Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Sonnensystem: Mit Glasfasern Mondbeben aufspüren

Auf dem Mond soll es beben. Doch die Daten, die wir haben, lassen etliche Fragen unbeantwortet. Eine Forschungsgruppe hat simuliert, ob ein Netzwerk aus Glasfasern auch Beben auf dem Mond lokalisieren kann.
/ Patrick Klapetz
4 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)
Ein konzeptionelles faser-seismisches Netzwerk auf dem Mond (Bild: Wu et al. (2024), Seismological Research Letters)
Ein konzeptionelles faser-seismisches Netzwerk auf dem Mond Bild: Wu et al. (2024), Seismological Research Letters

Auf der Erde werden seismische Wellen immer häufiger durch den Einsatz von Glasfaserkabeln aufgespürt. Ein Forschungsteam vom Woods Hole Oceanographic Institute (USA) wollte wissen, ob diese Technologie auch auf dem Mond funktionieren kann(öffnet im neuen Fenster) und was sie über die tiefen Schichten unseres nächsten Nachbarn im Weltraum verraten würde.

Ihre Untersuchung haben die Forscher anhand eines hypothetischen Netzes aus künstlichen Seismogrammen getestet. Die dafür notwendigen Daten stammen von den Seismografen aus der Apollo-Ära, die auf der Mondoberfläche platziert wurden. Das Team kam zu dem Schluss, dass durch den Einsatz von Glasfasern tatsächlich die Art von seismischen Wellen identifizieren werden könnten, um dadurch mehr Informationen über die tiefe Kernstruktur des Mondes zu erlangen.

Mondbeben auf einem inaktiven Himmelskörper?

Die vier Seismometer, die zwischen 1969 und 1976 im Rahmen der Apollo-Missionen auf dem Mond platziert wurden, erfassten über einen Zeitraum von sieben Jahren Tausende von seismischen Ereignissen auf der erdnahen Seite des Mondes. Zu diesen Ereignissen gehörten flache und tiefe Mondbeben sowie Meteoriteneinschläge.

Ein anderes Forschungsteam vermutet jedoch, dass diese Beben gar nicht existieren . Die Temperaturschwankungen auf dem Mond könnten die zurückgelassenen Instrumente zum Schwingen gebracht haben.

Unabhängig davon warfen die seismischen Daten der Apollo-Missionen einige Fragen auf, die bisher unbeantwortet blieben. Wie erklärt sich das rätselhafte Fehlen von Mondbeben auf der anderen Seite des Mondes? Und warum entdeckten die Apollo-Seismometer Mondbeben, die 700 bis 1.100 Kilometer unter der Oberfläche stattfanden? Das ist eine Tiefe, in der Hitze und Druck auf der Erde zu plastischen Verformungen und nicht zu den spröden Brüchen eines Erdbebens führen würden, erklärt die Forschungsgruppe.

Wie funktioniert ein seismisches Netzwerk auf dem Mond?

Solche Fragen können ohne weitere Seismometer auf dem Erdtrabanten nicht beantwortet werden. Das vorgestellte faser-seismische Netzwerk könnte dabei helfen. Das Team schlug vor, dafür das Distributed Acoustic Sensing (DAS; verteilte Akustiksensorik) zu verwenden. Es nutzt die winzigen internen Risse in einer langen Glasfaser als seismische Sensoren.

Dabei sendet ein sogenannter Interrogator (Abfragegerät) an einem Ende der Faser Laserimpulse durch das Kabel. Diese werden von den Faserfehlern reflektiert und prallen zum Instrument zurück. Wenn die Faser durch seismische Aktivitäten gestört wird, können die Veränderungen in den reflektierten Impulsen untersucht werden. An einem Kabel können Tausende von einzelnen Sensoren angeschlossen werden.

Der Mondregolith als (vorübergehendes) Hindernis

Jedoch ist die poröse und zerklüftete Schuttdecke (Regolith) an der Mondoberfläche eine der größten Herausforderungen. Die ersten seismischen Wellen werden durch diese Decke gestreut - was wiederum später eintreffende Wellen verdeckt. Doch genau diese Wellen können mehr Informationen über die Tiefen des Mondes liefern.

Mit einer Signalverarbeitungstechnik namens Array-Stacking (in diesem Fall das DAS-Array) können andere Quellen des fremden seismischen Rauschens voneinander getrennt werden. In seiner Simulation konnte das Team eine seismische Wellenphase namens ScS ermitteln. Das ist eine Scher- oder S-Welle, die sich vom Ursprung des Erdbebens in Richtung des Mondkerns bewegt, bevor sie an der Oberfläche reflektiert wird.

Wenn es den Forschern gelingt, ein faser-seismisches Netzwerk auf dem Mond mit Strom zu versorgen und zu reparieren, könnte das Array jahrelang betrieben werden. In dem Paper schlägt das Forschungsteam vor, DAS mit anderen vorgeschlagenen Mondprogrammen zu kombinieren. Etwa mit der Platzierung eines Radioteleskops , das bereits Glasfaserkabel zur Verbindung mit einer Antenne benötigt. Dadurch könnten Kosten gespart werden.

Zudem können Beben auf unserem Trabanten zukünftige Missionen und Stationen auf der Oberfläche gefährden . Bis dahin ist noch etwas Zeit. Dennoch müssen zuvor noch weitere Experimente durchgeführt werden, um die Rätsel der Mondbeben zu entschlüsseln.

Zur Studie

Die Studie wurde am 28. Februar 2024 in der Fachzeitschrift Seismological Research Letters veröffentlicht: Fiber Seismic Network on the Moon(öffnet im neuen Fenster) (Seismisches Glasfasernetz auf dem Mond).


Relevante Themen