Rimac Verne und Deutsche Bahn: Neue Robotaxis für europäische Städte

Die Unterschiede könnten größer kaum sein: Die Google-Schwesterfirma Waymo hat am 25. Juni 2024 ihren fahrerlosen autonomen Taxidienst in San Francisco für alle Nutzer freigeschaltet(öffnet im neuen Fenster) . Am selben Tag kündigte die Deutsche Bahn an, mit dem Projekt Kira in Offenbach(öffnet im neuen Fenster) autonome Taxis testen zu wollen - aber mit Sicherheitsfahrer und noch ohne Passagiere an Bord. Der kroatische Technikkonzern Rimac will ebenfalls einen Taxidienst mit selbst entwickelten autonomen Elektroautos starten - aber erst 2026. Europa hinkt beim autonomen Fahren noch hinterher, will den Rückstand aber offensichtlich aufholen.
Anfang dieses Jahres gab es eher schlechte Nachrichten zum autonomen Fahren . Für Aufsehen sorgte vor allem Apples Entscheidung, die Entwicklung eines selbstfahrenden Autos zu stoppen . Doch die Entwicklung geht trotz zwischenzeitlicher Rückschritte und Probleme unvermindert weiter.
Projekt Verne mit hohem Komfort
Was Apple nicht geschafft hat, will nun der kroatische Entwickler Mate Rimac in Zagreb erreichen. Sein Unternehmen zeigte nun den Prototyp des Anfang 2024 angekündigten Robotaxi-Projekts . Das unter dem Namen Project 3 Mobility konzipierte Fahrzeug wurde als Rimac Verne vorgestellt(öffnet im neuen Fenster) . Eine Hommage an den französischen Science-Fiction-Autor Jules Verne.
Futuristisch sieht der Verne auf jeden Fall aus. Unter einer sehr lang gezogenen Windschutzscheibe befinden sich zwei Sitzplätze. Es gibt weder Pedale noch ein Lenkrad. Ein 43 Zoll großer Bildschirm dient der Information und Unterhaltung der Passagiere.
Selbstfahrsystem von Mobileye
Die Technik für das autonome Fahren stammt von der Intel-Tochterfirma Mobileye. Zusammen mit einem Sensorsatz aus Kameras, Radar und Lidar soll das System die automatisierten Fahrfunktionen ermöglichen. Chefdesigner Adriano Mudri begründete die Entscheidung für einen Zweisitzer mit den Worten(öffnet im neuen Fenster) : "Weil die Daten zeigen, dass neun von zehn Fahrten von ein oder zwei Personen genutzt werden. Daher können wir die meisten Fahrten mit einem Zweisitzer abdecken und einen unvergleichlichen Innenraum in einem kompakten Fahrzeug schaffen."
Die Schiebetüren seien so konzipiert worden, "dass sie den Verkehrsfluss um das Fahrzeug herum nicht behindern und man trotzdem stilvoll ankommt" . Auf Scheibenwischer und Außenspiegel werde verzichtet. "Dadurch wird die Aerodynamik effizienter und die Reinigung einfacher. Ein typisches Element eines Automobils, das wir beibehalten haben, ist der Kofferraum. Man muss sich also keine Sorgen machen, wenn man mit viel Gepäck zum Flughafen fährt oder gerade einen Großeinkauf erledigt hat" , sagte Mudri.





Start in Zagreb, Großbritannien und Deutschland
Das Fahrzeug verfügt über eine Motorleistung von 155 kW (205 PS) und eine Akkukapazität von 60 Kilowattstunden (kWh). Zum Laden und Reinigen soll das Auto eine eigene Servicestation aufsuchen, die von Rimac "Mutterschiff" genannt wird.
Der erste Verne-Dienst wird der Mitteilung zufolge(öffnet im neuen Fenster) im Jahr 2026 in Zagreb gestartet. Danach sollen andere europäische Städte, zunächst in Großbritannien und in Deutschland, und im Nahen Osten folgen. Das Unternehmen habe bereits Vereinbarungen mit elf Städten unterzeichnet und verhandele derzeit mit mehr als 30 Städten weltweit. Verne-CEO Marko Pejković kündigte an, dass das Unternehmen mit dem Bau einer Fabrik in Zagreb beginne, in der die autonomen Elektrofahrzeuge in großem Maßstab hergestellt werden sollen.
Deutlich konventioneller sind hingegen die autonomen Autos des vor zwei Jahren angekündigten Testprojekts Kira der Deutschen Bahn.
Mit Level 4 in Südhessen unterwegs
Kira steht dabei für "KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre" . Diese nutzen ebenso wie Verne das Fahrsystem Mobileye Drive. Als Basis dient jedoch keine neu entwickelte Plattform, sondern das Elektro-SUV ES8 von Nio. Dieses verfügt zwar serienmäßig schon über ein umfangreiches Sensorpaket (g+), doch dieses wurde für den Test noch deutlich erweitert.
Den Angaben zufolge nutzt der sechssitzige ES8 sechs Kurzstrecken- und drei Langstreckenlidare (Laserscanner). Hinzu kommen vier Kurzstrecken- und zwei Mittelstreckenradare. Darüber hinaus sollen 13 Kameras die Umgebung des Fahrzeugs überwachen. Dazu zählen acht Kameras mit 8 Megapixeln Auflösung und vier Einparkkameras mit 2 Megapixeln Auflösung. "Beide Systeme, Kamera und Radar/Lidar, funktionieren eigenständig. Sollte ein System ausfallen, kann das andere System weiterhin den Betrieb sicherstellen" , heißt es zur Erläuterung.
Fahrzeuge von Aufsichtspersonal überwacht
In der nächsten Zeit sollen sechs autonome Shuttles in Teilen der Stadt Darmstadt und des Kreises Offenbach schrittweise ihren Betrieb aufnehmen. Für Testfahrten mit dem Automatisierungsgrad 4 erhielt das Projekt eine Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Innerhalb eines definierten Gebiets kann das Fahrzeug fahrerlos navigieren. Zunächst sollen noch Sicherheitsfahrer an Bord sein. Die Fahrzeuge werden von technischem Aufsichtspersonal überwacht, was gesetzlich vorgeschrieben ist .
Betreiber der autonomen Fahrzeuge ist die DB Regio Bus Mitte. Das DB-Unternehmen Ioki stellt die Software für Buchung und Routenplanung bereit. Die Test- und Implementierungsphase ist zunächst bis Ende 2024 angesetzt.
Auf den ersten Fahrten der autonomen Shuttles werde vor allem das System von Mobileye geprüft. Dabei werde das Kartenmaterial des Betriebsgebietes kontrolliert und sichergestellt, dass alle Datenpunkte entlang der Straße korrekt seien. Interessierte Bürger könnten sich anschließend als Testnutzer bewerben und die Shuttles dann über eine eigene App buchen.
Was in San Francisco oder anderen US-Städten wie Phoenix schon möglich ist, kommt in absehbarer Zeit wohl auch in Deutschland auf die Straße. Noch ist nicht abzusehen, welcher Anbieter bei den Robotaxis künftig die Nase vorn haben wird.



