildschirmmenüs, die teilweise auch sehr exotische Einstellungen ermöglichen. Ein Handbuchstudium ( PDF(öffnet im neuen Fenster) ) ist für neue Nutzer nicht nur empfehlenswert, sondern erforderlich.
Ein großer Vorteil von Sonys Bedienungsansatz ist die Möglichkeit, ein schnell erreichbares Bildschirmmenü mit den gebräuchlichsten Funktionen selbst zusammenzustellen und praktisch alle Knöpfe frei zu belegen.
Die Wahl der ISO-Einstellung gehört unserer Erfahrung nach auf einen Knopf, und auch die Belichtungskorrektur sollte schnell zu erreichen sein. Eine schnelle Justierung des Autofokus-Messpunktes ist ebenso wünschenswert wie das Umschalten zwischen verschiedenen Belichtungsmessmethoden. Hier muss und kann jeder selbst herausfinden, welche Funktionen ihm im Schnellmenü wichtig sind. Die Handhabung der Kamera kann so durch eine geschickte Belegung und Menüzusammenstellung deutlich verbessert werden. Leider sind die Knöpfe unbeleuchtet, was das Hantieren im Halbdunkel erschwert.















Mit dem oben angebrachten Drehrad kann der Benutzer zwischen den diversen Modi wechseln, wobei auch Halbautomatiken und eine vollkommen manuelle Betriebsart auswählbar sind. Auf den ersten Blick wirkt die Benennung von Programmen wie "Intelligente Automatik" und "Überlegene Automatik" zwar etwas drollig, doch eine Bildschirmhilfe erklärt die Unterschiede recht gut. Panoramen lassen sich ebenfalls durch Schwenken der Kamera entweder in der Horizontalen oder in der Vertikalen aufnehmen.
Videos dreht sie auch
Die RX 100 III wäre keine Sony-Kamera, wenn sie nicht auch Videos aufnehmen könnte. Sony ermöglicht Aufnahmen im MP4- oder XAVC-S-Format mit Datenraten von bis zu 50 Mbit/s in Full-HD. Wer will, kann auch kleine Videos mit 100 Bildern pro Sekunde für Zeitlupenwiedergaben aufnehmen.
Funkanschluss inklusive
Dank WLAN (2,4 GHz) kann die Kamera ihre Bilder zum Rechner oder mobilen Endgeräten schicken und von letzteren auch ferngesteuert werden. GPS gibt es nicht. Um die Verbindungsdaten leichter auszutauschen, wurde NFC integriert. Die Bildübertragung funktioniert problemlos und relativ schnell, was auch an der übersichtlichen Größe der JPEGs (7 bis 13 MByte) liegt, die die Kamera produziert. Wahlweise können Rohdaten (20 MByte pro Bild) oder beide Formate aufgezeichnet werden. Sony überträgt aber nur die JPEGs sowie die Filme auf Smartphones und Tablets.

Die Kamera kann über WLAN online gehen und eine der Apps herunterladen, die Sony anbietet. Kostenlose Apps zum Übertragen der Fotos von der Kamera zu Flickr oder zur einfachen Bildbearbeitung sowie eine Fernsteuerung sind ebenso vorhanden wie kostenpflichtige Anwendungen.
Die Bedienung
Schon beim ersten Versuch fällt auf, dass die Kamera schwerer ist, als sie auf den ersten Blick wirkt. Das Gehäuse ist vollgestopft mit Elektronik, und auch das neue, lichtstarke Objektiv dürfte zum gesteigerten Gesamtgewicht beitragen. Dennoch ist die Kamera immer noch so klein und leicht, dass sie überallhin mitgenommen werden kann, was für die Wahl einer Kompaktkamera einer der Hauptgründe ist.
Die Autofokusgeschwindigkeit bewegt sich auf hohem Niveau, auch wenn die Kamera leichte Schwierigkeiten bei kontrastarmen Motiven hat. Einige Gewöhnung erfordert die Bedienung, wenn man nicht nur im Vollautomatikprogramm bleibt, in dem die Kamera vollkommen unproblematisch ist und meist auch sehr gute Aufnahmen liefert. Wird jedoch etwas verstellt werden, macht sich die Kompaktheit bemerkbar: Vieles funktioniert nur über die Bildschirmmenüs.
Die Bildqualität
Sonys Entscheidung, das Objektiv vollständig zu überarbeiten und es mit mehr Lichtstärke auszustatten, hat sich als Volltreffer erwiesen. Der leicht flaue Eindruck, den die Bilder der Vorgänger bei voller Brennweite erweckten, ist vollständig verschwunden. Die Fotos der Mark III sind auch an den Bildrändern deutlich schärfer. Wie gehabt treten bei harten Kontrasten hin und wieder chromatische Aberrationen auf, doch die lassen sich mit Bildbearbeitungsprogrammen gut beheben. Weil Sony aus Platzgründen keine Sonnenblende integriert, ist das Objektiv etwas seitenlichtempfindlich.


Die Rohdaten der Kamera zeigen erst das Potential des Sensors, das dieser bei der eigentlich sehr guten JPEG-Umsetzung nicht ganz ausschöpfen kann. Im JPEG-Modus wirken die Farben etwas grell, doch das ist Geschmackssache.
Mit Bildbearbeitungsprogrammen wie Lightroom lassen sich aus dunklen Bereichen noch viele Informationen herausholen - sofern es Rohdaten sind, die dem Programm vorgesetzt werden. Ein Neutraldichtefilter in der Kamera sorgt dafür, dass auch bei offener Blende und starkem Licht sowie mit der Schärfentiefe gearbeitet werden kann. Natürlich ist der dreistufige Neutraldichtefilter auch beim Filmen wichtig. Leider hat Sony aber versäumt, ein Filtergewinde in das Objektiv zu fräsen, so dass weitere Filterexperimente oder Vorsatzlinsen nicht möglich sind.
Rauschen erst im hohen ISO-Bereich
Eine Lichtempfindlichkeit von maximal ISO 12.800 weckt das Interesse jedes Fotografen, doch diese Einstellung sollte nur als Notbehelf bei fehlendem Stativ genutzt werden, denn die Bilder sind damit verrauscht und flau. Bis ISO 6.400 sind sie aber gut nutzbar, wenngleich man sie in diesem Fall nur noch postkartengroß ausdrucken sollte. Für die Benutzung im Netz mit üblicherweise deutlich verkleinerten Motiven reichen aber auch höhere Empfindlichkeiten noch aus. Die 20-Megapixel-Auflösung eignet sich auch für Ausschnittsvergrößerungen, und manchmal ist es deshalb gar nicht so problematisch, dass das Objektiv nur eine 70mm-Brennweite erreicht.
Um verwacklungsfreie Bilder mit hoher Durchzeichnung anzufertigen, kann die Kamera von allein mehrere Aufnahmen in sehr kurzer Folge aufnehmen und sie miteinander verrechnen. Dieses Prinzip wird sowohl bei den HDR-Aufnahmen als auch bei hohen Lichtempfindlichkeiten eingesetzt, um entweder die Bildqualität zu erhöhen oder eine Belichtungsreihe zum Erfassen von großen Helligkeitsunterschieden einzusetzen.
Verfügbarkeit und Fazit
Die Sony RX 100 Mark III ist ab rund 840 Euro im Handel erhältlich, Sony verlangt 850 Euro. So viel kostet auch eine ordentliche Spiegelreflexkamera oder eine Systemkamera mit einem Objektiv. Die Frage ist daher: Weshalb sollte man Sonys Kompaktkamera kaufen, die schließlich mit einem fest eingebauten Objektiv auskommen muss? Wer keine große Kamera mit sich herumschleppen will und diese daher viel zu Hause herumliegen würde, der wird nach einem kleineren Modell suchen - oder gleich das Smartphone verwenden, das schließlich immer dabei ist. Im Gegensatz zu diesem bietet Sonys Modell eine weitaus höhere Bildqualität, ist flexibler einsetzbar, erzeugt Rohdaten-Bilder und verfügt nicht zuletzt über einen Zoom und einen Sucher.
Sony hat mit der Sony RX100 Mark III ein neues Meisterstück geschaffen - mit einer Bildqualität, die man dem kleinen Gerät gar nicht zutraut. Auch das Bedienungskonzept ist rund, wenn man sich daran gewöhnt hat - dies bringt die komplexe Technik auf kleinstem Raum mit sich, die dem geübten Nutzer freie Hand lässt, wenn er das wünscht. Wer will, kann die Sony auch als reine Knipskamera verwenden.
Natürlich ist es schwer, so ein kleines, aber lichtstarkes Objektiv zu entwickeln und einen OLED-Sucher ins ohnehin knappe Gehäuse zu stecken. Wenn eine Kompakte aber so viel kostet wie eine DSLR, fällt die Kaufentscheidung trotzdem schwer. Dem sowohl preis- als auch qualitätsbewussten Käufer bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Vorgängermodell kaufen und sich nicht über den fehlenden Sucher und das lichtschwache Objektiv ärgern oder einfach ein Jahr warten, bis der Marktpreis der "III" auf ein erträgliches Niveau gefallen ist. Dann ist sie klar für den Kauf zu empfehlen.
Wir stellen die Beispielbilder in Originalgröße und zwei Rohdaten für eigene Experimente zum Download zur Verfügung ( ZIP ).



