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Smartphone-Speicherkapazität: Wie groß der Speicher eines iPhones sein sollte

Sind 64 oder gar 32 GByte für ein iPhone genug? Oder sollte es lieber das Vierfache sein? Seit Apple die Zwischenstufen aus dem Programm genommen hat, wird die Entscheidung schwerer.
/ Andreas Sebayang
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Wie viel Speicher braucht das iPhone? (Bild: Andreas Sebayang/Golem.de)
Wie viel Speicher braucht das iPhone? Bild: Andreas Sebayang/Golem.de

Wer sich ein iPhone kaufen will, der steht oft vor der nicht einfachen Entscheidung: Wie viel Speicher brauche ich eigentlich? Apple bietet nur noch zwei Möglichkeiten an: Bei den Einstiegsgeräten iPhone SE, 6S und 7 sind das jeweils entweder 32 oder 128 GByte - und für die Vervierfachung des Speichers sind etwas über 100 Euro extra fällig. Bei den aktuellen Modellen iPhone 8 und X liegt der Einstieg bei 64 GByte und auch hier gilt eine Vervierfachung: Für 170 Euro mehr gibt es 256 GByte.

Das ist ein stolzer Preis für den Speicher, der als SD-Karte erheblich günstiger wäre - und das bei den hohen Basispreisen für Apples Smartphone. Gerade iPhone-Nutzer müssen also die Entscheidung für die Speichergröße sehr bewusst treffen. Für die richtige Wahl sind einige Vorüberlegungen notwendig, die Android-Nutzer oft nicht brauchen. Bei der Konkurrenz gibt es eine größere Auswahl an Hardware für das Betriebssystem und viele Android-Smartphones bieten Speichererweiterungen per Micro-SD-Karte an.

Extraspeicher für iOS ist unkomfortabel

Prinzipiell gibt es Speichererweiterungen zwar auch für iOS-Geräte, doch das sind dann WLAN-Speicher zum Mitnehmen oder Lightning-Sticks. Die Handhabung innerhalb des Betriebssystems beim Zugriff auf diese externen Speicher ist bei weitem nicht so komfortabel wie der direkte Zugriff auf den internen Speicher per SD-Karte, der überall zur Verfügung steht. Zudem braucht es Unterstützung innerhalb der Apps.

iPhone 8 Plus - Test
iPhone 8 Plus - Test (02:38)

Erschwert wird das durch eine seit Jahren bewährte künstliche Lücke zwischen der niedrigsten und der weggefallenen mittleren Kapazitätsstufe. Früher gab es etwa 16-, 64- und 128-GByte-iPhones. Die 16 GByte waren schon damals knapp bemessen, vor allem beim Betriebssystemupdate auf iOS 8(öffnet im neuen Fenster) . Für die zu der Zeit noch geringfügig verbreiteten 8-GByte-iPhones-4S-Modelle war es eine besondere Herausforderung für Anwender. Die jetzt aktuellen 128/256 GByte hingegen sind für viele Anwender schlicht zu viel.

Was in so ein iPhone passen muss

Um zu betrachten, ob diese jetzt angebotenen Mindestspeicher von 32 oder 64 GByte ausreichen, wollen wir ein paar Beispiele nennen. Die 128 und 256 GByte stufen wir pauschal als mehr als ausreichend ein, weshalb wir darauf nicht näher eingehen; man muss schon ein langjähriger Nutzer sein, um Probleme mit diesen Kapazitäten zu bekommen und vor allem viele Videos und Fotos aufnehmen.

Zu beachten ist eine Macke von iOS, die mit den letzten Versionen kam. Wer einen 1 GByte freien Speicher hat, der wird von iOS mit der Aktivierung von iCloud-Fotos genervt und soll App Offloading betreiben, was durchaus ein Risiko bei alten Anwendungen darstellt . Leider akzeptiert Apple das Ablehnen des Angebotes nicht und nervt manchmal nach wenigen Stunden erneut. Apple will die Anwender unbedingt dazu bringen, ihre Fotos in der Cloud zu lagern und macht die Warnung deswegen nicht abschaltbar. Dieses Belästigungs-Gigabyte sollte der Anwender in jedem Fall schon einmal einkalkulieren.

Zu beachten ist zudem die Betriebssystemgröße. Je kleiner der iPhone-Speicher, desto höher der prozentuale Anteil des Systems. Das geht so weit, dass bei einem Vergleich von einem 8-GByte-iPhone zu einem 16-GByte-iPhone der effektiv nutzbare Speicher sich im Prinzip nicht verdoppelt, sondern in etwa verdreifacht. Mit der jetzt aktuellen Untergrenze von 32 und 64 GByte hat niemand mehr bei Betriebssystemupdates Probleme, der ein wenig haushalten kann oder temporär auslagert. Das System belegt in der Regel um die 8 GByte und Updates brauchen selten mehr als 1 GByte Speicher.

Caching braucht unerwartet Platz

Nicht zu unterschätzen ist das Caching. Apps wie Amazon Music oder Spotify können sich für Songs ein paar Hundert MByte Cache reservieren. Selbiges gilt für viele Spiele mit integrierter Update-Funktion. Dazu gehören etwa die beliebten Supercell-Spiele Clash of Clans und Clash Royale. Die nahmen mitunter ein halbes GByte Speicher für sich ein, denn die Programme arbeiten mit Updates außerhalb des App Stores. Den Speicher bekommt der Anwender nur mit einer Neuinstallation wieder. Mittlerweile hat sich das aber gebessert.

iOS 11 - Test
iOS 11 - Test (03:11)

Die Hälfte ist dann mitunter der Cache eines Downloads. Auch Apps wie Instagram und Facebook sind nicht gerade sparsam. Letztere haben wir sogar öfter thematisiert, denn Facebook hat mehr Speicherbedarf als so mancher 3D-Shooter samt 3D-Engine . Das ist allerdings gewissermaßen ein iOS-Problem, das iOS 11 durch die Verbannung von altem 32-Bit-Code vielleicht etwas löst . Wer diese Beispiele schon einsetzt, der muss mit 3 bis 4 GByte Speicher rechnen.

Wer viel mit Whatsapp, Line und Ähnlichem arbeitet, der sollte noch einmal mindestens 1 GByte hinzurechnen - für Fotos, die in der App gespeichert werden.

Die Standard-Apps brauchen natürlich auch Platz. Bei Safari und Mail sind das bei uns je 300 MByte und Messages brauchen ähnlich viel Platz. Wir kommunizieren allerdings nicht so oft per iMessage.

Das bewusste Speichern in Apps und die Größe der Apps

Apps wie Amazon Music oder Google Maps ermöglichen zudem das Speichern weiterer Nutzerdaten. Für die erste App ist etwa der Download von Musikalben relevant. Mit 100 MByte pro Album muss der Anwender rechnen. Ähnliche Werte gelten pro Offline-Map einer Großstadt. Tatsächlich ist das Speichern in Apps für Anwender eher etwas Seltenes. Die meisten werden ihre Musik etwa über iTunes synchronisieren. Aber auch dieser Speicher muss natürlich berücksichtigt werden. Ein paar Gigabyte für Musik sollten viele Anwender einplanen.

Der nächste große Brocken sind bei vielen Nutzern die Apps. Und die sind zum Teil erstaunlich groß. Warum viele Fluggesellschaften und Hotels deutlich über 100 MByte für ihre App brauchen, die mitunter nur ein Web-Frontend sind, lässt sich für den Anwender kaum nachvollziehen. Leider hat sich Apple entschieden, die Größen für Updates nicht mehr transparent mitzuteilen. Wird eine App signifikant größer, was wir oft erlebt haben, lässt sich das kaum noch nachvollziehen. Werte um die 100 MByte sind mittlerweile Standard für Dienstleistungs-Apps von Firmen.

All dies sind praktische, produktive Anwendungsfälle. Da reicht sowohl ein 32-GByte- als auch ein 64-GByte-iPhone. Die folgenden Anwendungsszenarien lassen den Speicher allerdings knapp werden.

Die Speicherkiller: Fotos, Videos und Spiele

Der größte Batzen ist, gerade für Alt-Nutzer, schnell die Foto- und Videosammlung. Viele Anwender ziehen ihre Daten von iPhone zu iPhone um. Nicht wenige unterschätzen das Thema Backup oder lagern Daten nicht aus. Es ist auch durchaus nett, seine gesamte Fotosammlung des letzten Jahrzehnts immer mit sich zu führen. Mit den Erinnerungen hat Apple sogar eine schöne Funktion, die ab und an die alten Fotos hervorkramt.

Doch wer das so handhabt, der hat schon bei normalen Fotos erhebliche Daten zu speichern, ganz zu schweigen von Live-Fotos. Ein Dutzend Gigabyte kommt da schnell in einigen Jahren zusammen. Und wer ständig Fotos schießt, kommt noch schneller in Bedrängnis.

Das ist allerdings kein Vergleich zu den Anwendern, die auch noch Videos aufnehmen. 1 GByte für 10 Minuten müssen sie einplanen. Kurz einen Landeanflug filmen, eine tolle Szene vom Doppeldecker aufnehmen, das geht ordentlich auf die Speicherkapazität - allerdings nicht so schlimm wie viele denken. Wir haben unterschiedliche Videos aus verschiedenen Jahren. Unsere 2011er-Videos sind rund 50 Prozent größer als die aktuellen Videos. Und dank HEVC werden die Videos mit den neueren iPhones noch kleiner.

Einen Haken gibt es allerdings: So mancher Anwender nimmt jetzt in 4K mit 60 Bildern pro Sekunde auf. Auf dem iPhone X entspricht eine Minute 2160p60 rund 900 MByte Speicherbelegung und das wohlgemerkt im hocheffizienten HEVC-Modus. Laut Apple soll eigentlich nur die Hälfte an Daten anfallen, das ist aber vermutlich ein Beschreibungsfehler. Wer viele Videos unterwegs in maximaler Qualität aufnimmt, der kann mit den Einstiegsgeräten nichts anfangen.

Sehr viele Daten brauchen auch HD-Videos aus dem iTunes-Store. Jupiter Ascending in der Dolby-Vision-Variante braucht gut 7,5 GByte. Das ist allerdings schon eine sehr hohe Qualitätsstufe, die für Smartphones nicht unbedingt notwendig ist. Wer mit Amazon Prime Video und Netflix sowie deren Offline-Videos arbeitet, muss nicht mit derart großen Dateien rechnen. Trotzdem: Ein paar abendfüllende Filme und eine spannende Serienstaffel für eine Reise machen sich stark bemerkbar. Das Thema Video lässt selbst 256 GByte wenig erscheinen.

Die Spiele verlieren an Relevanz

Früher waren Spiele die Anwendungen, die mitunter den meisten Speicherplatz belegten. Infinity Blade, Hearthstone, Real Racing und Rage HD sorgten als grafisch anspruchsvolle Titel schnell für das Überschreiten der GByte-Grenze. Ein paar iPhone-Generationen früher war das ein Problem. Wer viel spielte, der brauchte ein großes iPhone mit 32 oder gar 64 GByte. Da die Kapazität heute den Einstieg markiert, ist das Problem weitgehend behoben. Office-Anwendungen wie Pages oder Word sind hingegen deutlich kleiner. 1 GByte für eine einigermaßen komplette Suite ist aber einzurechnen.

Es gibt aber noch einen Grund, sich für ein Mehr an Speicher zu entscheiden: ein potenziell höherer Wiederverkaufswert, insbesondere wenn das Betriebssystem mit einer neuen Version mehr Platz braucht. Das kann durchaus passieren, wenn Apple eigens entwickelte neue Apps freigibt. Die alten 16-GByte-iPhones sind zwar ebenfalls auf dem Gebrauchtmarkt hochpreisig, jedoch nicht ganz unproblematisch, wie die zuvor genannten Speicherbelegungsbeispiele zeigen. Zudem sollten Anwender bedenken, dass diese Geräte auch im Familien- oder Bekanntenkreis weniger gut weitergegeben werden können. Der Nachhaltigkeitsaspekt ist nicht irrelevant, denn wenn ein Smartphone ein paar Jahre weiter existiert, sinkt auch der Ressourcenbedarf.

Mehr Speicher lohnt sich, will aber gut überlegt sein

Zumindest bei den iPhones mit viel Speicher zahlen Anwender das mit. Update-Zyklen um die fünf Jahre machen die Top-Geräte lange einsetzbar, auch wenn sie mit jeder neuen iOS-Version traditionell langsamer werden. Und selbst die Einstiegsgeräte bekommen meist noch ein paar Jahre Support, da es ehemals High-End-Geräte waren. Die Android-Konkurrenz bietet das nicht. Hier kann der Anwender froh sein, wenn der Support zwei Jahre übersteigt. Und das gibt es in der Tendenz eher in der Oberklasse der Android-Geräte.

Ein Fazit, das sich ziehen lässt: Apple hat erfreulicherweise aufgehört, extrem am Speicher seiner Geräte zu sparen. Die 64 GByte der aktuellen Top-Geräte reichen für reguläre Anwender gut aus. Sie reichen für ein paar Spiele und Filme, das Speichern von Fotos stellt kaum ein Problem dar und für Alltags-Apps ist genug Platz da. Auch für iOS-Updates steht genug Platz zur Verfügung und die Verwandtschaft freut sich bei der Weitergabe über die dann immer noch ansprechende Ausstattung.

Bei den Einstiegsgeräten sieht das nicht ganz so gut aus. Die fangen leider bei 32 GByte an, obwohl 64 GByte sinnvoller wären. Da wird der Speicherplatz schnell knapp und jede Videoaufnahme will gut überlegt sein. Damit sorgt Apple dafür, dass die Nutzer die etwas mehr als 100 Euro Mehrinvestitionen für die größere Kapazitätsstufe ausgeben - gut für den Umsatz von Apple, aber nicht so gut für Anwender, die eigentlich keine 128 GByte brauchen.

Es lohnt sich aber durchaus genauer abzuwägen, ob man nicht etwas mehr Speicher haben möchte. Gerade beim extrem teuren iPhone X finden wir den Griff zum 64-GByte-Modell eigenartig. Hier ist Apples Strategie allerdings auch sehr clever. Viele Anwender werden sich denken: Wenn ohnehin deutlich über 1.000 Euro über den Ladentisch für ein Smartphone gehen, macht der Aufpreis sich kaum noch bemerkbar. Eine Strategie, die mit der künstlichen, sehr großen Lücke zwischen dem Einstiegsgerät und der nächsten Kapazitätsstufe noch besser funktioniert. Für 10 bis 20 Prozent Aufpreis gibt es dann den vierfachen Speicher. Dass dieser Aufpreis absolut gesehen frech ist, ignoriert man schnell - auch weil die Alternativen fehlen.


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