Tipps für SAP-Berater zum Umgang mit Bären und Bullen
Der Bulle ist mit viel Geduld und Hirnschmalz zu bändigen. Die Einarbeitung kann Monate dauern, viele diverse Interessen sind zu betrachten und differenziert zu bewerten, auch Frust über sich nur sehr langsam einstellende Ergebnisse ist auszuhalten. Der Lohn besteht in wertvollem Erkenntnisgewinn über hochkomplexe Kundenprozesse, meist einhergehend mit viel neu Gelerntem über SAP-Funktionen und -Projekte.
Nicht vor dem Bullen verzagen!
Junge Berater sehen sich in solchen Projekten einer praktisch nicht zu bändigenden Flut von Informationen und Schwierigkeiten ausgesetzt. So ein Projekt kann am Anfang einer SAP-Beraterlaufbahn praktisch nicht durchschaut oder komplett verstanden werden. Ist dies akzeptiert, kann die Erfahrung trotzdem extrem wertvoll sein: Die übertragenen Aufgaben stellen einen meist überschaubaren Teil von einzelnen Prozessen statt, die verstanden werden können.
Ein erster Blick über den Tellerrand der eigenen Ausbildung wird möglich. Und ein tiefes Verständnis definierter Probleme und ihrer Lösungen, die zu stabilen Pfeilern aus Wissen und Projekterfahrung für größere Aufgaben werden. Kurz: Nicht verzagen, solide, gut überlegte Arbeit abliefern, Überstunden als Investment in das eigene Wissen verbuchen, viel beobachten und von erfahrenen Kollegen lernen.
Abkürzungen vermeiden!
Senior-Berater haben in Bullenprojekten große Verantwortung: Er oder sie bestimmt Lösungsdesigns, welche die Geschäftsprozesse von marktführenden Unternehmen über viele Jahre bestimmen werden. Fachbereiche wie Supportorganisationen florieren mit hochwertigen Lösungen und leiden unter schlechten. Hohe Komplexität will verstanden und in Qualitätsdesigns umgesetzt werden.
Die Verlockung ist oft groß, Abkürzungen zu wählen und eher zügig zum Schluss zu kommen. Hinterfragende Fachbereiche und Kollegen können manchmal mit Beraterfloskeln abgespeist werden, die Abkürzung lohnt sich scheinbar. Dieser Leitsatz ist aber schon fast physikalisches Gesetz von IT-Projekten: Der gesparte Aufwand in frühen Projektphasen wird meist doppelt oder dreifach nachgezahlt.
Vorsicht im Umgang mit dem Bären!
Der Bär auf der anderen Seite verlangt vor allem nach einem dicken Fell und viel Vorsicht: Politische Auseinandersetzungen sind immer zu meiden, beim Bären können sie fatal sein. Es gilt genau auszuloten, mit welchen Spielern man sich arrangiert, anfreundet oder wem man besser gänzlich aus dem Weg geht.
Als Junior bei einem Bären hilft nur: Kopf runter, tun was gefordert wird, nicht auffallen. Nur so hat man eine Chance, dem Zorn des um sich schlagenden Bären zu entkommen. Chancen bietet aber natürlich auch das Bären-Projekt: Auch hier müssen Lösungen erarbeitet werden, es gibt Senior-Kollegen mit viel Erfahrung, von denen man lernen kann. Und Kundenmitarbeiter, die viel Fachwissen weitergeben können und wollen und besonders in politischen Organisationen oft froh sind, ein neutrales offenes Ohr zu finden.
Dem Bären mit Sachlichkeit helfen!
Erfahrene Berater können auch in einem Bären-Projekt viel Gutes bewegen: Durch die unemotionale, unpolitische, faktisch fundierte Beschäftigung mit Prozessen und Lösungen bringt der Senior Stabilität und belastbare Lösungen in einen sonst von Wankelmütigkeit und Unstimmigkeit geprägten Projektalltag. Und auch wenn das Aufmerksamkeit von Bären im Projekt auf sich ziehen kann, ist faktenbasierte solide Arbeit weniger angreifbar als die Alternative.
Der Senior tut beim Bären gut daran, depersonalisiert Risiken aufzuzeigen, wenn riskante Entscheidungen anstehen, und auf Lücken und Versäumnisse schriftlich hinzuweisen, damit ihm/ihr nachher nichts auf die Füße fällt, was nicht dahingehört. Die Rückversicherung der eigenen Position ist praktisch genauso wichtig wie die faktische Arbeit an den gesuchten Lösungen.
Gehen, wenn nichts mehr geht!
Erfahrene Berater in Bären-Projekten habe viele schwierige Abwägungen zu machen: Wie weit lehnt man sich aus dem Fenster, um eine qualitativ hochwertige Lösung zu verfechten, die aber vielleicht politisch schwierig durchsetzbar ist? Wo ist der Punkt erreicht, an dem man sich nicht mehr mit dem Projekt identifizieren kann? Und wann wird es vielleicht sogar für den eigenen Ruf schwierig, weil das Projekt auf ein unschönes Ende zusteuert?
Hier hilft in der Erfahrung des Autors nur ein gutes Bauchgefühl, gespeist aus Erfahrung und Mitgefühl: Wenn das Unwohlsein zu groß wird, ist es vielleicht Zeit zu gehen. Das ist mir in mehreren Jahrzehnten dankenswerterweise nur ein paar Mal passiert, und die Geschichte hat mir dann Recht gegeben: Die verlassenen Projekte endeten in unschönen Auseinandersetzungen und Misserfolgen, sie waren leider von der Arbeitsebene nicht mehr zu retten.
Manchmal hilft eben alles nichts, dann merken Berater oder Kunde, dass die Wertschöpfung überschaubar ist und den Stress nicht aufwiegt. Dann hilft nur noch, die Zusammenarbeit zu beenden, bitte ohne Brücken abzureißen, die man vielleicht noch einmal benutzen möchte. Im SAP-Markt ist ein Wechsel praktisch nie ein Problem, wenn es nicht passt, muss man weiterziehen, das ist für alle gesünder.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Was Unternehmen bei SAP-Projekten beachten sollten |
Das scheitert politisch
Respekt. Ich hab nicht viel mehr wie den Teaser ausgehalten.
Wobei man bei zahlreichen Sachen im Mikrocontrollerbereich merkt, das Maschinenbauer...
Sehr interessanter und schön zu lesender Artikel - Danke!
Kommentieren