Software-Entwicklung: Audi hält gemeinsames Betriebssystem für zu komplex

Audi-Vorstand Hoffmann lehnt ein herstellerübergreifendes Betriebssystem für Autos ab. Kooperationen beim autonomen Fahren seien hingegen sinnvoll.

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Audi setzt auf das konzerneigene Betriebssystem von Cariad.
Audi setzt auf das konzerneigene Betriebssystem von Cariad. (Bild: avid Niviere/Abacapress.com/Reuters)

Der Ingolstädter Autohersteller Audi hält die Entwicklung eines konzerneigenen Betriebssystems für Autosoftware für unverzichtbar. "Wir nutzen keine externe Lösung, weil wir gerade beim automatisierten Fahren gemerkt haben, dass Durchgängigkeit und vertikale Integration extrem wichtig sind", sagte Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann in einem Interview mit der Automobilwoche (Paywall). Der Münchner Hersteller BMW hatte im Jahr 2021 mehrfach eine Kooperation deutscher Hersteller für die Entwicklung eines solchen Systems angeregt.

Hoffmann begründet die Entscheidung für eine konzerneigene Lösung, die von der Volkswagen-Tochter Cariad vorangebracht werden soll, mit den Worten: "Die Übersetzung eines Kundenwunsches in die jeweiligen Systeme ist extrem komplex. Diese Lösungen müssen wir in unserer Hand behalten. Eine Abstimmung dieser Systeme über unseren eigenen Konzern hinaus stelle ich mir schwierig vor. Ich sehe nicht, dass uns da eine europäische Lösung gelingen könnte. Dazu ist die Komplexität dieser Systeme einfach zu hoch."

Auch Daimler will flexibler sein

Mit vergleichbaren Argumenten hatte auch Daimler dem BMW-Vorschlag eine Absage erteilt. Der Vorteil eines eigenen Betriebssystems liegt laut Daimler-Vorstand Markus Schäfer darin, die Software entsprechend der geplanten Geschäftsmodelle anpassen und extrem kurzfristig noch ändern zu können. "Wir müssen nicht zu Lieferanten gehen und müssen auch sonst keine anderen Partner einbeziehen", sagte Schäfer am Rande der IAA 2021 in München.

Hoffmann schließt Gespräche über "gewisse Vereinheitlichungen" allerdings nicht aus. Diese könne beispielsweise Zwischenanwendungen der Software betreffen. Beim Thema autonomes Fahren hält er hingegen eine herstellerübergreifende Zusammenarbeit für erforderlich.

Das betrifft seiner Meinung nach den Bereich Gesetzgebung und Prüfverfahren. "Hersteller und Gesetzgeber haben hier gar nicht mehr die Möglichkeit, sämtliche Use Cases zu prüfen. Beim automatisierten Fahren geht es mehr darum, einzelne Situationen zu simulieren und zu bewerten. Einheitliche internationale Standards würden es deutlich vereinfachen, Systeme in allen Weltregionen auf den Markt zu bringen", sagte Hoffmann.

Kein Level 3 vor 2025

In diesem Zusammenhang räumte der Entwicklungsvorstand ein, dass Audi wohl erst in drei Jahren ein eigenes hochautomatisiertes System nach Stufe 3 auf den Markt bringen will. "2025 bringen wir aus dem Artemis-Projekt ein Fahrzeug, das konsequent für die Nutzung zum hochautomatisierten Fahren zugeschnitten ist. Damit werden wir das D-Segment neu interpretieren und Features bringen, die dem Kunden wirklichen Mehrwert bringen", sagte Hoffmann.

Die Oberklasse-Konkurrenz von Mercedes-Benz und BMW plant hingegen schon für dieses Jahr entsprechende Autos, die dem Fahrer vorübergehend die Fahraufgabe abnehmen können. Audi hatte eine solche Staupilot-Funktion zwar als erster Hersteller im Jahr 2017 vollmundig angekündigt, jedoch in der Praxis nicht umgesetzt.

Für Hoffmann sind solche Systeme erst dann sinnvoll, wenn "ich dem Kunden einen echten Mehrwert in Form von zusätzlichem Komfort und Zeitgewinn biete. Den großen Sprung machen wir, wenn längere Strecken automatisiert und ohne permanente Aufmerksamkeit des Fahrenden zurückgelegt werden können." Solche Funktionen, wie ein Autobahnpilot, der selbständig überholen kann, sind derzeit allerdings noch nicht rechtlich zugelassen. Ebenso wie BMW will auch Audi keine "Robotertaxis" entwickeln.

Dennoch wolle Audi seinen Kunden "die Möglichkeit geben, über längere Strecken auch die Verantwortung für das Fahrzeug abzugeben", sagte Hoffmann und fügte hinzu. "Es wird noch lange Wetter- oder Verkehrssituationen geben, die komplett autonom fahrende Autos vor große Herausforderungen stellen. Ob sich noch in diesem Jahrzehnt in Europa bei allen Wetterbedingungen alle Strecken für das autonome Fahren freigeben lassen, ist heute noch schwer einzuschätzen."

Auch A-Segment wird elektrifiziert

Der Audi-Vorstand präzisierte die Ankündigung von Firmenchef Markus Duesmann, keine elektrischen Nachfolger der Einsteigermodelle auf den Markt zu bringen. "Für Q2 und A1 wird es keinen direkten Nachfolger geben, das ist richtig. Aber wir werden bis 2027 alle Kernsegmente elektrifizieren. Dazu gehört auch das A-Segment, in dem wir auch in Zukunft ganz klar den Bedarf an Premium-Fahrzeugen sehen", sagte Hoffmann.

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