Sex-Buchungsplattform Peppr.it: "Erotik muss nicht schäbig sein"

Die 26-jährige Betriebswirtschaftlerin Pia Poppenreiter hat Ende 2013 gemeinsam mit dem Techniker Florian Hackenberger das Berliner Startup Peppr.it gegründet. Die Österreicherin will ein seriöses Vermittlungsportal für erotische Dienstleistungen aufbauen, wie sie im Gespräch mit Golem.de sagt.

Artikel veröffentlicht am , Lars Sobiraj
Peppr.it-Mitgründerin Pia Poppenreiter
Peppr.it-Mitgründerin Pia Poppenreiter (Bild: Peppr.it)

Interneteinkäufe ersetzen zunehmend das Shoppen im Geschäft. Eine aktuelle Umfrage des Hightech-Verbandes Bitkom ergab, dass mittlerweile 94 Prozent der Internetnutzer über 14 Jahren Waren im Web einkaufen. Im Gegensatz zum Online-Vertrieb von Elektronik und Bekleidung stellt in Deutschland das Angebot erotischer Dienstleistungen eine absolute Ausnahme dar. Noch. Die beiden Gründer von Peppr.it wollen das mit ihrem Berliner Startup ändern.

Peppr.it bittet die Nutzer anfangs um eine Ortsangabe, damit die nächstgelegenen Anbieter angezeigt werden können. Danach kann die Auswahl der Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen mithilfe eines Filters eingegrenzt werden. Neben der Sprache können Merkmale wie sexuelle Vorlieben, Alter, Körbchengröße, Preis und weitere Attribute eingestellt werden. Das Vermittlungsportal ist komplett werbefrei und finanziert sich ausschließlich durch Gebühren, die zwischen Portal und Sexarbeiter aufgeteilt werden. Ab einem Honorar von 200 Euro kostet die Kontaktaufnahme 10 Euro, darunter die Hälfte.

Golem.de: Diverse Medien bezeichnen Ihr Portal als App. Was macht Peppr.it tatsächlich dazu?

Pia Poppenreiter: Technisch könnte man uns auch als mobile Webseite bezeichnen, aber wir lehnen uns vom Bedienkonzept sehr stark an die User Experience einer nativen App an, und der Begriff Web App hat sich in den letzten Jahren für Angebote unserer Art einfach etabliert. Man kann unsere Seite auch als Icon auf dem Homescreen ablegen und wir designen immer mobile first, das heißt, wenn wir Kompromisse eingehen, dann immer zugunsten des mobilen Angebots.

Golem.de: Anders gefragt. Was ist denn das Alleinstellungsmerkmal von Peppr?

Pia Poppenreiter: Ja, die Frage kommt immer wieder, aber es gibt ganz erhebliche Unterschiede. Es fängt schon mit dem Namen an: Wir wollten etwas Seriöses. Auch sollten die Farben durchaus erotisch ansprechend sein, aber nicht vor Aufdringlichkeit in den Augen weh tun. Kein Blingbling, Klingeling, kein Großraum-Disco-Gedröhne, bei dem du erstmal aufwendig den Aus-Knopf-suchen musst. Weniger ist mehr. Auch bei den Fotos setzen wir bewusst auf einen konservativeren Look und sind dafür unlängst sogar öffentlich gelobt worden. Mein Konzept war von Beginn an, dass Erotik nicht schäbig sein muss. Wir bekommen sehr viel positiven Zuspruch, gerade von den Frauen, die sich von uns respektvoll vertreten fühlen, da unsere Präsentation sich so zurückhält und ihnen den Vortritt lässt.

Punkt zwei ist unsere Öffentlichkeitsarbeit, die von Anfang an auf totale Transparenz setzte. Wer kennt schon die Leute, die sich hinter den einschlägigen Plattformen verbergen? Teilweise sind die Namen noch nicht einmal echt, da sich die Macher für ihr Werk schämen. Eine Einstellung, die für mich nie in Frage kam. Wenn ich schon so eine Plattform schaffe, dann stehe ich dazu mit Namen und Gesicht, auch wenn mir bis heute einige nicht glauben, dass Pia Poppenreiter mein echter Name ist. Unser Büro ist hier in der Weserstraße in Berlin-Neukölln, ich sitze sogar direkt neben der Tür. Sie ist offen und jeder kann reinkommen und Hallo sagen. Unser Visier ist offen.

Dazu unser Hintergrund: Ich komme zwar nicht aus der Branche, habe aber viele Monate damit verbracht, in dieser hermetisch verschlossenen Welt zu recherchieren und mich in vielen Gesprächen persönlich an die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter gewandt, um mich wertfrei nach ihren Bedürfnissen zu erkundigen. Dazu haben wir zu unserem Team feste Berater, die selbst Sexarbeiterinnen waren und uns direkt Feedback geben, was funktioniert und was nicht. Uns ist sehr wichtig, den Menschen, die wir präsentieren, auf Augenhöhe zu begegnen.

Golem.de: Stellen reguläre Escort-Agenturen keine erhebliche Konkurrenz dar? Oder hoffen Sie auf das Ausbleiben eines Kannibalisierungseffekts, weil sich die Freien der Agenturen auch bei Ihnen eintragen können?

Pia Poppenreiter: Wenn sie mit uns zusammenarbeiten wollen, freut uns das, aber wir beobachten das nicht. Wir haben schlichtweg nicht die Zeit und die persönlichen Ressourcen, uns auch noch darum zu kümmern. Es gibt weltweit so viele Escort-Agenturen. Jeden Tag schießen neue Agenturen wie Pilze aus dem Boden und vergehen gleichzeitig wie welke Blüten im Wind. Die Fluktuation ist gigantisch. Alleine in den USA gibt es über 75.000 Agenturen. Was viele nicht wissen ist, dass die Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen Agentur-Hopping betreiben. Geht es bei der einen schlecht, hüpfen sie zur nächsten und zur nächsten und so weiter. Viele sind gleich in mehreren vertreten und zusätzlich auch noch von uns. Ist doch prima.

"Das Persönliche hat uneingeschränkt Priorität"

Golem.de: Wie beurteilen Sie Portale, die Online-Auktionen für erotische Dienstleistungen anbieten?

Pia Poppenreiter: Jeder Unternehmer hat seinen Entwurf. Die haben ihren und ich habe meinen und darauf konzentriere ich mich.

Golem.de: Wie prüfen Sie neue Bewerber, die ihre Dienstleistungen offerieren wollen? Geht das überhaupt ohne ein persönliches Treffen?

Pia Poppenreiter: Ohne ein persönliches Gespräch kommt niemand auf die Plattform.

Golem.de: Das ist allerdings sehr zeitaufwendig.

Pia Poppenreiter: Es geht nicht anders. Das Persönliche hat uneingeschränkt Priorität, es ist die Basis unseres Geschäftsmodells. Ohne gegenseitiges Vertrauen geht gar nichts.

Golem: Wie stellt sich denn der Markt dar, der offenbar total unübersichtlich ist?

Pia Poppenreiter: Ich sage: Prostitution ist kein Kontinent. Es ist ein Meer mit vielen vulkanischen Inseln. Das macht es ja so kompliziert, darüber angemessen zu sprechen und zu urteilen, denn die Inseln haben leider gleichzeitig die unangenehme Eigenschaft ständig unterzugehen und woanders neu aufzutauchen. Wir können nichts anderes machen, als uns auf unser eigenes kleines Eiland zu konzentrieren und es möglichst schön zu machen, damit viele Boote (die Sexarbeiter) sicher anlegen und die Bootsfahrer (Klienten) einsteigen können, ohne dass beide kentern.

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