Selbstfahrend: E-Auto-Ausrüster Huawei will nicht als Autobauer gelten

Huawei stellt den Elektromotor, die Kameras, das Radar, die Software und die Chips für Sensorik, das Energiemanagement, die Vehicle Cloud und die Rechenleistung für autonome E-Autos her, betont aber, selbst kein Autohersteller zu sein. Der Tech-Konzern will bescheiden agieren, um gegenwärtige und zukünftige Partner aus der Branche nicht zu verschrecken.
Auf dem Hauptdisplay im Inneren des Wagens, in dem wir Anfang Dezember in den Straßen rund um den Konzernsitz in Shenzhen Probe fahren, läuft HarmonyOS Automotive. Ein großes Huawei-Logo ist zwischen Fahrer- und Beifahrersitz angebracht, das sich hochwertig anfüllt. Ein Huawei-Techniker sitzt noch auf dem Fahrersitz neben uns, doch er berührt nicht das Lenkrad.
Was in dem Wagen nicht von Huawei kommt, sind die Batterien und andere nicht-digitale Komponenten. Das chinesische Unternehmen praktiziert verschiedene Modelle der Zusammenarbeit: von der bloßen Zulieferung einzelner Komponenten bis hin zur Harmony Intelligent Mobility Alliance (HIMA), wo alles Digitale eines Fahrzeugs von Huawei stammt. Diese Wagen stehen im Huawei-Store und können dort direkt gekauft werden.
Auch Ladesäulen kommen von dem chinesischen Tech-Konzern, der sein Know-how im Bereich Energiemanagement erworben hat, um Mobilfunkantennen zu verbessern. Das Unternehmen erklärte(öffnet im neuen Fenster) : "In Zukunft werden Autos zu mobilen Rechenzentren (Mobile Data Centers, MDC) auf Rädern. Huawei hat die MDC-Lösung als Antwort auf die Anforderungen eingeführt, die selbstfahrende Autos an Computerplattformen stellen." In seiner MDC-Ausrüstung habe Huawei seine Host-CPU-, KI-, ISP- und SSD-Steuerchips installiert, die das Unternehmen selbst entwickelt habe. 55 Prozent seiner Beschäftigten arbeiten im Bereich Forschung und Entwicklung.
Neuer Konzernbereich von Huawei
Carsten Senz, Vice President Corporate Communication bei Huawei Deutschland, sagte: "Unsere neueste Geschäftssparte heißt Intelligence Automotive Solutions (IAS), die Autos stehen im Flagship Store Huaweis." Man liefere Komponenten aus den Bereichen Energietechnologie und Digitalisierung, erklärte Senz. "Wir designen die Autos, digitalisieren und automatisieren die Fabriken und betreiben Marketing und Sales gemeinsam."
Doch Senz legt großen Wert darauf, dass der Konzern kein Autoproduzent sei und auch keiner werden wolle. "Wir wollen Automobilzulieferer sein und bleiben, denn wir wollen mit allen Autoherstellern weltweit zusammenarbeiten."
Doch genau genommen greife Huawei bei der Harmony Intelligent Mobility Alliance so tief in Planung, Produktion und Vermarktung der Automobilhersteller ein, dass diese austauschbar würden, erklärte ein Insider Golem.de. Deren Aufgabe bleibe zwar nicht auf das Biegen der Bleche beschränkt, schwinde aber zunehmend. Nur das Geschäftsrisiko für Produktion und Verkauf der Wagen bleibe bei den Herstellern.
Probefahrt im Aito M9 in die Berge
500.000 Fahrzeuge fahren laut Senz bereits mit dem Huawei System auf den Straßen Chinas. Hier sind die HIMA-Modelle Aito, Luxeed, Stellato und Maextro gemeint, aus den Kooperation mit derzeit vier Herstellern. "Darüber hinaus gibt es aber andere Kooperationen mit mehr als 20 Herstellern, wo wir 'einfacher' Komponentenzulieferer sind" , sagte Senz Golem.de
Die Zusammenarbeit konzentriert sich noch auf chinesische Automobilkonzerne, man liefert aber auch an nicht-chinesische Hersteller. Versuche einer Annäherung gab es laut Branchenkreisen bei ADS zwischen VW und Huawei. Ab 2025 führen sogar viele Audi-Modelle in China mit Huawei ADS, sagte Senz im Dezember in Shenzhen.
Kurz zuvor war Senz sechs Stunden mit dem autonomen Fahrsystem von Huawei im Aito M9 der chinesischen Seres Group "in und um Peking herumgefahren; in kleine Bergdörfer, komplett autonom, eine ganz komplizierte Strecke" , berichtete er. Auf Linkedin berichtete der Huawei-PR-Manager(öffnet im neuen Fenster) von Bergserpentinen mit fehlenden Straßenmarkierungen und Fahrten durch Bergdörfer mit Gegenverkehr auf einer Straße, die durch mobile Händler, Straßenstände und Touristen so blockiert war, dass sie nur Platz für ein Auto bot.
In unübersichtlichen Kurven hätten Radfahrer überholt werden müssen. Das System habe die Strecke "ungefähr wie ein menschlicher Fahrer mit einem Jahr Erfahrung" bewältigt, erklärte Senz. Im Dezember 2024 waren über 200.000 Aito M9 SUVs(öffnet im neuen Fenster) verkauft.
Das Spannende an ADS bei Huawei sei, dass Hunderttausende Privatnutzer überall damit herumführen und "nach der derzeitigen L2+++-Regulierung nur alle drei Minuten ihre Hand ans Lenkrad tippen müssen" , meinte Senz. Dies sei KI-Selbsttraining in der Praxis rund um die Uhr. Technisch ist das sogenannte L2+++ jedoch bereits L4, aber um die Regulierer zu beruhigen, wählt man diese Bezeichnung, erfuhr Golem.de von Brancheninsidern in China.
Offenlegung: Golem.de nahm auf Einladung von Huawei an einer Pressereise nach Shenzhen teil. Die Reise- und Hotelkosten wurden komplett von Huawei übernommen. Unsere Berichterstattung ist davon nicht beeinflusst und bleibt gewohnt neutral und kritisch. Der Artikel ist, wie alle anderen auf unserem Portal, unabhängig verfasst und unterliegt keinerlei Vorgaben seitens Dritter.



