Sanktionen: Russland könnte Piraterie entkriminalisieren

Wegen des Angriffs auf die Ukraine boykottieren Microsoft, Activision, Netflix und Co Russland. Der Kreml erwägt eine ungewöhnliche Reaktion.

Artikel veröffentlicht am , Daniel Ziegener
Softwarelizenzen werden heute meist als Abo vertrieben.
Softwarelizenzen werden heute meist als Abo vertrieben. (Bild: Marcus Urbenz/Unsplash)

Noch einmal die erste Staffel von Stranger Things schauen? Danach eine Runde Call of Duty spielen oder die dystopische Zukunft von Cyberpunk 2077 erkunden? Und am nächsten Tag die Steuererklärung in Microsoft Excel vorbereiten? All das geht in Russland nicht mehr, denn Microsoft, CD Projekt, Activision Blizzard und Netflix gehören alle zu den Unternehmen, die den russischen Markt nach dem Angriff auf die Ukraine boykottieren.

Zwar treffen diese Einschnitte Russland nicht so hart, wie die ebenso zahlreichen wirtschaftlichen Sanktionen. Der Kreml erwägt dennoch eine ungewöhnliche Reaktion auf diese kulturellen Einschränkungen: In einem Planungsdokument über "vorrangige Maßnahmen zur Gewährleistung der Entwicklung der russischen Wirtschaft angesichts des Drucks externer Sanktionen" wird auch eine Entkriminalisierung von Softwarepiraterie genannt.

Punkt 6.7.3 in der langen Liste sieht eine "Abschaffung der Haftung für die Verwendung von nicht in der Russischen Föderation lizenzierter Software von Rechtsinhabern aus Ländern, die Sanktionen unterstützt haben" vor. Eine russische und ins Englische übersetzte Version des Dokuments wurde von der Webseite Torrentfreak veröffentlicht.

Folgen der Sanktionen auf die Wirtschaft abschwächen

Der Plan ist weniger auf private Nutzer ausgelegt, sondern soll die Folgen der Sanktionen für die Wirtschaft abmildern. Mit Firmen wie Microsoft, Oracle und SAP ziehen sich die größten Anbieter gewerblich genutzter Software aus Russland zurück. Die strafrechtliche Haftung für die Verwendung von nicht lizenzierter Software ausländischer Unternehmen abzuschaffen, soll es russischen Unternehmen ermöglichen, zumindest für einige Zeit die Arbeit fortzusetzen. Laut der russischen Gazeta.ru hat ein Abgeordneter der Duma vorgeschlagen, die Sperrung einer populären Torrent-Webseite aufzuheben.

Ob die Idee in dieser Form wirklich umgesetzt wird, ist fraglich. Die Nachrichtenagentur RIA Novosti hat ein Dementi des Ministeriums für digitale Angelegenheiten veröffentlicht. Das Ministerium habe keine Haftungsbefreiung für die Verwendung von raubkopierter Software vorgeschlagen und würde diese auch nicht unterstützten. Auch die Nützlichkeit so eines Schrittes selbst ist fraglich, da Software wie Microsoft Office oder Adobe (das ebenfalls den Verkauf ihrer Produkte in Russland eingestellt hat) über Abonnements und Cloud-Anwendungen vertrieben wird.

Russland wird digital isoliert

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben sowohl der Kreml als auch Nato-Staaten reihenweise den Zugriff auf Webseiten eingeschränkt und den Krieg auch in einen über die Informationshoheit verwandelt. Die EU verbot das russische Staatsmedium RT, während russische Internetprovider Facebook und Twitter blockieren und die BBC sendet in der Ukraine Nachrichten über Kurzwelle.

Nachdem die Icann der Bitte des ukrainischen Vizepräsidenten Mykhailo Fedorow, Russland vom Internet zu trennen, nicht nachgekommen ist, scheint der Kreml Russlands Internet nun selbst isolieren zu wollen.

Nachdem Internetunternehmen aus den USA der Reihe nach Profile sperrten, das Werbegeschäft in Russland einschränkten und den Verkauf von Hard- und Software-Produkten stoppten, rechnen Analysten damit, dass im nächsten Schritt Cloud-Server nicht mehr für Russland zugänglich sind. In einem gelöschten Tweet wandte sich Fedorov direkt an Jeff Bezos und bat den Gründer von Amazon darum, AWS in Russland abzuschalten.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Lego-kompatibel
Klemmbaustein mit Display zeigt künstlichen Horizont

Der kleine, Lego-kompatible Klemmbaustein hat ein kleines Display eingebaut, auf dem ein funktionierender künstlicher Horizont läuft.

Lego-kompatibel: Klemmbaustein mit Display zeigt künstlichen Horizont
Artikel
  1. Elektro-SUV Ford Explorer angesehen: Blechkleid aus Köln, Unterwäsche aus Wolfsburg
    Elektro-SUV Ford Explorer angesehen
    Blechkleid aus Köln, Unterwäsche aus Wolfsburg

    Mit dem Explorer bringt Ford ein Elektroauto für den Massenmarkt heraus. Dass es auf einer VW-Plattform basiert, versucht Ford möglichst zu verbergen.
    Ein Bericht von Friedhelm Greis

  2. Beta angespielt: Diablo 4 bereitet Vorfreude und Kopfschmerzen zugleich
    Beta angespielt
    Diablo 4 bereitet Vorfreude und Kopfschmerzen zugleich

    Spielerisch und optisch hat Diablo 4 das Potenzial zum bisher besten Diablo-Spiel. Blizzards Monetarisierung kann das aber zerstören.
    Ein Hands-on von Oliver Nickel

  3. Gegen Handelsblockade: Neue Freiheit für Chinas Halbleiterbranche
    Gegen Handelsblockade
    Neue Freiheit für Chinas Halbleiterbranche

    China fehlt der Chip-Nachschub aus Taiwan, mit mehr Freiheit für heimische Hersteller will die Regierung gegensteuern. Ein Manager hat seine Freiheit aber offenbar verloren.
    Eine Analyse von Johannes Hiltscher

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • NBB Black Weeks: Rabatte bis 60% • PS5 + Resident Evil 4 Remake 569€ • LG OLED TV -57% • WD SSD 2TB (PS5) 167,90€ • MindStar: Ryzen 9 7900X3D 625€ • Amazon Coupon-Party • Gainward RTX 3090 1.206€ • Samsung ext. SSD 2TB 159,90€ • Neue RAM-Tiefstpreise • Bosch Professional [Werbung]
    •  /