Rohstoffe: Nachhaltig abhängig

Weshalb die Wende zur klimaneutralen Energieerzeugung und Mobilität am Zugang zu den dafür erforderlichen Rohstoffen scheitern könnte.

Eine Analyse von Gerd Mischler veröffentlicht am
Kupfermine in Chile: Wer sich die Zukunft des Rohstoffabbaus vorstellt, kann leicht auf dystopische Gedanken kommen.
Kupfermine in Chile: Wer sich die Zukunft des Rohstoffabbaus vorstellt, kann leicht auf dystopische Gedanken kommen. (Bild: MARTIN BERNETTI/AFP via Getty Images)

Scheitern Energie- und Verkehrswende, weil Deutschland die Rohstoffe importieren muss, die es braucht, um Elektrofahrzeuge, Photovoltaikanlagen, Windräder und Wasserstoffelektrolyseure zu bauen? Das könnte passieren. Denn viele der benötigten Metalle finden sich nur in wenigen Ländern oder werden lediglich von einer Handvoll Bergwerke abgebaut.

Die Aufbereitung zu Vorprodukten, die die Industrie verarbeiten kann, findet zudem oft in China statt. Die Produkte der Minen und Raffinadebetriebe fragen zugleich immer mehr Länder nach. Denn nicht nur Deutschland will Treibhausgasemissionen senken. So steigt die Abhängigkeit von den Lieferländern.

Oft handelt es sich dabei um Entwicklungs- und Schwellenländer. Der Abbau vieler Erze und Metalle verursacht dort oft massive ökologische und damit soziale Probleme. Selbst wenn die Energiewende nicht an der Verfügbarkeit der Rohstoffe scheitert, erkaufen sie sich Bürger in Europa also bislang oft auf Kosten des globalen Südens.

Mutter Erde als Rohstofflager

Wer darüber nachdenkt, wo acht Milliarden Menschen künftig die Rohstoffe herbekommen, die sie für den Bau von Windrädern und Photovoltaikanlagen, Elektrofahrzeugen, den Ausbau von Stromnetzen und den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft brauchen, vor dessen innerem Auge entstehen Bilder wie aus einem Science-Fiction-Film: ein von Mineneingängen und Tagebaukratern zerschundener Planet.

Zwischen den Gruben türmen sich Abraumhalden auf. Regen löst Sulfate aus dem Schutt. Diese spülen Schwermetalle wie Arsen aus dem Abraum. Aus den Halden fließen daher Ströme giftverseuchten Wassers. Die Luft ist voll mit dem Staub, den riesige Bagger und Lkw aufwirbeln. Eine Welt, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien vor dem Klimakollaps gerettet wurde, stellt man sich anders vor.

Erneuerbare brauchen mehr Rohstoffe als herkömmliche Kraftwerke

Doch für die Energiewende braucht es Rohstoffe wie Lithium, Kupfer oder seltene Erden. Ohne Neodym, Praseodym oder Dysprosium lassen sich die Permanentmagnete nicht herstellen, die in den Generatoren von Windrädern ebenso zum Einsatz kommen wie in Synchronmotoren von Elektroautos.

In einem E-Fahrzeug werden daher bis zu einem Kilogramm Seltenerdmetalle verbaut. Für die Herstellung der Fahrzeugbatterien sind ebenso wie für die Produktion von Photovoltaik-Speichern außerdem Kobalt, Graphit, Magnesium oder Nickel nötig. Daneben erfordert der Ausbau der Stromnetze große Mengen Aluminium und Kupfer.

Um mit erneuerbaren Energien Strom zu produzieren, braucht es zudem meist erheblich mehr Rohstoffe als für den Bau von konventionellen Kraftwerken. Für eine Photovoltaikanlage etwa sind mehr als doppelt so viele Rohstoffe - beispielsweise Gallium, Germanium, Indium, Silber oder Silizium - erforderlich wie für die Errichtung eines Kohlekraftwerkes mit gleicher elektrischer Leistung, bei Windrädern an Land werden sogar fünfmal so viele, bei Turbinen auf See siebenmal so viele Metalle benötigt, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in einer Studie (PDF) aufzeigt.

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Der Rohstoffbedarf nimmt weltweit zu 
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Kleba 24. Feb 2023 / Themenstart

Danke. Den gleichen Eindruck hatte ich beim Lesen auch. Ich finde besonders den Part mit...

Mixermachine 23. Feb 2023 / Themenstart

Mal kurz angeschaut: 2019 richtig, 2022 hat in Frankreich etwas anderes gezeigt. Das...

toj 22. Feb 2023 / Themenstart

Sorry, aber über diese Doppelmoral kann ich mich stundenlang aufregen. Tut mir leid...

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