Science-Fiction: Die Zukunft von Star Trek

Es gibt verschiedene Phasen von Star Trek : zuerst die klassische von 1966 bis 1969, dann die Ära der Filme, schließlich die der Serien, die von den Achtziger- bis zu den frühen Zweitausenderjahren liefen, gefolgt von einer kurzen Phase der Reboot-Filme. Seit 2017 hat Star Trek jedoch eine Renaissance erlebt, beginnend mit Star Trek: Discovery und mit den Möglichkeiten der Welt der Streamingdienste.
In den sieben Jahren seit damals ist das Franchise erst gewachsen, dann aber auch wieder geschrumpft. Star Trek: Discovery endete nach fünf Staffeln, die Zeichentrickserie Star Trek: Lower Decks endet dieses Jahr nach der fünften Staffel, die Animationsserie Star Trek: Prodigy ist nach zwei Staffeln vorbei (sofern Netflix, das die Show übernommen hat, nicht weitere Staffeln ordert).
Der TNG-Ableger Star Trek: Picard wurde nach drei Staffeln beendet. Die einzige Serie, die noch läuft, ist Star Trek: Strange New Worlds, die dritte Staffel kommt 2025. In dem Jahr wird auch die vierte Staffel produziert.
Nächstes Jahr wird Star Trek: Strange New Worlds also die einzige Star-Trek-Serie sein - falls die sich in Produktion befindliche Serie Star Trek: Starfleet Academy nicht doch noch Ende des Jahres eine Ausstrahlung erlebt . Dazu kommt ein Film.
Was allen drei Formaten gemein ist: Sie gehen aus Star Trek: Discovery hervor, einer der im Fandom unbeliebtesten Serien.
Ist Star Trek zu woke?
Immer wieder ist von Fans zu hören, Star Trek sei woke geworden. Weil die Discovery von einer Schwarzen Frau befehligt wird, weil es eine offen schwule Beziehung zweier Crewmitglieder gibt, weil eine nonbinäre Figur von einem nonbinären Menschen gespielt wird. Aber Star Trek war schon woke, bevor das Wort überhaupt Einzug in den Sprachgebrauch nahm.
Schon immer woke
Die Crew der originalen Serie war divers, mit der Afroamerikanerin Nichelle Nichols als Uhura und dem japanischstämmigen George Takei als Sulu. Es gab diesen berühmten Kuss von Uhura und Kirk (oft wird behauptet, es sei der erste Kuss zwischen einer Schwarzen Frau und einem weißen Mann im US-TV gewesen, aber das ist falsch(öffnet im neuen Fenster) ), in Star Trek: The Next Generation wurden Gender-Fragen(öffnet im neuen Fenster) behandelt, in Star Trek: Deep Space Nine hatte man mit Jadzia Dax(öffnet im neuen Fenster) eine Figur, die als Trill männlich oder weiblich sein konnte, je nachdem, welcher Wirt für den Symbionten zur Verfügung steht.
Kurz gesagt: Das neue Star Trek denkt nur weiter, was das alte Star Trek so konsequent vorgelebt hat. Wer das nicht erkennt, hat Star Trek nie verstanden. Star Trek ist nicht nur ein Spiegel seiner Zeit, es denkt voraus, was möglich ist, es reißt Schranken ein und setzt sich für eine tolerantere Welt ein: Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination - das Motto der Vulkanier, es gilt für Star Trek in seiner Gänze.
Star Trek befindet sich im Umbruch. Die meisten Projekte der letzten sieben Jahre sind zum Abschluss gekommen, was erwartet uns bei den bereits angekündigten?
Star Trek: Strange New Worlds wird auch in der dritten Staffel die üblichen Sci-Fi-Konventionen herausfordern. So wie es in der zweiten Staffel eine Musicalfolge geben wird, soll es im nächsten Jahr Folgen geben, die mit der erzählerischen Form spielen. Produzent Akiva Goldsman sinnierte darüber, dass eine Folge auch mit Puppen erzählt werden könnte. Was man auf jeden Fall weiß: Es wird eine Folge geben, in der einige Mitglieder der Enterprise zu Vulkaniern werden.
Darüber hinaus ist Star Trek: Strange New Worlds natürlich mit einem Ablaufdatum versehen. Denn man weiß, dass Christopher Pike einen verheerenden Unfall erleben wird und dass die Enterprise in die Hände von Captain Kirk übergeht.
Tatsächlich fühlt sich die Serie schon jetzt an, als würde man darauf hinarbeiten. Mit Spock, Schwester Chapel und Uhura waren TOS-Figuren von Anfang an bei der Serie dabei, Kirk wurde eingeführt und taucht immer mal wieder auf, und Scotty wird in der nächsten Staffel nach seinem Debüt am Ende der zweiten Season mehr zu tun bekommen.
Wenn Paramount seinem fast schon üblichen Muster folgt, könnte die Serie fünf Staffeln erleben und dann in einen Reboot der Originalserie münden. Wobei Reboot das falsche Wort ist. Vielmehr wäre es dann eine neue Star-Trek-Serie, die parallel zu den Ereignissen der Serie von 1966 bis 1969 erzählt wird - oder danach.
Denn die damals propagierte Fünf-Jahres-Mission erlebte ja nur drei Jahre im Fernsehen. Strange New Worlds ist jetzt das Star-Trek-Flaggschiff, eine Fortsetzung mit der TOS-Crew könnte übernehmen.
Ein Film fürs Streaming
Star Trek: Section 31 war zuerst als Serie geplant, später wurde ein Film daraus, weil Hauptdarstellerin Michelle Yeoh gerade ein Karrierehoch erlebt und sehr beschäftigt ist. Im Mittelpunkt steht Emperor Philippa Georgiou.
Die Figur stammt aus Star Trek: Discovery, wurde eigentlich als Schurkin eingeführt, soll jetzt aber so eine Art Anti-Heldin sein und ist Teil der supergeheimen Organisation Section 31, die erstmals in Star Trek: Deep Space Nine eingeführt wurde.
Wird Section 31 wie die Suicide Squad?
Bisher gab es nur einen Teaser . Was von dem Film zu erwarten ist, ist darum schwer zu sagen.
Aber: Einige Fans hadern schon damit. Es fühle sich nicht nach Star Trek an. Das mag sein, aber sollte es in einem derart großen Universum nicht auch Platz für verschiedene Erzählarten geben?
Dieser Film könnte eher eine Art A-Team oder Suicide Squad sein, und damit ein Actionfilm, der vielleicht tatsächlich wenig mit dem zu tun hat, was Star Trek gemeinhin ist. Aber ein Franchise muss es auch aushalten können, narrativ zu diversifizieren. Sonst gibt es die immer gleichen Geschichten Jahr für Jahr.
Auf der Akademie
Die nächste große Serie ist Star Trek: Starfleet Academy, die im 32. Jahrhundert spielt. Damit zeigt sich, dass Star Trek: Discovery ein wichtiger Teil des Franchise ist, aus dem sehr viel Neues hervorgegangen ist - bis dato zwei Serien und ein Film.
Es wird aber auch deutlich, dass der Fokus des neuen Star Trek auf der Zukunft liegt. Theoretisch kann Star Trek Geschichten aus einer mehr als 1.000 Jahre währenden Zeitspanne erzählen, die Entscheidung ist aber offenkundig die, dass man vom 32. Jahrhundert aus den Weg in die Zukunft beschreiten will.
In Starfleet Academy geht es um neue und junge Kadetten, die in einer sich verändernden Zeit ihre Abenteuer erleben. Die Serie will damit dem Lebensgefühl eines jungen Publikums näherkommen, das ebenfalls in Zeiten aufwächst, in denen sich alles rasant verändert.
Figuren aus Star Trek: Discovery werden dabei sein, aber auch der Holodoc aus Star Trek: Voyager. Die Vergangenheit wird bei Star Trek nie vergessen. Sie wird zelebriert.
Die Macher wären jedoch gut beraten, wenn sie nicht alle künftigen Projekte im 32. Jahrhundert ansiedeln. Sie sollten einen Blick auf Star Wars werfen, wo Filme und Serien querbeet entlang einer langen Timeline erzählt werden.
Was von 1966 bis 2005 - also von TOS bis Star Trek: Enterprise - erschaffen wurde, ist ein solch reichhaltiger Kanon, dass man ihn nicht einfach links liegen lassen sollte. Es gibt Fans, die Geschichten in dieser Ära sehen wollen, wie der Erfolg von Star Trek: Lower Decks bewiesen hat.
Auf die Bühne
Die Produzenten denken auch außerhalb festgelegter Parameter. Ein Bühnenmusical ist in einem frühen Stadium der Entwicklung(öffnet im neuen Fenster) , bei der San Diego Comic Con sprach Akiva Goldsman darüber, dass ein Bühnenstück von Star Trek möglich sei, basierend auf der Musicalfolge Subspace Rhapsody.
Auch bei anderen Franchises hat es den Weg auf die Bühne schon gegeben - Harry Potter und Stranger Things haben Geschichten für das Theater entwickelt.
Theater und Humor - zwei neue Disziplinen
Star Trek kann und sollte das auch tun. Es wäre auch ein gänzlich neues Erlebnis, und das nicht nur, weil für ein Bühnenstück von etwa zwei Stunden Laufzeit noch jede Menge neuer Songs entwickelt werden müssten. Allein, dass darüber nachgedacht wird, zeigt, wie lebendig Star Trek ist.
Die Musicalfolge kam nicht bei jedem gut an. Es gibt Menschen, die stehen einfach nicht auf Musicals. Müssen sie auch nicht. Es muss auch niemand ins Theater gehen, aber für die, die es mögen, ist die Idee eines Star-Trek-Musicals auf der Bühne sicher zauberhaft.
Es darf gelacht werden
Star Trek ist und muss mehr sein als eine Abenteuerserie, bei der ein Raumschiff die Crew von einer Mission zur nächsten bringt. Weil der Reiz des Neuen das Franchise frisch hält. Als von 1988 bis 2004 vier Star-Trek-Serien produziert wurden, stellte sich beim Fernsehpublikum zum Ende hin eine gewisse Müdigkeit ein, weil das Konzept trotz kleinerer Abweichungen immer gleich war.
Den Fehler will man nun nicht mehr machen. Erstes Beispiel dafür waren die beiden Animationsserien, das nächste ist, dass eine Star-Trek-Sitcom entwickelt wird.
An eine Sitcom würde man im ersten Augenblick nicht denken, aber was spricht dagegen, außer die vorgefertigte Meinung, dass Star Trek eine bestimmte Form haben muss und nie etwas anderes sein darf? Entwickelt wird die noch namenlose Serie von Tawny Newsome, die Mariner in Star Trek: Lower Decks spricht und als Autorin bei Star Trek: Starfleet Academy dabei ist. Sie arbeitet mit Justin Simien zusammen.
Die Grundidee ist interessant: Ein paar Außenseiter der Föderation arbeiten auf einem strahlend schönen Ferienresortplaneten und finden dann heraus, dass ihre täglichen Erlebnisse live im ganzen Quadranten ausgestrahlt werden. Man könnte also sagen: Die Truman-Show trifft Star Trek.
Die Idee wird als Workplace-Comedy à la The Office beschrieben. Das mag nicht jedem gefallen, aber: Niemand ist gezwungen, jeden Fitzel Star Trek zu gucken. Wenn etwas nicht gefällt, kann man es auch einfach ignorieren.
Über diese Projekte hinaus ist noch nicht bekannt, wohin Robert Kurtzman und Akiva Goldsman Star Trek in den nächsten Jahren steuern werden. Es zeigt sich aber schon, dass sie gewillt sind, Wege zu beschreiten, die dem Franchise zuvor verschlossen waren.
Neue Ideen, neue Genres, neue narrative Erzählformen, aber auch klassisches Star Trek. Es kann und es muss alles nebeneinander existieren können. Nur dann ist die Zukunft bunt und granatenstark, um ein anderes Sci-Fi-Franchise zu zitieren.



