SAW-Filter: Löcher und akustische Wirbel verkleinern Frequenzfilter

Elektromagnetische Wellen sind das Rückgrat der digitalen Gesellschaft. Dabei sind Licht und Schall oft wesentlich praktischer, etwa wenn es um das Filtern bestimmter Frequenzbereiche geht. So werden für Signale bis zu 3 GHz oft sogenannte SAW-Filter(öffnet im neuen Fenster) (Surface Acoustic Wave, akustische Oberflächenwelle) verwendet. Sie arbeiten mit Ultraschall und sind kompakt und robust gegenüber Temperatur- und Spannungsänderungen sowie Alterung. Ihr Nachteil: Jeder Filter benötigt einen eigenen Chip.
Forscher des japanischen Telekommunikationsunternehmens Nippon Telegraph and Telephone und der Universität Okayama wollen das ändern(öffnet im neuen Fenster) (via IEEE Spectrum(öffnet im neuen Fenster) ). Sie haben ein Design entwickelt, mit dem sich Strukturen für SAW-Filter um den Faktor 100 kleiner herstellen lassen sollen als bislang möglich. So sollen sich mehrere Filter auf einem Kristall herstellen lassen - die Forscher träumen davon, die nach ihren Angaben bis zu 100 SAW-Filter in modernen Smartphones durch einen Chip zu ersetzen.
Möglich macht die drastische Verkleinerung ein neues Design: Mit Methoden aus der Topologie(öffnet im neuen Fenster) , einem Teilgebiet der Mathematik, entwarfen sie neuartige akustische Wellenleiter. Bei diesen tritt, anders als bei bislang genutzten Strukturen, bei Richtungsänderungen keine Reflexion auf. So werden Verschlechterungen des Eingangssignals vermieden.
Ultraschallwirbel schieben Signale durch den Leiter
Erreicht wird dies durch speziell geformte Löcher aus vier überlagerten Kreisen. Die Brüche in der Topologie des Kristalls lassen zwischen den Löchern Ultraschallwirbel entstehen. Dieser Valley Pseudospin genannte Effekt ist auch in der Optik bekannt.
Der Clou: Durch eine Rotation der Löcher um 5 oder -5 Grad lässt sich die Richtung des Wirbels umkehren. Ist die Struktur um 5 Grad rotiert, dreht der Wirbel im Uhrzeigersinn, bei -5 Grad genau entgegengesetzt. Werden nun diese beiden Strukturen aneinandergesetzt, entsteht an der Kontaktfläche ein Wellenleiter, in dem die akustischen Wellen sich nur in eine Richtung bewegen können, da die Wirbel auf den beiden Seiten der Grenzfläche gegenläufig drehen. Reflexionen sind damit unmöglich, wie die Forscher in Simulationen und mit Test-Chips aus Galliumarsenid zeigten.
Sie implementierten dabei mittels eines mit einem Wellenleiter gekoppelten Ringresonators ein Kerbfilter(öffnet im neuen Fenster) (auf Englisch Notch Filter), das aus einem Spektrum eine bestimmte Frequenz ausfiltert. Der gefertigte Resonator benötigt mit einem Radius von 10 Mikrometern (μm) lediglich ein Hundertstel der Fläche, die mit aktueller Fertigungstechnik erforderlich wäre. Möglich ist das, da die Forscher eine wesentlich stärkere Krümmung nutzen konnten - bislang muss die gering gehalten werden, damit Signalreflexionen ausreichend schwach bleiben.
Ihre Ergebnisse stellten die Forscher bei 14. Konferenz zu Metamaterialien, photonischen Kristallen und Plasmonik vor. Die Universität Okayama forschte bereits zuvor zu akustischen Metaoberflächen(öffnet im neuen Fenster) . Dass Produkte mit dem neuen Verfahren gefertigt werden, ist bislang noch nicht absehbar.
Künftig wollen die Forscher auch magnetische Materialien erkunden. Sie sollen eine elektromagnetische Steuerung der Oberflächenwellen und damit komplexe Signalverarbeitung in einem analogen Baustein ermöglichen. Die passiert heute digital, der Wegfall von Wandlern und Rechentechnik könnte Hardware weiter verkleinern und vereinfachen.



