Vier Wikileaks-Juristinnen werfen Poitras Wortbruch vor
Dass der Film dieses Thema so stark in den Fokus rückt, nicht zuletzt durch das prominent gezeigte Versteckspiel Assanges mit der britischen Justiz, hat vier Juristinnen auf den Plan gerufen, die mit Wikileaks zusammenarbeiten. In einem Kommentar für das Magazin Newsweek schreiben sie, Poitras marginalisiere die Wikileaks-Mitarbeiterinnen und Unterstützerinnen. Sie würden nur gezeigt, wie sie Assange bewundernde Blicke zuwerfen oder Aufträge entgegennehmen. Sarah Harrison, die Edward Snowden bei der Flucht aus Hongkong geholfen hat, sei dargestellt wie ein Minion, eine Untergebene also, schreiben die vier. Vor allem aber kritisieren sie, Poitras habe es dem Wikileaks-Team trotz entsprechender vorheriger Zusicherungen nicht ermöglicht, die Teilnahme an der Dokumentation nachträglich zu versagen.
Edward Snowdens Enthüllungen werden in Risk nur knapp gestreift, sie waren bereits Thema der Dokumentation Citizenfour. Einmal weist Poitras im Voice-over-Kommentar darauf hin, dass Assange "furchtbar wütend" gewesen sei, weil sie die Snowden-Dokumente nicht über Wikileaks publiziert hatte. Sie spalte die Community, gibt Poitras den Vorwurf von Assange wieder.
Das verdeutlicht Assanges Verständnis von Wikileaks' Alleinstellung und seiner eigenen Ausnahmerolle: "Ich bin kein normaler Mensch", sagt Assange zu Lady Gaga, die ihn in Ecuadors kleiner Botschaft fragt, wie er sich fühlt. Statt darauf einzugehen, listet Assange seine Verfolger auf: Geheimdienste, US-Justiz und -Militär sowie die Behörden in Großbritannien, Schweden und Australien. Er ist kein normaler Mensch, er hat mächtige Feinde und mitunter scheint er das geradezu zu genießen. Mehr als Selbstdarstellung?
Gleichzeitig zeigt die Snowden-Episode aber auch das Engagement der Wikileaker. Sie könne Snowden nicht helfen, hatte Poitras Assange mitgeteilt, als sie selbst Hongkong und ihre berühmte Quelle verließ. Das Risiko war ihr zu groß. Es ist auch nicht der Guardian, der die Dokumente erhielt, der Snowden hilft. Es sind Assange und Harrison, die den Whistleblower herausschleusen.
So bleibt bei aller Düsternis in Poitras' Film, die sie auch durch Licht und Musik unterstreicht, am Ende eine Wikileaks-freundliche Aussage stehen: Die Mächtigen bloßzustellen, deren dunkle Geheimnisse aufzudecken, bleibe Antrieb für die Macher der Plattform.
Lokales Handeln ist irrelevant, wenn man die Welt wirklich verändern will, räsoniert Assange in einer der direkten Interviewszenen, die Poitras als Klammern zwischen den eklektisch ausgewählten Episoden aus knapp sechs Jahren Wikileaks verwendet. Zeigen die teils sehr persönlichen Aussagen am Ende mehr als den Selbstdarsteller Assange?
Auch wenn Poitras schon viel Schelte für den Film bezogen hat, sehenswert ist das Stück für alle, die sich für die Figuren rund um Wikileaks interessieren, allemal.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Risk: Kein normaler Mensch |
- 1
- 2
Da es schon länger keine bewegten Bilder mehr von Ass. gegeben hat, hat W. Eggert bei MF...
Er ist hier noch nicht angelaufen, aber angekündigt. Der Film ist gerade mal vor ein paar...
Kino ? https://www.kino.de/film/risk-2016/