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Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis

Deutschland hat sein Schutzraumkonzept 2007 aufgegeben. Bei dem oben erwähnten Vortrag auf dem BBK Fachkongress wurde gesagt, dass es noch 579 Schutzbauten mit 477.593 verfügbaren Plätzen gebe, die überwiegend nicht einsatzbereit seien. Details dazu wurden bisher nicht veröffentlicht.

2008 betrug der bundesweite Bestand an öffentlichen Schutzräumen (ÖSR) nach Angaben des BBK rund 1,6 Millionen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich diese Zahlen ausschließlich auf die westlichen Bundesländer (einschließlich Berlin) beziehen. Schutzräume der ehemaligen DDR wurden nach der Wiedervereinigung Deutschlands nicht in das Schutzbaukonzept des Bundes übernommen. Dazu kamen noch private Schutzräume beziehungsweise die Schutzräume und Bunker in Kasernen, Behörden und Ministerien.

Verlässliche Zahlen dazu sind nur schwer zu bekommen. Auch weiß niemand, wie hoch die Kosten für die Reaktivierung dieser ÖSR sind. Fest steht nur, dass die meisten dieser Schutzräume noch existieren. Allerdings ist eine Reaktivierung anscheinend nicht angedacht.

Wie geht es nun weiter?

Und wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis. Dieser heißt "gemeinsame Unterarbeitsgruppe (UAG) der Bund-Länder-offenen Arbeitsgruppe zivil-militärische Zusammenarbeit/Zivile Verteidigung" und soll unter der Beteiligung des Bundesinnenministeriums, des Bundesverteidigungsministeriums und aller Länder sowohl die aktuelle Bedrohungslage als auch die baulichen Gegebenheiten der Bundesrepublik berücksichtigen. Derzeit werden die folgenden Eckpunkte ausgearbeitet beziehungsweise umgesetzt:

1. eine systematische Erfassung öffentlicher Gebäude und privater Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden können. Das können unter anderem Tiefgaragen, S- und U-Bahnhöfe sowie Kellerräume sein. Bei dieser Erfassung werden sicher die oben genannten 1,6 Millionen Schutzplätze wieder auftauchen. Und die haben sogar Panzertüren und Filteranlagen.

2. ein auf diesen Daten aufbauendes digitales Verzeichnis, das es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, über Warn- und Kartendienste die für sie nächstgelegenen Schutzorte über das Handy zu ermitteln. Es ist eine nicht ganz triviale Aufgabe, im Ernstfall 80 Millionen Menschen zeitgleich und unverzüglich diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Dafür kann das BBK das bereits etablierte Modulare Warnsystem (Mowas) mit dem daran angeschlossenen Cell Broadcast und die Nina-Warn-App nutzen – vorausgesetzt, es werden die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt und die Reichweite zur Akzeptanz und Nutzung werden weiterhin erhöht.

3. Handlungsempfehlungen zur niedrigschwelligen Herrichtung schutzbietender Räume in privaten Kellerräumen

4. Informationsprodukte zu Schutzmöglichkeiten

"Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes kann derzeit noch keine finale Zeitschiene bestimmt werden." So informierte die Bundesregierung Anfang des Jahres den Bundestag. Allerdings sollen Informationen zu Schutzmöglichkeiten oder zu einfach umzusetzenden Maßnahmen, mit denen private Kellerräume zu schutzbietenden Räumen hergerichtet werden können, noch in diesem Jahr vom BBK veröffentlicht werden.

Die derzeitigen Informationen zu Schutzbauwerken sind beim BBK hier zu finden(öffnet im neuen Fenster) .

Manuel "HonkHase" Atug ist Berater für kritische Infrastrukturen, Cyberresilienz, digitalen Katastrophenschutz und Bevölkerungsschutz. Er ist Gründer und Sprecher der unabhängigen AG Kritis und im Netz als @HonkHase aktiv. Er ist Experte der EU-REA und berät Bundesregierung und Bundesländer in Fragen der Cybersicherheit und Katastrophenschutz.

Andreas Kling ist selbstständiger Berater für Logistik, Bevölkerungsschutz und Einsatz in Krisengebieten. Er unterrichtet zudem an verschiedenen Hochschulen und arbeitet derzeit an einem Buch zur Zivilverteidigung.


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