Sonnensystem: Die merkwürdige Rotationsachse von Uranus und Neptun

Ein chinesisch-russisches Forschungsteam hat die Magnetfelder von Uranus und Neptun genauer untersucht(öffnet im neuen Fenster) . Beide Planeten haben eine stark geneigte Rotationsachse, wie sie sonst kein anderer Planet in unserem Sonnensystem aufweist.
Eine seltsame ionisierte Form von Wasser - Aquodium genannt -, die sich tief im extremen Hochdruck-Inneren dieser Eiswelten befindet, könnte dafür verantwortlich sein. Aquodium besteht aus einem normalen Wassermolekül mit zwei zusätzlichen Protonen, was ihm eine positive Nettoladung verleiht, die - in ausreichenden Mengen - ein planetarisches Magnetfeld wie das von Uranus und Neptun erzeugen könnte.
Planetare Magnetfelder reichen weit in den Raum um die Planeten, die sie erzeugen. Sie werden jedoch tief im Inneren des Planeten durch bewegte Ladungen erzeugt, wobei der genaue Mechanismus variieren kann.
Das Magnetfeld von Erde, Jupiter und Saturn
Auf der Erde ist es die Eisen-Nickel-Legierung, die um den Kern herumschwappt, rotiert, konvektiert und elektrisch leitend ist. All diese kinetische Energie wird in Elektronenströme umwandelt, die als Dynamo bezeichnet werden. Bei Jupiter und Saturn soll der metallische Wasserstoff die Elektronenströme leiten.
Erde, Jupiter und Saturn haben relativ ordentliche Magnetfelder, die denen eines riesigen Stabmagneten ähneln, der entlang der Rotationsachse des Planeten verläuft. Dessen Feldlinien verbinden wie ein Käfig einen Nord- und einen Südpol sauber miteinander.
Die geneigten Magnetpole von Uranus und Neptun
Die Magnetpole von Uranus und Neptun hingegen sind um 59 beziehungsweise 47 Grad gegenüber ihrer Rotationsachse geneigt. Ihre Magnetfeldlinien verändern und verschieben sich ständig. Sie sind auch nicht wirklich auf die Kerne der Planeten zentriert.
Die Magnetfelder könnten durch eine ionisch leitfähige Flüssigkeit erzeugt werden, in der die Ionen die Ladungsträger sind und nicht die Flüssigkeit als Leitung für Elektronen dient. Beim Uranus könnten die Protonen (Wasserstoff-Ionen) die freien Leitungsträger sein.
Konzept der chemischen Hybridisierung
Doch wie entwickeln sich die Moleküle? Dafür wendete das Team das Konzept der chemischen Hybridisierung(öffnet im neuen Fenster) an. Dabei werden die Orbitalelemente eines Atoms gemischt oder kombiniert, um ein Atom zu schaffen, das sich auf neue Weise verbinden kann. Im Fokus stand dabei die sp³-Hybridsierung, bei der vier Orbitale eine tetraedrische Anordnung um den zentralen Kern bilden.
Jeder der vier Punkte des Tetraeders hat entweder ein einsames Elektron, das eine Bindung mit einem anderen Atom eingehen kann, oder ein Elektronenpaar, das keine Bindungen mit anderen Atomen eingehen kann. Sauerstoff hat zwei Einzelelektronen und zwei Elektronenpaare in seiner äußeren Schale. Bindet man an jedes der verfügbaren Valenzelektronen ein Wasserstoffatom, erhält man H 2 O (Wasser).
Manchmal bindet sich Wasserstoff ohne sein Elektron - auch als einfaches Proton bekannt - an eines der Elektronenpaare und bildet ein Molekül namens Hydronium-Ion. Unter normalen Bedingung sei die Hinzuführung von einem weiteren Proton an das Hydronium(öffnet im neuen Fenster) -Ion ungünstig.
Doch durch einen sehr hohen Druck wird die Materie dazu gezwungen, ihr Volumen zu verringern. Die gemeinsame Nutzung eines zuvor ungenutzten Elektronenpaars des Sauerstoffs mit einem Wasserstoff-Ion (Proton) wäre damit möglich.
Säuren spenden Protonen und eine saure Umgebung wie auf Uranus und Neptun spendet entsprechend viele Protonen, die für einen solchen Vorgang benötigt werden. Computermodellierungen zeigen, dass diese Bedingungen im Inneren von Uranus und Neptun herrschen sollen. Bei Temperaturen um 3.000 Grad Celsius und einem Druck von 1,5 Millionen Atmosphären verbanden sich Protonen mit Hydronium und bildeten Aquodium (H 4 O 2+ ).
Zur Studie
Die Studie wurde am 1. Mai 2024 in der Fachzeitschrift Physical Review C veröffentlicht: H4O2+ ion stabilized by pressure(öffnet im neuen Fenster) (H 4 O 2+ -Ion durch Druck stabilisiert).



