Rüstung: Deutsche Waffen zeigen Schwächen an der Front

Nach Berichten der Süddeutschen Zeitung(öffnet im neuen Fenster) sowie NDR und WDR hat der stellvertretende Militärattaché der deutschen Botschaft in Kyjiw ernüchternde Erkenntnisse verbreitet: Die von Deutschland gelieferten Waffensysteme erweisen sich im ukrainischen Frontalltag als problematisch.
Zu teuer, zu kompliziert und oft zu fehleranfällig - so lautet das Urteil der ukrainischen Streitkräfte, die seit mehr als drei Jahren unter anderem mit deutschem Großgerät gegen russische Truppen kämpfen.
Ein als Verschlusssache eingestuftes Protokoll, das der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR vorliegt, kommt zu dem Fazit: "Uneingeschränkt kriegstauglich ist kaum ein deutsches Großgerät." Das wirft Fragen zur zukünftigen Rüstungsbeschaffung der Bundeswehr auf, für die jüngst milliardenschwere Investitionen beschlossen wurden.
Hoher Komplexitätsgrad und schlechte Reparaturfähigkeit
Ältere Waffensysteme schneiden in der Bewertung deutlich besser ab - genannt werden Gepard und Marder. Beide gelten als weniger störanfällig als modernere Systeme und könnten oft direkt an der Front repariert werden.
Der Panzerhaubitze 2000 hingegen wird eine hohe technische Anfälligkeit bescheinigt, weshalb ihre Einsatztauglichkeit stark infrage gestellt wird. Genannt werden vor allem Softwareprobleme und überhitzende Geschützrohre.
Der Kampfpanzer Leopard 2A6 sei reparaturanfällig, eine Frontreparatur oft nicht möglich. Der viel ältere Leopard 1 gilt zwar als zuverlässig, werde aber wegen seiner zu schwachen Panzerung meist nur als mobile Artillerie eingesetzt.
Kostspielige Hightech- versus pragmatische Lösungen
Beim Flugabwehrraketensystem Iris-T wird die Munition als zu teuer und in zu geringen Mengen verfügbar eingestuft. Das Flugabwehrraketensystem Patriot wird zwar als hervorragend eingestuft, jedoch als untauglich für Kriegseinsatz, weil es für das Trägerfahrzeug keine Ersatzteile mehr gebe.
Die Bundeswehr weist dem Bericht zufolge darauf hin, dass es den ukrainischen Streitkräften an Erfahrung und Ausbildung im Umgang mit westlichen Systemen mangele, insbesondere bei der Instandsetzung vor Ort.
Trotz der Probleme versucht man in der Ukraine, positiv zu bleiben. Pawlo Palisa, stellvertretender Leiter des Präsidialamts, sagte dem ARD-Studio Kyjiw: "Es ist gut, dass Länder wie Deutschland ihre Systeme dort erproben können. Man hat die Möglichkeit, sie unter realen Bedingungen zu testen, daraus zu lernen und noch bessere Waffen zu produzieren."
Der Autor meint dazu:
Die Erfahrungen aus der Ukraine bieten die seltene Gelegenheit, die eigene Ausrüstung unter realen Kampfbedingungen zu evaluieren - eine Chance, die für die Modernisierung der Bundeswehr genutzt werden sollte.
Die ursprüngliche Prämisse der deutschen Landsysteme war, dass sie zumindest teilweise von Grundwehrdienstleistenden bedient und gewartet werden können. Für zukünftige Beschaffungen muss wieder eine Balance zwischen technologischer Überlegenheit und praktischer Kriegstauglichkeit gefunden werden.



