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Sonic the Hedgehog 3: Endlich ein echter Videospielfilm

Im dritten Anlauf ist Sonic the Hedgehog 3 die bisher beste Verfilmung des Sega -Maskottchens geworden. Und dazu ein Fest für Jim-Carrey-Fans.
/ Daniel Pook
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Poster von Sonic the Hedgehog 3 (Bild: Paramount Pictures)
Poster von Sonic the Hedgehog 3 Bild: Paramount Pictures

Als 2019 der erste Trailer von Sonic the Hedgehog veröffentlicht wurde, sah alles nach einem garantierten Flop aus - vor allem das hässliche Design der Titelfigur. Sie erweckte den Eindruck, als sei ein menschliches Kind bei einem fürchterlichen Experiment mit einem Igel gekreuzt worden. Nach viel Aufruhr im Internet geschah ein mittelgroßes Wunder, denn Paramount Pictures verschob den Filmstart tatsächlich um drei Monate.

"Ugly Sonic" , inzwischen ein weit verbreitetes Meme(öffnet im neuen Fenster) , wurde einer digitalen Schönheitsoperation unterzogen und sah danach wieder so aus , wie wir den blauen Igel eigentlich aus Videospielen und Cartoon-Darstellungen kennen. Er flitzt seitdem erfolgreich genug über die weltweiten Kinoleinwände, dass daraus jetzt mit dem neusten Teil, fünf Jahre später, sogar schon eine Trilogie geworden ist.

Selbstbewusstes Cartoon-Spektakel

Sonic the Hedgehog 3 beginnt mit unserem bekannten Heldentrio Sonic, Tails und Knuckles, die sich auf der Erde und bei ihrer menschlichen Ziehfamilie inzwischen glücklich eingelebt haben. Die drei anthropomorphisierten Tierwesen aus einer fernen Welt werden jedoch von der Regierungsorganisation G.U.N. ( Guardian Units of Nation(öffnet im neuen Fenster) ) mit dringendem Gesuch aus dem Idyll gerissen.

Sie sollen Sonics dunkles Gegenstück Shadow aufhalten, der aus einer Forschungsanlage fliehen konnte und nun die Erde zu vernichten droht. Dass Sonic superschnell rennen, Tails seinen Fuchsschweif als Propeller zweckentfremden und Knuckles einfach ganz doll zuhauen kann, scheint den hochmodern ausgestatteten G.U.N.-Leuten in ihrem Waffenarsenal also noch gefehlt zu haben.

So logisch denkend sollten wir an Sonic aber erst gar nicht herangehen, sonst macht der Film aus Prinzip keine Freude. Außerdem hat das Trio selbstverständlich weitere Superkräfte im Angebot. Wir haben den Eindruck, dass der immens erfolgreiche Super-Mario-Kinofilm aus dem vergangenen Jahr das Team hinter der Sonic-Trilogie selbstbewusster darin hat werden lassen, auch bei ihrem Projekt einfach mal all-in zu gehen, was dessen Videogame-DNA angeht.

Auf unsere Realität nimmt das Drehbuch dabei keine Rücksicht mehr. Überwiegend von Sonic Adventure 2(öffnet im neuen Fenster) aus der Generation Dreamcast inspiriert, hier und da mit Parodien von Szenen anderer Filme gespickt, versucht der aktuelle Kinoauftritt eine Mischung aus 3D-animiertem Wochenend-Cartoon und schickem Actionspektakel mit den detailgetreu wiedererkennbaren Charakteren der Games zu bieten.

Könnte so ein Sonic-Game mit Unreal Engine 5 aussehen?

Dass der neue Sonic-Film trotz ein paar realer Schauspieler über weite Strecken komplett am Computer entstanden sein könnte, es in Teilen zweifelsfrei auch ist, stört uns überhaupt nicht. Auch fehlt uns hier kein Fotorealismus, den wir bei Sonic gar nicht wollen. Handlung und Look folgen konsequent ihrer eigenen Cartoon-Logik, die nun so stimmig ineinandergreift wie in den Vorgängerfilmen noch nicht so durchgehend.

Kämpfe können mittendrin rasant die Kulisse wechseln, sogar im Weltall enden und das Geschehen ist häufig verspielt, erfrischend bunt. Wenn es mal richtig kracht, ist Sonic 3 spektakulär anzusehen. Der Gesamtlook hält dabei eine gelungene Balance aus hochwertiger, teuer aussehender Animation und zur Vorlage passender Videogame-Ästhetik. So könnte ein künftiges Sonic-Spiel(öffnet im neuen Fenster) in neuester Unreal Engine auf kommender High-End-Hardware aussehen, dachten wir im Kino mehrmals.

Sonic the Hedgehog 3 (Filmtrailer auf Englisch)
Sonic the Hedgehog 3 (Filmtrailer auf Englisch) (02:57)

Menschliche Nebencharaktere, die nicht aus den Sega-Games stammen, finden bloß am Rande statt und hätten eigentlich ganz weggelassen werden können. Sonics Kumpel Tom (James Marsden) und dessen Gattin Maddie (Tika Sumpter) sind Überbleibsel des ersten Films, die schon im zweiten Teil zugunsten von mehr Videospielelementen dezent beiseite gedrängt wurden. Auch ohne Dr. Robotniks Assistenten, Agent Stone (Lee Majdoub), wäre die Handlung verlustfrei ausgekommen. Wobei er wenigstens noch zum Humorgehalt des Geschehens beiträgt.

Schnelle Dialoge und ausufernde Kämpfe zwischen den animierten Figuren dominieren die insgesamt 110 Minuten Laufzeit trotzdem, gemeinsam mit dem anderen großen Highlight von Sonic 3. Das ist zwar dann doch ein Mensch, auf den hätten Sonic-Fans aber auf keinen Fall verzichten wollen.

Ein Jim Carrey macht zwei Robotniks

Natürlich ist Jim Carrey, obwohl er nach Teil zwei eigentlich seinen Ruhestand verkündet hatte(öffnet im neuen Fenster) , erneut in der Rolle von Sonics ursprünglichem Erzfeind Dr. Ivo Robotnik mit dabei. Doch nicht nur das: Er spielt gleich auch dessen Opa Gerald. Beides macht er mit gewohnt vollem Körpereinsatz, was Szenen wie eine lange Duett-Tanzeinlage durch ein Laserschutzsystem zu gekonnt unterhaltsamer Slapstick-Comedy macht.

Wer den zügellos überdrehenden Jim Carrey im Stile von Die Maske, Lemony Snicket oder seinem Riddler aus Batman Forever liebt, kommt voll auf seine Kosten. Gleichzeitig lässt Carrey jenen Dr. "Eggman" Robotnik aus Spielen und Cartoons, der ja immer schon comichaft überzeichnet war, herrlich eigen lebendig werden. Mitsamt Bösewicht-Zwirbelbart und in Make-up(öffnet im neuen Fenster) . Obgleich er ruhig etwas dicklicher hätte sein dürfen.

Sonic 3 lahmt immer da, wo er die eigenen Menschenfiguren der Filmserie mal kurz zu sehr mit einbezieht. Besonders in einer längeren Einbruchsszene à la Mission Impossible bremsen sie das Geschehen zu sehr aus. Der Film begeistert uns als Sonic-Fans auf der anderen Seite umso mehr, wenn er fokussiert bei Charakteren und Storyelementen aus den Videospielen bleibt. Überraschend gut ist das mit dem düster anmutenden Widersacher Shadow gelungen, dessen tragische Vorgeschichte aus Sonic Adventure 2(öffnet im neuen Fenster) detailgetreuer übernommen wurde, als wir das in einer Realverfilmung erwartet hätten.

Mehr Action- anstatt Gag-Feuerwerk

Kleine Easter Eggs, Musik und Details mit Bezug zu Sonic, Videospielen, Anime- und Hollywood-Filmen gibt es genug, aber nicht ununterbrochen. Weder zündet Sonic ein Sprüchefeuerwerk als wolle er Deadpool imitieren. Noch sollten Zuschauer viele brüllend komische Schenkelklopfer erwarten. Dieses Abenteuer ist mehr Actionfilm als Komödie. Mit der ein oder anderen durchaus emotionalen Szene zum Ende hin.

Nur in der Originalversion hören wir die Hollywoodstars als Sprecher, mit denen Sonic the Hedgehog 3 selbst in deutschen Pressemitteilungen beworben wird. Neben dem hier eher unbekannten Comedian Ben Schwartz als Sonic kehrt Idris Elba als Knuckles zurück. Als Hauptattraktion neu dabei ist Keanu Reeves, dessen unnachahmliche Stimme für die melancholische Aura des mysteriösen Shadow wie geschaffen ist.

Die von uns gesehene deutsche Fassung ist insgesamt aber ebenfalls in Ordnung. Youtube-Star Julien Bam(öffnet im neuen Fenster) spricht den eingedeutschten Sonic passend jugendlich und hörbar an die US-Vorlage angelehnt. Die weiteren Sprecher sind wie schon bei den Vorgängern etablierte Synchronstimmen der jeweiligen US-Pendants ihrer Rollen. Wer also mit seinen Kindern ins Kino möchte, kann diesbezüglich aufatmen und muss keine großen Abstriche machen.

Sonic the Hedgehog 3 (Filmtrailer auf Deutsch)
Sonic the Hedgehog 3 (Filmtrailer auf Deutsch) (02:50)

Im dritten Anlauf auf Höchstgeschwindigkeit

Die drei Sonic-Kinofilme zusammen betrachtet ergeben keine durchdacht erzählte Trilogie. Es kommt uns mehr so vor, als hätten Regisseur Jeff Fowler und seine Autoren sich von Film zu Film schrittweise an das passende Konzept einer Sonic-Adaption herangetastet. Mit Teil drei haben sie ihre beste Version abgeliefert und beide Vorgänger damit eigentlich überflüssig gemacht.

Unter der Prämisse, Sonic und sein Universum nicht bloß irgendwie in unsere gewohnte Realität zwängen zu wollen, hat dieser Film unsere Welt von Beginn an in einen Live-Action-Cartoon verwandelt, um tatsächlich eine Geschichte nach Logik der Videospiele auf die Leinwand zu bringen. Ohne dabei bloß typische Level aus den Games zu kopieren. Besonders in der Hinsicht übertrifft dieser dritte Versuch Teil eins und zwei seiner Trilogie bei Weitem.

Das mag unterm Strich zwar trotz allen Lobes bloß ein kurzweiliger, kindertauglicher Actionfilm mit stellenweise absichtlich albernem Humor sein. Nur eben einer, der Sonic- und Jim-Carrey-Fans genau deswegen viel Freude bereiten dürfte, auch wenn sie schon erwachsen sind.

Sonic the Hedgehog 3 ist am 25. Dezember 2024 in deutschen Kinos gestartet und hat eine FSK-Freigabe ab 12 Jahren erhalten. Ein vierter Sonic-Kinofilm soll laut Branchenblatt Variety(öffnet im neuen Fenster) 2027 folgen. Beim Streaminganbieter Paramount+ gibt es außerdem seit April 2024 die Spin-off-Animationsserie Knuckles(öffnet im neuen Fenster) .


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