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Solarmodule in der Wüste: Heiße Pole, trockene Tropen

Warum Solarmodule in der Sahara den erneuerbaren Energien Aufschwung geben, aber das globale Klima schädigen könnten.
/ Zhengyao Lu , Benjamin Smith
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Die zehn größten Solarparks der Welt befinden sich in Wüsten, hier die Atacama-Wüste. (Bild: REUTERS/Fabian Andres Cambero)
Die zehn größten Solarparks der Welt befinden sich in Wüsten, hier die Atacama-Wüste. Bild: REUTERS/Fabian Andres Cambero

Dieser Text ist eine Übersetzung. Das Original findet sich hier(öffnet im neuen Fenster) .

Die unwirtlichsten Wüsten der Welt könnten die besten Orte auf der Erde sein, um Solarenergie zu gewinnen - die im Überfluss vorhandene und sauberste Energiequelle, die wir haben. Wüsten sind riesig, relativ flach, reich an Silizium (öffnet im neuen Fenster) - dem Rohstoff für die Halbleiter, aus denen Solarzellen bestehen - und haben immer viel Sonnenlicht. Tatsächlich befinden sich weltweit die zehn größten Solarkraftwerke(öffnet im neuen Fenster) in Wüsten oder trockenen Regionen.

Forscher träumen davon(öffnet im neuen Fenster) , die größte Wüste der Welt, die Sahara, in eine gigantische Solarfarm zu verwandeln, mit der der aktuelle weltweite Energiebedarf viermal gedeckt (öffnet im neuen Fenster) werden könnte. Es gibt bereits Pläne für Projekte in Tunesien(öffnet im neuen Fenster) und Marokko(öffnet im neuen Fenster) , die Strom für Millionen Haushalte in Europa liefern würden.

Während die schwarzen Oberflächen der Solarmodule einen Großteil des Sonnenlichts aufnehmen, das sie erreicht, wird nur ein Bruchteil ( etwa 15 Prozent(öffnet im neuen Fenster) ) der ankommenden Energie in Elektrizität umgewandelt. Der Rest wird in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben.

Die Module sind in der Regel deutlich dunkler als der Boden, den sie verdecken. Deshalb absorbiert eine große Fläche mit Solarmodulen viel zusätzliche Energie, die als Wärme wieder abgegeben wird, was sich auf das Klima auswirkt.

Wenn diese Auswirkungen nur lokal auftreten würden, wäre das in einer wenig bevölkerten und kargen Wüste nicht ganz so wichtig. Aber der Umfang der Anlagen(öffnet im neuen Fenster) , die benötigt würden, um den Bedarf an fossilen Energien weltweit merklich zu senken, wäre enorm und würde Tausende von Quadratkilometern bedecken. Wärme, die von einer Fläche dieser Größe wieder abgestrahlt wird, verteilt sich durch die Luftzirkulation in der Atmosphäre und hat so regionale oder sogar globale Auswirkungen auf das Klima.

Eine grünere Sahara

In einer Studie von 2018(öffnet im neuen Fenster) wurden die durch den Aufbau riesiger Solarfarmen verursachten Auswirkungen einer geringeren Albedo auf die Landfläche von Wüsten mit einem Klimamodell simuliert. Die Albedo ist eine Kennzahl für das Rückstrahlvermögen für Sonnenlicht auf Flächen. Sand reflektiert beispielsweise viel stärker als ein Solarmodul und hat somit eine höhere Albedo.

Das Modell zeigte, dass, sobald die Größe der Solarfarm 20 Prozent der Gesamtfläche der Sahara einnimmt, eine Rückkopplungsschleife ausgelöst wird. Wärme, die von den (im Vergleich zum stark reflektierenden Wüstenboden) dunkleren Solarmodulen emittiert wird, sorgt für eine hohe Temperaturdifferenz zwischen der Landmasse und den angrenzenden Ozeanen.

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Dadurch wird dann der Luftdruck an der Oberfläche abgesenkt, die feuchte Luft steigt nach oben und kondensiert zu Regentropfen. Wenn in der Monsunzeit mehr Regenfälle auftreten, wachsen Pflanzen, und die Wüste reflektiert weniger Sonnenenergie, da Vegetation Licht besser absorbiert als Sand und Erdboden. Wenn mehr Pflanzen vorhanden sind, verdunstet mehr Wasser, was eine feuchtere Umgebung schafft, die wiederum dafür sorgt, dass sich die Vegetation ausbreitet.

Dieses Szenario mag auf den ersten Blick fantastisch erscheinen, Studien legen jedoch nahe, dass eine ähnliche Rückkopplungsschleife während der afrikanischen Feuchteperiode(öffnet im neuen Fenster) , die erst vor 5.000 Jahren endete, einen Großteil der Sahara ergrünen ließ.

So könnte also eine gigantische Solarfarm genug Energie erzeugen, um den globalen Bedarf zu decken, und gleichzeitig eine der feindlichsten Umgebungen der Erde in eine bewohnbare Oase verwandeln. Klingt doch perfekt, oder?

Wie die Sahara-Solarfarmen das Weltklima beeinflussen

Nicht ganz. In einer aktuellen Studie(öffnet im neuen Fenster) haben wir ein erweitertes Erdsystemmodell(öffnet im neuen Fenster) genutzt, um genau zu untersuchen, wie die Solarfarmen in der Sahara mit dem Klima interagieren.

Bei unserem Modell werden die komplexen Rückkopplungen zwischen den interagierenden Bereichen des weltweiten Klimas berücksichtigt, also die Atmosphäre, die Ozeane, die Landmassen und die entsprechenden Ökosysteme. Dabei hat sich gezeigt, dass es unbeabsichtigte Auswirkungen auf weit entfernte Landmassen oder Ozeane geben könnte, die die regionalen Vorteile in der Sahara selbst möglicherweise aufheben.

Trockenheit im Amazonasgebiet, Zyklone in Vietnam

Wenn 20 Prozent der Fläche der Sahara mit Solarfarmen bedeckt sind, steigen die lokalen Temperaturen in der Wüste nach unserem Modell um 1,5 °C. Bei einer Bedeckung von 50 Prozent beträgt der Temperaturanstieg 2,5 °C. Diese Erwärmung verteilt sich über die Bewegungen in der Atmosphäre und in den Ozeanen schließlich weltweit, so dass die durchschnittliche Temperatur auf der Erde bei einer Bedeckung von 20 Prozent um 0,16 °C, bei einer Bedeckung von 50 Prozent um 0,39 °C steigt.

Die globale Temperaturveränderung erfolgt allerdings nicht einheitlich - die Polarregionen würden sich stärker erwärmen als die Tropen, was zu einem zunehmenden Verlust von Meereis in der Arktis führen würde. Das könnte die Erwärmung noch beschleunigen, da schmelzendes Meereis dunkles Wasser offenlegt, welches wiederum deutlich mehr Sonnenenergie aufnimmt.

Diese massive neue Wärmequelle in der Sahara sorgt für eine Umwandlung der globalen Luft- und Meereszirkulation, was sich auf die Niederschlagsmuster weltweit auswirkt. Das schmale Band mit starken Regenfällen in den Tropen, in dem mehr als 30 Prozent der globalen Niederschläge fallen, was die Regenwälder im Amazonas und im Kongobecken begünstigt, verschiebt sich in unseren Simulationen nach Norden.

Im Amazonasgebiet kommt es dadurch zu Trockenheit, da weniger Feuchtigkeit vom Ozean ankommt. Etwa die gleiche Menge zusätzlicher Regenfälle, die aufgrund der Verdunkelungseffekte der Oberfläche durch Solarmodule über der Sahara niedergehen, geht am Amazonas verloren. Das Modell sagt zudem häufigere tropische Zyklonstürme an den Küsten Nordamerikas und Ostasiens voraus.

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Einige wichtige Prozesse fehlen noch in unserem Modell, beispielsweise Staub, der aus großen Wüsten in andere Gebiete geweht wird. Saharastaub, der vom Wind verteilt wird, ist eine lebenswichtige Nährstoffquelle für das Amazonasgebiet und den Atlantik(öffnet im neuen Fenster) . Eine grünere Sahara könnte also noch größere globale Auswirkungen haben, als unsere Simulationen nahelegen.

Wir beginnen erst, die möglichen Konsequenzen riesiger Solarfarmen in den Wüsten der Welt zu verstehen. Lösungen wie diese (öffnet im neuen Fenster) können zwar zur Abkehr der Gesellschaft von fossiler Energie beitragen, aber Studien zum Erdsystem unterstreichen, wie wichtig es ist, die zahlreichen gekoppelten Reaktionen auf die Atmosphäre, die Ozeane und die Landflächen zu berücksichtigen, wenn die Vorteile und Risiken untersucht werden.

Zhengyao Lu(öffnet im neuen Fenster) forscht im Bereich physikalische Geografie an der Lund-Universität. Benjamin Smith(öffnet im neuen Fenster) ist Forschungsleiter am Hawkesbury Institute for the Environment an der Western-Sydney-Universität.

Offenlegung: Zhengyao Lu erhält Fördermittel von der schwedischen Forschungsgemeinschaft FORMAS und dem von der schwedischen Regierung geförderten strategischen Forschungsfeld "Modelling the Regional and Global Earth System" (MERGE). Benjamin Smith erhält Fördermittel von der schwedischen Forschungsgemeinschaft FORMAS, dem EU-Projekt "Coordinated Research in Earth Systems and Climate: Experiments, Knowledge, Dissemination and Outreach" (CRESCENDO) und dem von der schwedischen Regierung geförderten strategischen Forschungsfeld "Modelling the Regional and Global Earth System" (MERGE).


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