LKW-zentrierte Verkehrslogik ist das Problem
Zugegeben, die Macher des Tests gehen im Interview mit Golem.de ehrlich mit den Problemen und Zielstellungen der O-LKW um und sehen diese Technik auch selbst nicht als "Weltformel für Verkehr". Dementsprechend geben sich die Beteiligten offensichtlich Mühe dabei, das nun angelaufene Pilotprojekt eher als eine Art Machbarkeitsstudie darzustellen anstatt als Lösung, die konkret in den kommenden Jahren umgesetzt werden soll.
Die konkreten Darstellungen des O-LKW-Tests offenbaren dennoch weitere offensichtliche Grundprobleme mit dem Test und der Technik selbst, die deutlich über das Argument hinausgeht, dass eine Milliarden Euro teure Parallelinfrastruktur zur Bahn geschaffen werden würde.
Nah- und Regionalverkehr geht anders
Laut der Beschreibung auf der Webseite des Projekts wird die mögliche Anwendung der O-LKW eher bei Gütertransporten im Nah- und Regionalverkehr als im Fernverkehr gesehen. Die durchschnittliche Wegelänge für den Güterverkehr in Deutschland auf der Straße beträgt immerhin rund 140 km (PDF), ob dies noch als Regional- oder gar Nahverkehr durchgehen kann, ist eher unwahrscheinlich. Der konkrete Versuchsaufbau bildet damit aber auf keinen Fall einen Großteil des tatsächlichen Güterverkehrs ab, der sinnvollerweise elektrifiziert werden sollte, sondern wenn überhaupt nur ein kleines Teilproblem dessen.
Um diese durchaus weiten Durchschnittstrecken des LKW-Güterverkehrs realistisch mit O-LKW zu testen, müssten die Versuche wohl auch auf abgelegeneren Bundesstraßen durchgeführt werden. Und trotz der steten Bemühungen von Staat und Wirtschaft die Bodenversiegelung durch Umgehungsstraßen voranzutreiben, gibt es wohl immer noch viel Güterverkehr auf Straßen, die kurvenreich sind, unter Umständen von engen Alleen bewachsen, und oft auch nah an besiedeltem Gebiet vorbei- oder auch direkt hindurchführen. Hier eine Oberleitung auch nur zum Testen aufzubauen, wäre wohl deutlich komplizierter als die aktuellen Tests auf Autobahnen oder teils autobahnähnlich ausgebauten Strecken.
Die Teststrecken für die O-LKW werden außerdem als kurze Pendelstrecken beschrieben, die nah aneinander liegende Gewerbegebiete miteinander verbinden. Interessanterweise liegen diese aber auch sehr nah an bestehenden Schienenstrecken. Es wäre auch hier wohl sinnvoller, die Möglichkeiten zu erörtern, wie diese Bahninfrastruktur besser genutzt werden könnte oder überhaupt der Frage nachzugehen, warum hier statt auf die Bahn auf LKW gesetzt wird.
Letztlich dürfte aber auch dieser Pendelverkehr zwischen Gewerbegebieten nur teilweise typisch für den Nahverkehr mit LKW sein. Nicht getestet wird mit dem Aufbau etwa der Zulieferverkehr für den Einzelhandel oder für kleinere Industrie- und Handwerksbetriebe in Städten. Hier würde der O-LKW außerdem mit anderen, eventuell weniger komplizierten Techniken konkurrieren. Dazu gehören unter anderem kleinere LKW mit einem Akku.
Ebenso gab und gibt es auch im Nahverkehr schwere Gütertransporte, die etwa über die Infrastruktur von Straßenbahnen abgewickelt werden. So verwendet etwa Volkswagen für die Produktion in Dresden eine sogenannte Cargotram zum Transport auf den Straßenbahnschienen mit Oberleitung im Stadtgebiet.
Ähnliche Projekte oder auch der früher über Jahrzehnte aufrecht erhaltene Güterbetrieb haben sich in der Vergangenheit aber nicht durchsetzen können oder wurden eingestellt. Doch selbst in dicht getakteten S- und U-Bahn-Netzen könnte möglicherweise auch schwerer Transportverkehr in Großstädten mit etwas Willen umgesetzt werden. So wird das U-Bahn-Netz in Berlin wie in vielen anderen Städten bis auf Ausbesserungsarbeiten nachts für einige Stunden schlicht nicht genutzt und stünde so theoretisch für Güterverkehr zur Verfügung. Warum solche Ideen aber kaum getestet oder umgesetzt werden, zeigt sich beispielhaft ebenfalls an der Antwort der Beteiligten zum O-LKW-Projekt.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Schwerlastverkehr: Oberleitung - aber richtig! | Bahn statt zu vieler LKW |
Die DB ist aber diejenige, die das Schienennetz betreibt. Wenn die Stellwerke nicht...
Mitbekommen?: https://www.dvz.de/rubriken/test-technik/detail/news/daimler-trucks...
Gefühlt ist auch in den letzten 30 Jahren keine Güterverkehrsstrecke in Betrieb genommen...
Zumindest die DVB (Dresdner Verkehrsbetriebe) hat für die Gläserne VW-Manufaktur...